Panthera
ViennaVampire
Siehe oben; ich halte das für die Auswüchse einer immer noch gesellschaftlich verankterten Verachtung (oft wahrscheinlich unbewusst) für Eskapismus allgemein.Eskapismus bezieht sich eigentlich nicht auf den konsumierten Inhalt. Es beschreibt die äußere Handlung desjenigen, der Medien konsumiert. Die Art des Inhalts ist egal. Es bedeutet schlichtweg, dass ein bestimmtes Medium dazu genutzt wird, der Realität zu entgehen und sich zur Entspannung berieseln zu lassen. Das kann man sogar mit Nachrichten tun. Und ich spreche jetzt nicht von der Flucht, die suchtartig betrieben wird (auch das kommt vor).
Das stimmt natürlich. Wobei ich nicht glaube, dass es an meiner Theorie, Eskapismus habe gesellschaftlich einen schweren Stand viel ändert. Es gibt ja ganz eindeutig Medien, die klarer, (ehrlicher? offener?) darauf ausgelegt sind, dem Konsument ein eskapistisches Erlebnis zu bieten und meiner Erfahrung nach haben genau diese dann auch einen ganzen Rattenschwanz an negativen Assoziationen und Vorurteilen. Setze der breiten Masse zwei Personen vor, von denen eine in ihrer Freizeit gerne Krimiserien schaut und die andere The Kardashians. Da können beide noch so sehr betonen, dass sie beide ihre jeweiligen Serien rein aus Unterhaltung gucken, die Beurteilung durch die breite Masse wird zu 100% sehr unterschiedlich ausfallen (und höchstwahrscheinlich zugunsten des Krimi-Fans). Rechne dann noch dazu, dass es mehr als genug Leute gibt, die nie zugeben würden, dass sie ihre hyper-realistischen Medien im Grund ebeenfalls aus Eskapismus konsumieren (wie eben z.B. der Shooter-Spieler, wie du vollkommen richtig angemerkt hast) und ich bin lowkey überzeugt, dass hier mehr als "nur" persönliche Vorlieben, sondern eben gesellschaftliche Muster dahinter stehen.
Ich denke also weniger, dass das ein exklusives Problem von Romance/kitschigen Liebesgeschichten ist, sonst würde man ähnliche Fälle nicht quer durch alle Formen von Unterhaltungsmedien finden. (Und ich glaube 100%ig ist da auch keiner von uns davor gefeit. Auch ich nicht. Ich kann nur versuchen, mir selber ins Gedächtnis zu rufen, dass ich meine eigenen (Vor-)Urteile hin und wieder auch mal hinterfragen sollte ^^).
Wo ich dir uneingeschränkt zustimme ist, dass sich daraus keine Wertung von Genres oder deren Konsumenten herauslesen lässt. Der Krimi-Fan ist nicht automatisch intelligenter oder besser oder sonstwas, als der Kardashians-Fan. Und weder muss sich der Krimi-Fan vorwerfen lassen, er sei insgeheim ein Triebtäter, noch muss der Kardashians-Fan denken, dass deren Selbstdarstellung notwendigerweise in irgendeiner Art und Weise gut oder richtig sei.
Wo ich die Grenze ziehe - da lehne ich eher in Richtung Funkensees Meinung - sind Medien, deren Zielpublikum Kinder/Jugendliche sind und bei denen in meinen Augen negative Eigenschaften oder Verhaltensweisen im Narrativ als positiv oder erstrebenswert dargestellt werden. Da empfinde ich dann auch Eskapismus oder "das macht man in dem Genre halt so" als Erklärungen nicht mehr ausreichend.
Pronouns; she/her | sie/ihr
Womit bewiesen wäre, dass es Menschen gibt, die genauso doof sind wie Ana ... 😅 Sorry. Der musste sein.Funkensee
Dass z.B. SoG zu einem Anstieg an Leuten geführt hat, die glauben, BDSM funktioniert so, wie in dem Buch dargestellt, und ihr reales Sexleben daran orientieren (wollen), lässt sich nicht leugnen.
Und wir sprechen hier von Erwachsenen. Wenn irgendwer sich eine Bedienungsanleitung aus einem Unterhaltungsroman bastelt, dem kann man auch nicht mehr helfen. Und es kann keiner beahupten, dass es im Zeitalter der Smartphones zu schwer wäre, entsprechende Informationen zu sammeln.
Funkensee
Das ist natürlich weniger Thema, wenn es sich um Dinge handelt, die von vornherein schon in einen sehr realitätsfernen Kontext eingebettet sind ...
Auch hier sollte klar sein, dass außerhalb autobiographischen Werken und Sachbüchern alles realitätsfern ist. Selbst die sogenannten Realityshows.
Funkensee
Dennoch finde ich es falsch, aus dieser Argumentation heraus toxisches Verhalten und sonstige problematische Handlungselemente kritiklos hinzunehmen.
Nein, nicht kritiklos. Ich finde SoG zum Kotzen, aber nicht die Leser, die es gut finden. Das ist ein Unterschied. Man kann das Medium kritisieren, den Inhalt, die Themen und so weiter, aber man muss die Fans nicht angreifen oder an ihrer Intelligenz zweifeln, nur weil sie Spaß daran haben, ohne die Inhalte in die Realität zu übertragen.
Funkensee
Und gerade Teenager – womit wir wieder bei Twilight wären – sind vielleicht noch nicht so gefestigt in ihrem Weltbild, dass sie die Trennung von Fiktion von Realität so klar hinkriegen, wie man das von einem Erwachsenen erwarten würde.
Ich glaube, da unterschätzt man heutige Teenager. Ich bin sozusagen von ihnen umgeben, weil mein Sohn gerade in diesem Alter ist (13). Der hatte auch schon in der Grundschule kein Problem damit, Fiktion von Realität zu unterscheiden, selbst wenn das Medium realitätsnah war.
Mir ist auch noch kein Kind untergekommen, dass aufgrund eines Buches oder Films etwas getan hätte, was ihm geschadet hätte.
Wobei man vielleicht auf TikTok-Videos schielen kann, in denen Jugendliche blöde Challenges vollführen, aber das ist in der Regel Peerpressure und wurde auch schon ohne diese Videos gemacht. Also Freunde machen Blödsinn, das Kind oder der Jugendliche macht es nach. Da würde ich mir eher Gedanken machen als über Bücher und Filme.
ViennaVampire
Setze der breiten Masse zwei Personen vor, von denen eine in ihrer Freizeit gerne Krimiserien schaut und die andere The Kardashians.
Nimm das Dschungelcamp oder The Bachelor. 😅 Formate, mit denen ich so gar nichts anfangen kann, sich aber großer Beliebtheit erfreuen. Kann ich aber verstehen, weil man danach ein Gesprächsthema hat, das wiederum mit anderen verbindet.
Darüber rollen auch viele die Augen (me too), aber wenn es ihnen Spaß macht, bitte.
Und ich weiß nicht, wie die allgemeine Meinung wäre. Es gibt auch viele Fans von GNTM, obwohl es da viel Kritik hagelt. Zum Teil wohl dem Umstand geschuldet, dass es wie ein Unfall ist. Man kann nicht wegsehen. Erfüllt also auch seinen Zweck. 😬
ViennaVampire
Wo ich die Grenze ziehe - da lehne ich eher in Richtung Funkensees Meinung - sind Medien, deren Zielpublikum Kinder/Jugendliche sind und bei denen in meinen Augen negative Eigenschaften oder Verhaltensweisen im Narrativ als positiv oder erstrebenswert dargestellt werden. Da empfinde ich dann auch Eskapismus oder "das macht man in dem Genre halt so" als Erklärungen nicht mehr ausreichend.
Wie das bei Twilight ist, weiß ich nicht, da habe ich nur ein paar Seiten gelesen. Die FF dazu 50 SoG läutert den Helden aber. Im Laufe der Bücher lernt er, seine Partnerin zu respektieren und zu lieben. Die Umsetzung ist holprig, aber sie findet statt, auch wenn sie fern jeglicher Realität ist, weil es psychisch kranken Menschen kaum genügt, einmal liebgehabt zu werden, um ihre Probleme zu überwinden, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Da würde ich eher After als schlechtes Beispiel anführen oder Paper Princess. In denen der scharfe, tätowierte Bad Boy Frauen wie Fußabstreifer behandelt, die ihm alles verzeihen, weil er ja so hot ist. Aber auch hier glaube ich nicht, dass das Lesen dieser Bücher dazu führt, dass Jugendliche sich diese Art Beziehung wünschen. Es ist aufregend, darüber zu lesen, den Schritt, sich in der Realität darum zu bemühen, eine solche Beziehung zu führen, dürften die Wenigsten gehen.
Und diejenigen, die in einer toxischen Beziehung stecken (ob nun jugendlich oder erwachsen), tun das nicht, weil sie solche Geschichten gelesen haben. Da spielen ganz andere Dinge rein.
in lässiger Aufmachung einen Song spielte, den sie sich schon mindestens fünfhundert Mal angehört hatte.
Ripped of Emotions. ‒ Ihre Hymne. Ihr Credo. Ihr abendliches Gebet.
‒ JD Ellliott, Musik im Blut, Manhattan City Lights 8 ‒
ViennaVampire
Wo ich die Grenze ziehe - da lehne ich eher in Richtung Funkensees Meinung - sind Medien, deren Zielpublikum Kinder/Jugendliche sind und bei denen in meinen Augen negative Eigenschaften oder Verhaltensweisen im Narrativ als positiv oder erstrebenswert dargestellt werden. Da empfinde ich dann auch Eskapismus oder "das macht man in dem Genre halt so" als Erklärungen nicht mehr ausreichend.
Panthera
Wie das bei Twilight ist, weiß ich nicht, da habe ich nur ein paar Seiten gelesen. Die FF dazu 50 SoG läutert den Helden aber. Im Laufe der Bücher lernt er, seine Partnerin zu respektieren und zu lieben. Die Umsetzung ist holprig, aber sie findet statt, auch wenn sie fern jeglicher Realität ist, weil es psychisch kranken Menschen kaum genügt, einmal liebgehabt zu werden, um ihre Probleme zu überwinden, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Da würde ich eher After als schlechtes Beispiel anführen oder Paper Princess. In denen der scharfe, tätowierte Bad Boy Frauen wie Fußabstreifer behandelt, die ihm alles verzeihen, weil er ja so hot ist. Aber auch hier glaube ich nicht, dass das Lesen dieser Bücher dazu führt, dass Jugendliche sich diese Art Beziehung wünschen. Es ist aufregend, darüber zu lesen, den Schritt, sich in der Realität darum zu bemühen, eine solche Beziehung zu führen, dürften die Wenigsten gehen.
Und diejenigen, die in einer toxischen Beziehung stecken (ob nun jugendlich oder erwachsen), tun das nicht, weil sie solche Geschichten gelesen haben. Da spielen ganz andere Dinge rein.
Wenn das nicht der Fall wäre, bräuchte es doch allgemein keine Jugendschutzgesetze mehr. Wozu von "Entwicklungsbeinträchtigenden Inhalten" sprechen und diese vor Kindern und Jugendlichen durch Zugriffshürden sichern, wenn doch Kinder und Jugendliche offenbar eh in der Lage sind, Realität und Fiktion klar zu trennen und verstehen?
Ich glaube aber eben schon, dass es Betroffenen in einer toxischen Beziehung erschwert werden kann, toxische Muster in ihrer Beziehung als solche zu erkennen, wenn ähnliche und schlimmere Verhaltensweisen in einem Haufen Bücher für deren spezielle Zielgruppe als positiv oder nicht so schlimm dargestellt wird.
(Jetzt rutschen wir schon wieder Off-Topic. Nochmals entschuldigung dafür, aber ich finde die Diskussion gerade äußerst spannend. ^^)
Pronouns; she/her | sie/ihr
ViennaVampire
Wenn das nicht der Fall wäre, bräuchte es doch allgemein keine Jugendschutzgesetze mehr. Wozu von "Entwicklungsbeinträchtigenden Inhalten" sprechen und diese vor Kindern und Jugendlichen durch Zugriffshürden sichern, wenn doch Kinder und Jugendliche offenbar eh in der Lage sind, Realität und Fiktion klar zu trennen und verstehen?
Das gilt nur für bildhafte Medien, also PC-Spiele, Filme und Serien (sogenannte Telemedien). Die haben tatsächlich eine ganz andere Wirkung als das geschriebene Wort (das wurde auch schon in einigen Studien untersucht und nachgewiesen).
In Deutschland haben wir das Pech, dass Texte auf Online-Plattformen als Telemedien gewertet werden, und nur deshalb müssen auf Geschichtenarchiven wie Fanfiktion.de diese Gesetze und Einschränkung beachtet werden. Seiten, deren Server im Ausland stehen, sind dazu nicht verpflichtet.
Aus diesem Bereich kann ich berichten, dass es Autoren zum Beispiel auf der Plattform Amazon passiert ist, dass ihnen E-Books aufgrund von Entwicklungsbeeinträchtigung/Jugendgefährdung gesperrt wurden (meist Dark Romance mit BDSM-Einschlag oder non-consensual und dergleichen mehr). Das dazugehörende Printwerk konnte weiterhin verkauft werden ... E-Books sind nach dem Gesetz nämlich auch Telemedien. Bücher fallen nicht darunter.
Druckwerke werden allerhöchstens aus dem Verkehr gezogen, wenn sie gegen das StGB verstoßen (zum Beispiel Volskverhetzung). Für Bücher gibt es auch keine FSK, das heißt, Jugendliche können problemlos Bücher wie SoG oder 365 Days kaufen. Eine Einschränkung gilt ausschließlich für Mangas (aber das sind wieder bildhafte Werke).
Betroffene in toxischen Beziehungen sind oft gar nicht fähig, die realen Machenschaften zu durchschauen. Sie würden mit der Nase darauf gestoßen nicht darauf kommen, dass etwas nicht stimmt (einmal von körperlicher Gewalt abgesehen). Gefährlich würde ich erachten, wenn diese Dinge außerhalb Unterhaltungsmedien schöngeredet werden würden. Aber heutzutage gibt es genügend Plattformen, die Aufklärung betreiben.ViennaVampire
Ich glaube aber eben schon, dass es Betroffenen in einer toxischen Beziehung erschwert werden kann, toxische Muster in ihrer Beziehung als solche zu erkennen, wenn ähnliche und schlimmere Verhaltensweisen in einem Haufen Bücher für deren spezielle Zielgruppe als positiv oder nicht so schlimm dargestellt wird.
Nach SoG und After sind solche Artikel in Zeitschriften und auf Onlineportalen förmlich explodiert. Die Büchern lieferten schöne Beispiele, dieses Verhalten zu erklären und haben vermutlich auch jede Menge Leser dieser Bücher erreicht. Auch nach Ausstrahlen von 365 Days auf Netflix wurde der Inhalt entweder verrissen oder auch kritisch hinterfragt.
Genau wie bei Reality-Formaten, die man früher eher so hingenommen hat, bevor man einen Blick hinter die Kulissen geworfen und die Manipulationen aufgeklärt hat.
ViennaVampire
(Jetzt rutschen wir schon wieder Off-Topic. Nochmals entschuldigung dafür, aber ich finde die Diskussion gerade äußerst spannend. ^^)
Na, gehört ja durchaus zu einer Gratwanderung, wie weit man mit diesen Themen gehen darf. Wenn es mal in andere Richtungen geht, dann weil Eskapismus und dergleichen ja nicht nur das Genre Liebe betreffen.
Ich finde es auch spannend, das Thema auszuloten. :)
in lässiger Aufmachung einen Song spielte, den sie sich schon mindestens fünfhundert Mal angehört hatte.
Ripped of Emotions. ‒ Ihre Hymne. Ihr Credo. Ihr abendliches Gebet.
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Ich will keinem Teenager unterstellen, dass er Vampire für real hält oder sich einen Partner wünscht, der ihn misshandelt. Aber da kommt die von Vienna angesprochene Normalisierung in Kombination mit dem Gruppenzwang, den du selbst ansprichst, ins Spiel. Wenn Bücher wie Twilight von sehr vielen Jugendlichen gelesen und gemocht werden, fällt irgendwann alles Kritikwürdige an der Beziehung zwischen Edward und Bella unter den Tisch, sie wird normalisiert. Das Problem ist, dass diese Beziehung zwei Facetten hat: Einerseites Edwards stalkerhaftes und kontrollierendes Verhalten, das für sich genommen von den meisten Jugendlichen wahrscheinlich als toxisch erkannt werden würde. Andererseits aber auch, dass Edward Bella über alles liebt, sie beschützt und auf Händen trägt. Letzteres kann als wünschenswert erachtet werden. Und dann kann es sein, dass, wenn Twilight innerhalb einer peer group "anerkannte" Literatur ist, Jugendliche anfangen zu glauben, dass sie für den liebenden/beschützenden Aspekt auch den kontrollierenden brauchen. Heißt, sie akzeptieren möglicherweise daraus motiviert toxisches/gewaltvolles Verhalten eines späteren Partners, weil sie vorgelebt bekommen haben, dass das so muss.
Thema SoG: Der Protagonist ist zum Schluss geläutert – ja, das ist dieses fürchterliche "fix him"-Trope. Wenn du deinen Partner wirklich liebst, dann hast du sein toxisches bis hin zu gewalttätigem Verhalten auszuhalten, ihn immer wieder anzunehmen und dein Möglichstes zu tun, ihm zu helfen. Psychotherapeuten sind was für Anfänger. So gesehen ist SoG da nicht viel besser als Twilight oder After. Ich sehe es in meinem persönlichen Umfeld und auf sozialen Medien so oft, dass von der Frau erwartet wird, sämtliche psychische Probleme ihres Partners zu lösen, auch wenn es ihr schadet, und ehrlich gesagt, ich halte solche Bücher (und deren Erfolg) für ein Symptom dieser gesellschaftlichen Haltung. Das dann seinerseits diese Geisteshaltung wieder begünstigt.
Wie gesagt, ich verurteile niemanden, der SoG oder Twilight oder von mir aus Dinosaurier-Porn gerne liest. Ich denke bloß, dass es durchaus schaden kann, wenn solche Werke extreme Popularität erlangen und die darin enthaltenen problematischen Handlungselemente normalisiert werden.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
The question is not, Can they reason?, nor Can they talk? but, Can they suffer?
- Jeremy Bentham
Panthera
ViennaVampire
Wenn das nicht der Fall wäre, bräuchte es doch allgemein keine Jugendschutzgesetze mehr. Wozu von "Entwicklungsbeinträchtigenden Inhalten" sprechen und diese vor Kindern und Jugendlichen durch Zugriffshürden sichern, wenn doch Kinder und Jugendliche offenbar eh in der Lage sind, Realität und Fiktion klar zu trennen und verstehen?Das gilt nur für bildhafte Medien, also PC-Spiele, Filme und Serien (sogenannte Telemedien). Die haben tatsächlich eine ganz andere Wirkung als das geschriebene Wort (das wurde auch schon in einigen Studien untersucht und nachgewiesen).
Von mir aus, das habe ich sogar auch schon mal gelesen. Da du selber aber in deinem vorletzten Beitrag noch selbst Filme mit in diese spezielle Diskussion eingebracht hattes (Zitat:" Mir ist auch noch kein Kind untergekommen, dass aufgrund eines Buches oder Films etwas getan hätte, was ihm geschadet hätte."), erlaube ich mir, an diesem Goalpost festzuhalten. ;)
Betroffene in toxischen Beziehungen sind oft gar nicht fähig, die realen Machenschaften zu durchschauen. Sie würden mit der Nase darauf gestoßen nicht darauf kommen, dass etwas nicht stimmt (einmal von körperlicher Gewalt abgesehen). Gefährlich würde ich erachten, wenn diese Dinge außerhalb Unterhaltungsmedien schöngeredet werden würden. Aber heutzutage gibt es genügend Plattformen, die Aufklärung betreiben.ViennaVampire
Ich glaube aber eben schon, dass es Betroffenen in einer toxischen Beziehung erschwert werden kann, toxische Muster in ihrer Beziehung als solche zu erkennen, wenn ähnliche und schlimmere Verhaltensweisen in einem Haufen Bücher für deren spezielle Zielgruppe als positiv oder nicht so schlimm dargestellt wird.
Nur, um Missverständnissen vorzubeuen; ich bin hier immer noch gedanklich bei Kindern/Jugendlichen. Und doch, ich denke so bei mir schon, dass es für Teenager, die gerade ihre ersten Erfahrungen mit Beziehungen sammeln (und damit auch für sich selbst ein Bild festlegen, was in Beziehungen normal ist und was nicht), hilfreich wäre, wenn die trendigen Bücher/Filme/sonstige Medien toxische Verhaltensmuster auch als solche deklarieren würden und sie nicht mit "naja... aber er liebt mich halt so sehr, da kann er gar nicht anders, als auszurasten, wenn ich mit anderen Jungs spreche" wegzureden (um nur ein Beispiel zu nennen und den Kreis zurück zur Darstellung von irrationaler Eifersucht in Geschichten zu schließen - ich Fuchs ^^).
Nach SoG und After sind solche Artikel in Zeitschriften und auf Onlineportalen förmlich explodiert. Die Büchern lieferten schöne Beispiele, dieses Verhalten zu erklären und haben vermutlich auch jede Menge Leser dieser Bücher erreicht. Auch nach Ausstrahlen von 365 Days auf Netflix wurde der Inhalt entweder verrissen oder auch kritisch hinterfragt.
Und diese Zeitschriften und Online-Portale... auf welche Zielgruppe sind die ausgelegt? Waren/sind das Portale, die mit halbwegs gleicher Regelmäßigkeit von Kindern/Jugendlichen konsumiert werden, wie die problematischen Inhalte, welche sie kritisieren?
Nur, damit wir uns verstehen; ich argumentiere nicht, dass Darstellungen von moralisch fragwürdigen Verhaltensmustern nicht in Kinder-/Jugendmedien vorkommen dürfen. Wäre ja noch schöner. Ich spreche mich nur dagegen aus, diese in besagten Medien zu verherrlichen oder komplett kleinzureden. "Das gehört halt zum Genre dazu" und "Wird schon keiner ernst nehmen/nachmachen" sind valide Erklärungen/Erwartungshaltungen gegenüber Erwachsenen, gegenüber Kindern und Jugendlichen in meinen Augen aber unfair und unnötig riskant.
Pronouns; she/her | sie/ihr
In der Schulbibliothek befinden sich auch Werke wie "Der Kuss meiner Schwester" von Jana Frey. Das Buch hat sogar eine Auszeichnung bekommen und rühmt sich dafür, jugendfreundlich geschrieben zu sein. Bei unseren Schülern stieß es auf große Ablehnung und Unverständnis. "Warum kritisiert der Prota nicht, dass er grade seine Zwillingsschwester flachgelegt hat? Wieso findet er das TOLL? Was stimmt nicht mit ihm? Wieso merkt der Vater nicht, was da abgeht?"
Wenn Machwerke wie diese noch das "Prädikat besonders wertvoll"-Siegel abkriegen, hinterfrage ich alles, was Medien bewertet und mit welchem Recht sie diesen Mist auch noch in den Himmel loben. Vielleicht sollten Erwachsene mal aufhören, über den Lesegeschmack Jugendlicher zu entscheiden. Lieber der Minecraft-Roman als so was wie "Der Kuss meiner Schwester".
Zuürck zu den Liebesgeschichten. "Twilight" ist bei der Jetzt-Generation von 14-18jährigen ziemlich out, dafür sind ein paar Vampire Diaries-Fans unterwegs, die mich mal in einer Pause über den toxischen Inhalt dieser Serie aufgeklärt haben. Und sie haben ihn erkannt. "Die kann sich nicht entscheiden, welchen Kerl sie will, die ist voll charakterlos." Nein, das Vertrauen in die Jugend ist noch nicht gestorben.
Ich habe eine Deutschstunde im 10. Schuljahr genutzt, um über Lesevorlieben im Bereich Liebe/Romantik zu forschen und .. Surprise, die mögen das gar nicht. Auffallend viele Schüler - Mädchen inklusive - sprachen sich für Utopien/Dystopien aus, Humoristisches von Gregs Tagebuch bis zu den Elternterror-Büchern, und Fantasy, wobei das Interesse an Urban Fantasy überwiegt. Liebesgeschichten werden als okay empfunden, wenn sie Teil des Plots aber nicht das zentrale Element sind. Dann würde "etwas fehlen". Eine fantastische Welt, die es zu erkunden gibt, zum Beispiel. "Die Tribute von Panem" wurden noch genannt und Romane von Mechthild Gläser, z. B. "Die Buchspringerin". Etwas fantastisch und märchenhaft soll es sein. Irgendwas zum Staunen bieten. Sexuelle Inhalte beschrieben die meisten Jugendlichen als unangenehm, sogar übergriffig. Sie möchsten sich da einfach nicht "reinfühlen" als Leser und sind froh, wenn es beim abschließenden Kuss bleibt oder die Schlafzimmertür hinter dem Paar kategorisch geschlossen wird.
Randbemerkung: die Befragten waren 16-18 Jahre alt.
~ Ezio Auditore da Firenze
Severin Sesachar
Als jemand, der bereits über 20 Jahre im pädagogischen Dienst steht und Kinder/Jugendliche, ihr Leseverhalten und ihren Umgang mit Fandoms ständig beobachtet, kann ich die Aussage, dass visuelle Medien "heftiger" wahrgenommen werden als "Buchstabensalat" nicht unterschreiben. Wir hatten Schüler, die beim Lesen der "Letzten Kinder von Schewenborn" (G. Pausewang) den Klassenraum verlassen mussten, weil ihnen im wahrsten Sinne des Wortes das Frühstück hochkam. Wenn Texte so anschaulich geschrieben sind, dass man nicht viel Interpretation braucht, um das Geschehen zu verstehen, sind auch junge Leser hochempfänglich.
In der Schulbibliothek befinden sich auch Werke wie "Der Kuss meiner Schwester" von Jana Frey. Das Buch hat sogar eine Auszeichnung bekommen und rühmt sich dafür, jugendfreundlich geschrieben zu sein. Bei unseren Schülern stieß es auf große Ablehnung und Unverständnis. "Warum kritisiert der Prota nicht, dass er grade seine Zwillingsschwester flachgelegt hat? Wieso findet er das TOLL? Was stimmt nicht mit ihm? Wieso merkt der Vater nicht, was da abgeht?"
Wenn Machwerke wie diese noch das "Prädikat besonders wertvoll"-Siegel abkriegen, hinterfrage ich alles, was Medien bewertet und mit welchem Recht sie diesen Mist auch noch in den Himmel loben. Vielleicht sollten Erwachsene mal aufhören, über den Lesegeschmack Jugendlicher zu entscheiden. Lieber der Minecraft-Roman als so was wie "Der Kuss meiner Schwester".
Zuürck zu den Liebesgeschichten. "Twilight" ist bei der Jetzt-Generation von 14-18jährigen ziemlich out, dafür sind ein paar Vampire Diaries-Fans unterwegs, die mich mal in einer Pause über den toxischen Inhalt dieser Serie aufgeklärt haben. Und sie haben ihn erkannt. "Die kann sich nicht entscheiden, welchen Kerl sie will, die ist voll charakterlos." Nein, das Vertrauen in die Jugend ist noch nicht gestorben.
Ich habe eine Deutschstunde im 10. Schuljahr genutzt, um über Lesevorlieben im Bereich Liebe/Romantik zu forschen und .. Surprise, die mögen das gar nicht. Auffallend viele Schüler - Mädchen inklusive - sprachen sich für Utopien/Dystopien aus, Humoristisches von Gregs Tagebuch bis zu den Elternterror-Büchern, und Fantasy, wobei das Interesse an Urban Fantasy überwiegt. Liebesgeschichten werden als okay empfunden, wenn sie Teil des Plots aber nicht das zentrale Element sind. Dann würde "etwas fehlen". Eine fantastische Welt, die es zu erkunden gibt, zum Beispiel. "Die Tribute von Panem" wurden noch genannt und Romane von Mechthild Gläser, z. B. "Die Buchspringerin". Etwas fantastisch und märchenhaft soll es sein. Irgendwas zum Staunen bieten. Sexuelle Inhalte beschrieben die meisten Jugendlichen als unangenehm, sogar übergriffig. Sie möchsten sich da einfach nicht "reinfühlen" als Leser und sind froh, wenn es beim abschließenden Kuss bleibt oder die Schlafzimmertür hinter dem Paar kategorisch geschlossen wird.
Randbemerkung: die Befragten waren 16-18 Jahre alt.
Danke. Einfach nur: Danke.
Ich finde diese Beobachtung hochinteressant und, da ich selbst u. A. Fantasy für diese Zielgruppe schreibe, werde ich wohl einiges aus deinem Post mitnehmen und das Konzept implementieren. Vielen Dank für diesen Einblick.
(Sorry, dass dieser Post am Thema vorbei geht, aber es war mir wichtig.)
Just because you can't imagine something doesn't mean it is not real.
"Any intelligent fool can make things bigger, more complex and more violent. It takes a touch of genius, and a lot of courage, to move in the opposite direction."
Albert Einstein
K T Argento
Severin Sesachar
Als jemand, der bereits über 20 Jahre im pädagogischen Dienst steht und Kinder/Jugendliche, ihr Leseverhalten und ihren Umgang mit Fandoms ständig beobachtet, kann ich die Aussage, dass visuelle Medien "heftiger" wahrgenommen werden als "Buchstabensalat" nicht unterschreiben. Wir hatten Schüler, die beim Lesen der "Letzten Kinder von Schewenborn" (G. Pausewang) den Klassenraum verlassen mussten, weil ihnen im wahrsten Sinne des Wortes das Frühstück hochkam. Wenn Texte so anschaulich geschrieben sind, dass man nicht viel Interpretation braucht, um das Geschehen zu verstehen, sind auch junge Leser hochempfänglich.
In der Schulbibliothek befinden sich auch Werke wie "Der Kuss meiner Schwester" von Jana Frey. Das Buch hat sogar eine Auszeichnung bekommen und rühmt sich dafür, jugendfreundlich geschrieben zu sein. Bei unseren Schülern stieß es auf große Ablehnung und Unverständnis. "Warum kritisiert der Prota nicht, dass er grade seine Zwillingsschwester flachgelegt hat? Wieso findet er das TOLL? Was stimmt nicht mit ihm? Wieso merkt der Vater nicht, was da abgeht?"
Wenn Machwerke wie diese noch das "Prädikat besonders wertvoll"-Siegel abkriegen, hinterfrage ich alles, was Medien bewertet und mit welchem Recht sie diesen Mist auch noch in den Himmel loben. Vielleicht sollten Erwachsene mal aufhören, über den Lesegeschmack Jugendlicher zu entscheiden. Lieber der Minecraft-Roman als so was wie "Der Kuss meiner Schwester".
Zuürck zu den Liebesgeschichten. "Twilight" ist bei der Jetzt-Generation von 14-18jährigen ziemlich out, dafür sind ein paar Vampire Diaries-Fans unterwegs, die mich mal in einer Pause über den toxischen Inhalt dieser Serie aufgeklärt haben. Und sie haben ihn erkannt. "Die kann sich nicht entscheiden, welchen Kerl sie will, die ist voll charakterlos." Nein, das Vertrauen in die Jugend ist noch nicht gestorben.
Ich habe eine Deutschstunde im 10. Schuljahr genutzt, um über Lesevorlieben im Bereich Liebe/Romantik zu forschen und .. Surprise, die mögen das gar nicht. Auffallend viele Schüler - Mädchen inklusive - sprachen sich für Utopien/Dystopien aus, Humoristisches von Gregs Tagebuch bis zu den Elternterror-Büchern, und Fantasy, wobei das Interesse an Urban Fantasy überwiegt. Liebesgeschichten werden als okay empfunden, wenn sie Teil des Plots aber nicht das zentrale Element sind. Dann würde "etwas fehlen". Eine fantastische Welt, die es zu erkunden gibt, zum Beispiel. "Die Tribute von Panem" wurden noch genannt und Romane von Mechthild Gläser, z. B. "Die Buchspringerin". Etwas fantastisch und märchenhaft soll es sein. Irgendwas zum Staunen bieten. Sexuelle Inhalte beschrieben die meisten Jugendlichen als unangenehm, sogar übergriffig. Sie möchsten sich da einfach nicht "reinfühlen" als Leser und sind froh, wenn es beim abschließenden Kuss bleibt oder die Schlafzimmertür hinter dem Paar kategorisch geschlossen wird.
Randbemerkung: die Befragten waren 16-18 Jahre alt.Danke. Einfach nur: Danke.
Ich finde diese Beobachtung hochinteressant und, da ich selbst u. A. Fantasy für diese Zielgruppe schreibe, werde ich wohl einiges aus deinem Post mitnehmen und das Konzept implementieren. Vielen Dank für diesen Einblick.
(Sorry, dass dieser Post am Thema vorbei geht, aber es war mir wichtig.)
Schließe mich an.
Das deckt sich in etwa mit meinen Erfahrungen mit meiner eigenen Generation, bis auf dass ich die Ausläufer des Twilight-Hypes noch mitbekommen habe. Mit Twilight war das Erkennen/Differenzieren der toxischen Inhalte für manche schon schwierig, wenn das ganze Umfeld sich auf die Bücher eingeschossen hatte, aber dankenswerterweise hatte ich auch Lehrer, die ihre Unterrichtszeit genutzt haben, um darüber zu sprechen und ggf. Verständnis zu schaffen.
Ein Problem sehe ich, wenn eben diese erklärenden Instanzen nicht vorhanden sind und die Jugendlichen mit den toxischen Inhalten allein gelassen werden, weil dann eben die Normalisierung eintritt, die Vienna angesprochen hat.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
The question is not, Can they reason?, nor Can they talk? but, Can they suffer?
- Jeremy Bentham
Funkensee
... aber ein jugendliches Gehirn ist schlicht empfänglicher für äußere Beeinflussungen
Richtig, aber Beeinflussung durch Bücher ist vernachlässigbar, weil andere Medien hier weit mehr Wirkung zeigen. Deshalb greift der Jugendschutz nur bei medialen Werken ein.
365 Days als Buch kann von Jugendlichen gelesen werden. 365 Days von Netflix darf nicht unter 16 angeschau werden (Kontrolle natürlich Elternsache).
Funkensee
... dass, wenn Twilight innerhalb einer peer group "anerkannte" Literatur ist, Jugendliche anfangen zu glauben, dass sie für den liebenden/beschützenden Aspekt auch den kontrollierenden brauchen
Wie geasagt, das geschriebene Wort hat weit weniger Einfluss, als man annehmen mag. Nun gibt es Twilight auch als Film, wobei dieser eine FSK von 12 hat. Ich habe ihn mir vor einiger Zeit angesehen, das war schmerzhaft. Was das Thema Toxizität betrifft, würde ich ihn als nahezu harmlos einstufen. Normal erscheint Edwards Verhalten von Anfang an nicht. Zudem er ein Untoter mit tierischen Instinkten ist.
Wäre jetzt interessant, wie sie das in der Verfilmung von After umgesetzt haben. Den habe ich nicht geschaut und auch nur ein paar Seiten des Buches gelesen (und eine grobe Zusammenfassung). Hier geht es um Jugendliche (das Mädchen dürfte gerade 18 geworden sein), der Gegenpart ist um die zwanzig. Ganz gewöhnliche Schüler auf einem College.
(ACHTUNG SPOILER)
Der Bad Boy möchte die Unschuld flachlegen. Er wettet mit seinen Freunden. Natürlich kriegt er sie herum und führt ihnen am nächsten Tag das Laken mit dem Blutfleck der Entjungferung vor ... 😝 Und das ist nur ein Beispiel für sein Verhalten.
Wenn ich mich an Diskussionen erinnere, dann waren viele (junge) Leserinnen von dem Typen angenervt, aber eben auch so fasziniert vom ganzen dramatischen Hickhack, dass sie nicht aufhören konnten, das zu lesen. Da klang nie der Tenor durch, dass sie das gern als Beziehungsstandard hätten. Jemanden, der so aussieht, ja. Jemand, der sie wie Sch*iße behandelt, nein.
Ich denke eher, dass Jugendliche in dieser Phase gern zu Stoffen greifen, die heftige Gefühlsregungen nach sich ziehen (nicht nur Liebe, sondern auch gern mal Horror oder Gore). Das spiegelt oft ihren eigenen Gemütszustand wider. Es ist mehr eine Form von Release als eine Prägung. Man kann dabei Dampf ablassen und in der Pubertät staut sich ja einiges an. Ich hab in dieser Zeit gern Dinge konsumiert, die mich zum Heulen gebracht haben. Da hatte ich dann wenigstens einen nachvollziehbaren Grund für die Tränen. 😅
Da ich älter bin, waren in meiner Jugend noch die sogenannten Bodice Ripper in Mode. Davon habe ich einige gelesen. Ein paar Freundinnen auch. Damals haben wir über die Helden geschwärmt, die sich nehmen, was sie begehren, ohne zu fragen, ob die Frau auch möchte. Fanden wir im Buch super. War also ein ähnlicher Hintergrund wie bei den heutigen Bad Boys. Kann nun nicht behaupten, dass die Mädels sich danach solchen Männern zu gewandt hätten. Das ist natürlich nur ein winziger Ausschnitt, aber das Schwärmen für einen Buchcharakter wird sich eher nicht nachhaltig auf die Art der Beziehungsführung auswirken, sondern mehr die tatsächlichen Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht (und das, was man im Elternhaus/Umfeld erfahren hat).
Funkensee
Ich sehe es in meinem persönlichen Umfeld und auf sozialen Medien so oft, dass von der Frau erwartet wird, sämtliche psychische Probleme ihres Partners zu lösen, auch wenn es ihr schadet ...
Ach ja? Kam mir so noch nie unter, muss ich sagen. Wobei ich auch nicht unbedingt im Bereich "Frauen" im Netz unterwegs bin. Da lese ich doch eher gegenteilige Dinge.
Funkensee
... oder von mir aus Dinosaurier-Porn gerne liest
Vom sexy Raptoren gefangen ... 😏 Solche Bücher gibt es tatsächlich. Letztens erst eins entdeckt, da geht es um Tentakelwesen ... 😅🐙
ViennaVampire
Nur, um Missverständnissen vorzubeuen; ich bin hier immer noch gedanklich bei Kindern/Jugendlichen. Und doch, ich denke so bei mir schon, dass es für Teenager, die gerade ihre ersten Erfahrungen mit Beziehungen sammeln (und damit auch für sich selbst ein Bild festlegen, was in Beziehungen normal ist und was nicht), hilfreich wäre, wenn die trendigen Bücher/Filme/sonstige Medien toxische Verhaltensmuster auch als solche deklarieren würden und sie nicht mit "naja... aber er liebt mich halt so sehr, da kann er gar nicht anders, als auszurasten, wenn ich mit anderen Jungs spreche" wegzureden (um nur ein Beispiel zu nennen und den Kreis zurück zur Darstellung von irrationaler Eifersucht in Geschichten zu schließen - ich Fuchs ^^).
Ich halte es immer noch für unwahrscheinlich, dass sich Jugendliche ausgerechnet in Büchern Validierungen oder Anregungen für ihre Entscheidungen suchen.
Was toxische Verhaltensmuster angeht, sind diese meiner Erfahrung nach oft darin begründet, dass der Betroffene als Kind im Elternhaus ein solches Verhalten erlebt hat. Zum Beispiel geringer Selbstwert und verzweifelter Wunsch nach Anerkennung/Nähe, solche Dinge begünstigen das Annnehmen von toxischem Verhalten. Da spielt sehr viel mehr rein als ein gerade populäres Buch.
Und das ist tatsächlich fuchsig. Damit wäre der Bogen zum ursprünglichen Thema geschafft. 😂
Irrationale Eifersucht würde ich allerdings im Teenageralter noch nachvollziehen können und nicht als toxisch bezeichnen. Natürlich nur, wenn danach dazugelernt wird. Bei den ersten Erfahrungen gehören Fehler doch irgendwie dazu.
Severin Sesachar
Als jemand, der bereits über 20 Jahre im pädagogischen Dienst steht und Kinder/Jugendliche, ihr Leseverhalten und ihren Umgang mit Fandoms ständig beobachtet, kann ich die Aussage, dass visuelle Medien "heftiger" wahrgenommen werden als "Buchstabensalat" nicht unterschreiben. Wir hatten Schüler, die beim Lesen der "Letzten Kinder von Schewenborn" (G. Pausewang) den Klassenraum verlassen mussten, weil ihnen im wahrsten Sinne des Wortes das Frühstück hochkam. Wenn Texte so anschaulich geschrieben sind, dass man nicht viel Interpretation braucht, um das Geschehen zu verstehen, sind auch junge Leser hochempfänglich.
Das ist auch ein beängstigender Stoff, da muss man nicht mal das Buch lesen, damit einem ganz anders wird. Der Schock wäre bei einer buchgetreuen (genauso anschaulichen) Verfilmung aber noch wesentlich übler.
Severin Sesachar
Ich habe eine Deutschstunde im 10. Schuljahr genutzt, um über Lesevorlieben im Bereich Liebe/Romantik zu forschen und .. Surprise, die mögen das gar nicht.
Deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Das Thema ist unangenehm. Letztes Jahr musste die Klasse meines Sohnes einen Roman lesen, da ging es um einen Außenseiter, der sich in ein hübsches Mädchen verliebt. War für die Schüler Folter, auch wenn nur ein Kuss vorkam. Die waren alle nicht an dem Thema interessiert. Ich weiß nicht, warum das unbedingt aufs Tapet gebracht werden muss, statt mal Rückfragen zu stellen, welches Genre denn den meisten mehr zusagen würde. Muss doch auch Jugendbücher geben, die ohne das Thema auskommen.
Und wie du sagst, die Jugendlichen sind nicht so leicht zu beeinflussen. Sie machen sich ihre eigenen Gedanken. Genau diesen Eindruck habe ich auch von der Altersstufe meines Sohnes.
in lässiger Aufmachung einen Song spielte, den sie sich schon mindestens fünfhundert Mal angehört hatte.
Ripped of Emotions. ‒ Ihre Hymne. Ihr Credo. Ihr abendliches Gebet.
‒ JD Ellliott, Musik im Blut, Manhattan City Lights 8 ‒
Panthera
Funkensee
... aber ein jugendliches Gehirn ist schlicht empfänglicher für äußere BeeinflussungenRichtig, aber Beeinflussung durch Bücher ist vernachlässigbar, weil andere Medien hier weit mehr Wirkung zeigen. Deshalb greift der Jugendschutz nur bei medialen Werken ein.
365 Days als Buch kann von Jugendlichen gelesen werden. 365 Days von Netflix darf nicht unter 16 angeschau werden (Kontrolle natürlich Elternsache).
Ehrlich gesagt decken sich meine Erfahrungen da eher mit denen von Sesa. Das, was die die eigene Fantasie hervorbringen kann, ist immer eindrücklicher als das, was man sinnlich wahrnimmt. Ich persönlich fand geschriebene Horrorgeschichten immer schlimmer als deren Verfilmungen, umgekehrt konnte und kann ich mit geschriebenen Sexszenen mehr anfangen als mit den Pendants in Filmen oder Pornos.
After habe ich gelesen, als es noch eine One Direction-Fanfiction auf Wattpad war, die Verfilmungen werde ich mir nicht mehr antun. Das Ding hatte Massen an Kommentaren, und die, die ich gelesen habe, waren bei Weitem nicht so kritisch/differenziert, wie du beschreibst. Natürlich war Konsens, dass das Verhalten des männlichen Prota nicht okay ist, aber gleichzeitig klang sehr wohl stark der Wunsch durch, in der Position der weiblichen Prota zu sein. Nicht, weil die Leserinnen es toll gefunden hätten, als Entjungferungs-Challenge zu enden, sondern weil auch After stark mit dem "fix him"-Trope spielt. Der Reiz an der Sache ist, den Mann dazu zu bringen, sich ernsthaft in die Frau zu verlieben, sie zu begehren und damit von dem anfänglichen beschissenen Verhalten abzusehen. Zum Schluss ist man dann ein glückliches Paar, die Frau hat den Mann gerettet, und im Idealfall war irgendein Kindheitstrauma schuld an seinem Benehmen. Das ist jetzt vielleicht besser als die Beziehung in Twilight, aber toxisch ist es allemal. Und aus meiner persönlichen Erfahrung(!) habe ich nicht das Gefühl, dass diese Toxizität wirklich wahrgenommen wird, es sei denn, man wird mit der Nase drauf gestoßen.
Als ich After gelesen habe, war ich 13, wenn ich mich richtig erinnere. Ich mochte diese "fix him"-Angelegenheiten da schon nicht, und erinnere mich, über die Kommentaren, die das alles ganz toll fanden, relativ erstaunt gewesen zu sein. Ich glaube aber nicht, dass das daran lag, weil ich so schwer zu beeinflussen gewesen bin, sondern eher daran, dass ich zu der Zeit um mich herum schon genug andere, positivere Beispiele, wie eine Beziehung aussehen kann, hatte. Zu der Zeit war After außerhalb von Fanfiction-Kreisen noch nicht populär, für SoG war ich nicht die Zielgruppe und für den großen Twilight-Hype bin ich etwas zu jung. Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, wenn das anders gewesen wäre. Ich weiß nicht, vielleicht bin ich damit auch ein Alien, aber für mich waren Bücher neben Erfahrungen im persönlichen Umfeld immer der größte Einflussfaktor, sicher ein größerer als Filme. Und dass es mich sicher mehr beeinflusst hat als heute, kann ich nicht leugnen, und sei es nur deswegen, weil ich heute mehr eigene Erfahrungen habe, auf die ich bei der Beurteilung bestimmter Inhalte zurückgreifen kann.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
The question is not, Can they reason?, nor Can they talk? but, Can they suffer?
- Jeremy Bentham
Panthera
ViennaVampire
Nur, um Missverständnissen vorzubeuen; ich bin hier immer noch gedanklich bei Kindern/Jugendlichen. Und doch, ich denke so bei mir schon, dass es für Teenager, die gerade ihre ersten Erfahrungen mit Beziehungen sammeln (und damit auch für sich selbst ein Bild festlegen, was in Beziehungen normal ist und was nicht), hilfreich wäre, wenn die trendigen Bücher/Filme/sonstige Medien toxische Verhaltensmuster auch als solche deklarieren würden und sie nicht mit "naja... aber er liebt mich halt so sehr, da kann er gar nicht anders, als auszurasten, wenn ich mit anderen Jungs spreche" wegzureden (um nur ein Beispiel zu nennen und den Kreis zurück zur Darstellung von irrationaler Eifersucht in Geschichten zu schließen - ich Fuchs ^^).Ich halte es immer noch für unwahrscheinlich, dass sich Jugendliche ausgerechnet in Büchern Validierungen oder Anregungen für ihre Entscheidungen suchen.
Was toxische Verhaltensmuster angeht, sind diese meiner Erfahrung nach oft darin begründet, dass der Betroffene als Kind im Elternhaus ein solches Verhalten erlebt hat. Zum Beispiel geringer Selbstwert und verzweifelter Wunsch nach Anerkennung/Nähe, solche Dinge begünstigen das Annnehmen von toxischem Verhalten. Da spielt sehr viel mehr rein als ein gerade populäres Buch.
Ich glaube nicht, dass sie danach suchen; ich glaube, dass verherrlichende und/oder verharmlosende Inhalte von Kinder- und Jugendliteratur zu einer unbewussten Normalisierung von diesen negativen Inhalten in Alltagssituationen führen können. Während ich gleichzeitig glaube, dass es sich zum Beispiel für ein Kind, dessen einziges Vorbild für eine romantische Beziehung Mama und Papa sind, die sich regelmäßig anschreien, mit Tellern durch die Gegend werfen oder sogar Gewalt gegeneinander anwenden, positiv auswirken könnte, wenn es in populären Medien Beispiele für gesunde Beziehungen präsentiert bekommt.
Selbstredend spielen da noch viele andere Faktoren mit rein. Und nach wie vor zielt nichts von dem, was ich schreibe, darauf ab, Kinder und Jugendliche, die sich von derartigen Themen angezogen fühlen, dafür zu verurteilen.
Und das ist tatsächlich fuchsig. Damit wäre der Bogen zum ursprünglichen Thema geschafft. 😂
Irrationale Eifersucht würde ich allerdings im Teenageralter noch nachvollziehen können und nicht als toxisch bezeichnen. Natürlich nur, wenn danach dazugelernt wird. Bei den ersten Erfahrungen gehören Fehler doch irgendwie dazu.
Hundertprozentig deiner Meinung. Wie ich eben schon vorher mal meinte; selbstredend dürfen solche Sachen auch in den Geschichten vorkommen. Auch, wenn die Zielgruppe jung ist. Ich plädiere dann halt nur für einen halbwegs verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema.
(Übrigens, ein Geständnis um zu zeigen, dass ich sicher nicht erhaben bin, was Vorlieben für potenziell kontroverse Genres bin; ich bin aktiver Follower einiger Online-Artists, welche Monster-Porn schreiben/zeichnen. Was mich daran fasziniert, kann ich nicht mal sicher sagen - hust hust asexuel hust, evt die Macht-Imbalance - aber jaaaa... 😅 Wobei zumindest die Künstler, denen ich folge, sehr viel Wert auf safe, sane und consentual in ihren Inhalten legen. Ich nehme an, da gibt es auch genügend Abgründe.)
Pronouns; she/her | sie/ihr
Panthera
Und wie du sagst, die Jugendlichen sind nicht so leicht zu beeinflussen.
Da hast du mich falsch verstanden, bzw. du ziehst die falschen Schlüsse aus deinen Beobachtungen. Sie SIND zu beeinflussen, sich dessen aber in den meisten Fällen sehr bewusst. Daher werden Inhalte, die sie unangenehm berühren (und somit zur Beeinflussung führen) abgelehnt. Hier greift die charakterstarke Eigenschaft des "Nein"-Sagens, was aber nichts mit "nicht beeinflussbar" zu tun hat. Wer entsprechende Lektüre konsumiert, ist beeinflussbar. Ablehnung ist ein Schutzmechanismus, der dafür sorgt, dass wir die Kontrolle über uns und unserer Wahrnehmung behalten.
Nun gibt es genug Menschen, die nicht fähig sind, Dingen auszuweichen, die ihnen schaden. Sie lassen sich mitreißen und beeinflussen. Das ist nur meist keine Frage des Alters, sondern der Persönlichkeit. Rating-Angaben sind deshalb nur Guidelines für ein erhofftes mentales Alter, das mit dem auf dem Papier wenig gemein hat.
Aber wir rutschen schon wieder hart in OT. Die Frage dieses Threads lautet, was "zu viel" ist. Wo die Grenze zwischen gutem Geschmack und Cringe (oder ausgewachsenem Schund) zu ziehen ist. Konzentrieren wir uns wieder darauf, sind wir uns wohl einig, dass Machwerke wie "365 Tage" oder diese "After"-Reihe diese Grenze überschritten haben - egal ob als verlegtes Buch oder als Verfilmung. Es ist vollkommen egal, ob ich einen Kuhfladen auf einer Mistgabel, dem Silbertablett oder zum Smoothie gequirlt serviere. Es ist und bleibt ein Kuhfladen. Insofern halte ich es nicht für zielführend, bei der Threadfrage zwischen Literatur, Film und eventuell auch noch Games oder anderen Medien zu unterscheiden.
Stellen wir uns doch mal die Frage: Was ist denn tatsächlich (emotional gesunde) Romantik? Habt ihr konkrete Beispiele parat, die ohne Stalking und Kontrollsucht auskommen? Indikatoren für gesunde Beziehungen auf Augenhöhe? Ich denke, das würde den Autoren beim Verfassen ihrer Liebesgeschichten weit mehr helfen, als ständig nur in die "In Genre XY ist so ein bisschen Machtgeilheit und Bevormundung schon okay"-Defensivdiskussion geschubst zu werden.
~ Ezio Auditore da Firenze
Bei guten Beispielen muss ich allerdings passen. Ich bin zwar selbst bestrebt, meine Liebesgeschichten so zu schreiben, aber meine Quellen dafür sind eher keine andere romantische Literatur.
Home is where your story begins.
Keine Ahnung, ob andere das auch so empfinden, aber ich mochte die Darstellung der Liebesbeziehung in La La Land recht gerne. Nicht, weil die beiden am Ende getrenne Wege gehen (so zynisch bin ich nicht ^^), sondern weil das für mich eine glaubhafte Darstellung einer romantischen Beziehung zweier Menschen mit eigenen Vorgeschichten, eigenen Persönlichkeiten und voneinander unabhängigen Traumen und Wünschen war.
Die Darstellung ist beizeiten recht kitschig (was für Musicals ja nicht unüblich ist), aber sie scheut auch nicht davor zurück, die Schwächen der Charaktere als solche zu benennen. Mias Frust über ihren beruflichen Misserfolg, den sie unberechtigterweise an Seb auslässt, Sebs Stolz, der ihm immer wieder zu Kopf steigt, die Unfähigkeit beider ihre Karrieren und ihre Beziehung unter einen Hut zu bringen... nichts davon wird irgnoriert oder positiv dargestellt, gleichzeitig wird aber auch keiner von beiden irgendwie als der/die Böse dargestellt. Einfach als zwei Menschen, die einander innig lieben, die durchaus mal wütend aufeinander sein können und streiten und Dinge sagen, die den anderen verletzen... aber die einander trotzdem immer auf einem tiefen Level respektieren. Und die auch in der Lage sind, gerechfertigten Ärger über den jeweils anderen zumindest für den Moment beiseite zu schieben, um einander den Rücken zu decken, einander zu motivieren für ihre Träume zu kämpfen. Dass sie am Ende einvernehmlich beschließen, getrennte Wege zu gehen, war schade, aber halt auch ein beidseitiges Eingestehen, dass ihre Ziele und Träume sie in unterschiedliche Richtungen führen. Ganz ohne Hass, ohne Verbitterung, einfach aus dem Wunsch heraus, den jeweils anderen glücklich zu sehen.
Das ist jetzt wieder länger geworden, als geplant. Sorry, das Kurzfassen übe ich noch. 🙈
Pronouns; she/her | sie/ihr
ViennaVampire
Keine Ahnung, ob andere das auch so empfinden, aber ich mochte die Darstellung der Liebesbeziehung in La La Land recht gerne. Nicht, weil die beiden am Ende getrenne Wege gehen (so zynisch bin ich nicht ^^), sondern weil das für mich eine glaubhafte Darstellung einer romantischen Beziehung zweier Menschen mit eigenen Vorgeschichten, eigenen Persönlichkeiten und voneinander unabhängigen Traumen und Wünschen war.
Witzig, das Paar in diesem Film ist für mich das absolute Anti-Beispiel für eine Liebesgeschichte. 😅 (Einmal davon abgesehen, dass ich die Schauspieler absolut fehlbesetzt finde.)
Ich will ein Happy End und habe auch nichts gegen Kitsch. Ich möchte nicht unbedingt etwas Glaubhaftes. Das habe ich im echten Leben genug. Weshalb ich Liebesromane gar nicht erst lese, sondern ausschließlich Romance. Bei Filmen geht es mir nicht anders.
Drama gern, aber bitte keine Tragödie. Wenn ich schon den ganzen Hickhack durchleiden muss, dann möchte ich am Ende dafür belohnt werden (und auch dass die Protagonisten belohnt werden).
Severin Sesachar
Stellen wir uns doch mal die Frage: Was ist denn tatsächlich (emotional gesunde) Romantik? Habt ihr konkrete Beispiele parat, die ohne Stalking und Kontrollsucht auskommen?
Klar, jede Menge, nur kennt die hier vermutlich niemand. 😄 Man kann durchweg Nora Roberts lesen und wird keinen Mann finden, der versucht, die Frau an seiner Seite zu unterdrücken oder schlecht zu behandeln. Ihre weiblichen Charaktere stehen meistens mit beiden Beinen fest auf der Erde und üben erfolgreich Berufe aus. Bei den MacGregors ist die Matriarchin eine anerkannte Fachärztin für Thoraxchirurgie, die von ihrem Ehemann absolute Unterstützung dabei findet (in den 1950er/60er Jahren). Dieser betätigt sich im hohen Alter dann gern als "Kuppler" (das ist der Tenor der Reihe). Er möchte seine Kinder und Enkel mit Partnern versorgt wissen und führt ihnen potenzielle Kandidaten zu. Klingt schräg, aber die Begegnungen sind mehr zufällig und es bleibt den Erwachsenen überlassen, ob sie sich mögen. Der Patriarch freut sich einfach, wenn sein Plan aufgeht. Und er liegt natürlich niemals daneben. ^^
Linda Howard und Susan Mallery wären weiter Beispiele für Romances, in denen man höchstens auf Stalker trifft, wenn sie der Bösewicht sind.
Auf toxische Kombinationen treffe ich eher in New Adult und Dark Romance (oft sogar auch in YA).
Ich lese meist Romance mit Protas, die jenseits der 25 sind. Gibt inzwischen auch den Bereich Mature Romance, da sind die Protagonisten jenseits der 40/50, also Empty Nester oder im Ruhestand. Hier geht es auch meist um die alltäglichen Probleme, wie sich neu zu finden, wenn die Kinder nicht mehr zu versorgen sind. Oder mit der körperlichen Umstellung fertigzuwerden (Klimakterium oder Krankheiten). Aber das wird eher nicht der nächste "heiße Shit" werden, das betrifft meist die Genres YA, NA oder All Age. Ohne das junge Zielpublikum (18-49) wird man eher nicht zur Internetsensation.
In Clean und Wholesome Romance wird man auch nicht auf toxische Traits treffen (außer bei den Antagonisten). Ein Beispiel wäre "When calls the Heart", das kennen hier vielleicht ein paar als die Serie "Coal Valley Saga". Die Liebe zwischen der Lehrerin Elizabeth Thatcher und dem Mountie Jack Thornton ist ein Paradebeispiel für Slow Burn. Missverständnisse und Eifersucht kommen vor, aber diese Dinge werden dann durch Gespräche auf Augenhöhe aufgeklärt, auch wenn die Protagonisten immer wieder zweifeln, weil sie nun mal aus verschiedenen Welten stammen. Das Ganze spielt 1910 in einer kandadischen Frontier Town.
in lässiger Aufmachung einen Song spielte, den sie sich schon mindestens fünfhundert Mal angehört hatte.
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Severin Sesachar
Stellen wir uns doch mal die Frage: Was ist denn tatsächlich (emotional gesunde) Romantik? Habt ihr konkrete Beispiele parat, die ohne Stalking und Kontrollsucht auskommen? Indikatoren für gesunde Beziehungen auf Augenhöhe? Ich denke, das würde den Autoren beim Verfassen ihrer Liebesgeschichten weit mehr helfen, als ständig nur in die "In Genre XY ist so ein bisschen Machtgeilheit und Bevormundung schon okay"-Defensivdiskussion geschubst zu werden.
Eigenwerbung ist im Forum verboten, auch für veröffentlichte Geschichten. - Angel
Just because you can't imagine something doesn't mean it is not real.
"Any intelligent fool can make things bigger, more complex and more violent. It takes a touch of genius, and a lot of courage, to move in the opposite direction."
Albert Einstein
Panthera
Warum nicht? Es ist nun einmal Konkurrenz. Diese Konstellation kann man durchaus ausnutzen. In Romance sind solche Konflikte ja nötig, die Protagonisten kommen ja erst am Ende richtig zusammen und es sind ein paar Hindernisse nötig, um Zweifel zu säen. Wenn die Umsetzung stimmt, habe ich nichts dagegen.
Ich finde sowas furchtbar und da bin ich sofort weg. Auch deshalb, weil ich nun Polyamorie nicht abgeneigt bin und noch nie verstanden habe, weshalb man eine eigentlich gut laufende Beziehung beendet, nur weil man sich in eine andere Person auch verliebt, oder sich vorstellen könnte mit dieser ebenfalls eine Beziehung zu führen.
Ob die Geschichte nun eine monogame oder eine Polybeziehung beschreibt, bei Eifersuchtsdramen bin ich sofort weg. Vor allem, wenn Eifersucht nicht nur hier und da ein Nebensatz stattfindet, sondern sich der halbe Plot, oder größere Anteile des Plots, darum drehen. Da geht es nicht um Liebe oder darum eine wirklich tiefere Beziehung zwischen zwei oder mehreren Menschen zu beschreiben, es geht einfach nur um Besitz und Kontrolle und das kann ich nicht ausstehen.
Wenn eine Romanze eine größere Rolle in der Story spielt, dann will ich auch eine reifere Beziehung lesen und nicht, dass es dann in Eifersuchtsdrama oder anderen Melodrama ausschlägt. Mir ist schon klar dass "manche Leute halt so sind", gerade Menschen mit sehr geringem Selbstbewusstsein, die ihre Unsicherheiten an einem Expartner auslassen, aber es gibt eben auch interessantere Texte, denen ich meine Zeit widmen könnte, denke ich mir.
SeverinSesachar
Wenn wir hier WIRKLICH von Liebe sprechen, verläuft ein solches Gefühl auf Vertrauensebene. Wenn ich meinem Partner vertraue, gehe ich auch wegen einer/einem wieder auftauchenden Ex nicht in die Luft. Eine solche Reaktion spricht für mich davon, dass man a) extrem besitzergreifend oder b) sich seiner Liebe vollkommen im Unklaren ist.
Es war für mich persönlich eher, dass ich entweder bei dem neuen Partner oder einem Ex dachte: Von der Person hab ich einen guten ersten Eindruck, mag ich, und ich verstehe, dass die zusammen waren / sind.
Wenn ich einen Partner habe, will ich nur Ehrlichkeit. Wenn man also noch was für den Expartner empfindet und vielleicht wieder etwas mit der Person anfangen könnte, will ich das einfach wissen, einfach weil man miteinander über sowas redet und man sich dann vielleicht mit dem Partner und dem Expartner / der dritten Person arrangieren kann.
Ich bin sowieso ziemlich asexuell und solange sich mein Partner nicht durch ein Dutzend random Betten durchschläft, ist mir das auch recht egal. Ich will nur nicht, dass man hinter meinem Rücken sowas tut.
Ich hab da nicht wirklich große Angst verlassen zu werden. Verlassen (im Sinne auch von einem Kontaktabbruch) wird man für gewöhnlich, wenn man sich scheiße verhält oder sich einander als Besitz betrachtet oder andauernd einengt.
Im Gegenzug dazu "hasst" mich die neue Partnerin meines Exfreundes, obwohl sie mich wirklich noch nie gesehen hat. Er ist nach GB gezogen und wir schreiben noch relativ relgelmäßig miteinander, weil wir uns halt sehr mögen, und sie ist auf alle eifersüchtig mit denen er guten Kontakt hat. Mir gehen diese unreifen Eifersüchtelein so am Nerv.
Kann deswegen auch mit vielen Romanzen nichts anfangen, und mag es mehr, wenn tiefergehende Beziehungen angedeutet werden. Ausgeschriebene Beziehungen gefallen mir da seltener. Wirklich gut geschriebene Beziehungen, die auch nicht zu viele Tropes beinhalten, die mich stören und über tolle Charaktere handeln, welcher Art auch immer, kriegen mich aber immer. 😊
Mag sein, dass das manch andere gerne lesen wie plötzlich die Exfreundin auftaucht und startet das Melodrama und für wen entscheidet sich das Love Interest der Protagonistin dann!? ... aber ich hab für mich dann immer den Eindruck, dass ich meine Zeit mit diesen Texten vergeudet habe.
Funkensee
Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Jugendlichen Realität und Fiktion natürlich schon bis zu einem gewissen Maß unterscheiden können (siehe z.B. Trennung von Autor und lyrischem Ich, das wird einem ja auch in der Schule eingeprügelt), aber ein jugendliches Gehirn ist schlicht empfänglicher für äußere Beeinflussungen. Muss es ja auch sein, schließlich ist die Kindheit und Jugend ja die Phase, in der wir Wissen am effektivsten aufnehmen können und lernen, uns in unserer Umgebung zurechtzufinden.
Ich will keinem Teenager unterstellen, dass er Vampire für real hält oder sich einen Partner wünscht, der ihn misshandelt. Aber da kommt die von Vienna angesprochene Normalisierung in Kombination mit dem Gruppenzwang, den du selbst ansprichst, ins Spiel. Wenn Bücher wie Twilight von sehr vielen Jugendlichen gelesen und gemocht werden, fällt irgendwann alles Kritikwürdige an der Beziehung zwischen Edward und Bella unter den Tisch, sie wird normalisiert. Das Problem ist, dass diese Beziehung zwei Facetten hat: Einerseites Edwards stalkerhaftes und kontrollierendes Verhalten, das für sich genommen von den meisten Jugendlichen wahrscheinlich als toxisch erkannt werden würde. Andererseits aber auch, dass Edward Bella über alles liebt, sie beschützt und auf Händen trägt. Letzteres kann als wünschenswert erachtet werden. Und dann kann es sein, dass, wenn Twilight innerhalb einer peer group "anerkannte" Literatur ist, Jugendliche anfangen zu glauben, dass sie für den liebenden/beschützenden Aspekt auch den kontrollierenden brauchen. Heißt, sie akzeptieren möglicherweise daraus motiviert toxisches/gewaltvolles Verhalten eines späteren Partners, weil sie vorgelebt bekommen haben, dass das so muss.
Thema SoG: Der Protagonist ist zum Schluss geläutert – ja, das ist dieses fürchterliche "fix him"-Trope. Wenn du deinen Partner wirklich liebst, dann hast du sein toxisches bis hin zu gewalttätigem Verhalten auszuhalten, ihn immer wieder anzunehmen und dein Möglichstes zu tun, ihm zu helfen. Psychotherapeuten sind was für Anfänger. So gesehen ist SoG da nicht viel besser als Twilight oder After. Ich sehe es in meinem persönlichen Umfeld und auf sozialen Medien so oft, dass von der Frau erwartet wird, sämtliche psychische Probleme ihres Partners zu lösen, auch wenn es ihr schadet, und ehrlich gesagt, ich halte solche Bücher (und deren Erfolg) für ein Symptom dieser gesellschaftlichen Haltung. Das dann seinerseits diese Geisteshaltung wieder begünstigt.
Wie gesagt, ich verurteile niemanden, der SoG oder Twilight oder von mir aus Dinosaurier-Porn gerne liest. Ich denke bloß, dass es durchaus schaden kann, wenn solche Werke extreme Popularität erlangen und die darin enthaltenen problematischen Handlungselemente normalisiert werden.
Ich möchte dazu ergänzen: ich glaube es sind vor allem Jugendliche mit weniger Lebenserfahrung, die von sowas leichter zu beeinflussen sind.
Ich hab schon als Kind viel familiäre Gewalt verschiedener Art erlebt gehabt und wenn ich mit 12 so ähnliche Bücher wie After oder 50 Shades in die Hände bekommen habe, hat sich das schon damals wie ein Thriller für mich angefühlt.
Twilight hat sich jedenfalls bereits sehr falsch angefühlt ... und war allgemein auch nervig für mich gewesen, weil Bella halt dauernd seine Muskeln und yadda beschreibt. Hab mich nicht besonders wohl im Kopf eines liebestollen Mädels gefühlt. xD