Redlum
Ich persönlich halte nichts vom gendern. Wenn es sich auf natürliche Weise entwickelt, okay, dann kann ich damit leben, aber momentan fühlt es sich viel zu aufgezwungen und undurchdacht an.
Was ist beispielsweise mit Feuerwehrmännern? Werden die jetzt zu Feuerwehrmänner*innen?
Was ist mit Putzfrauen oder den hier schon erwähnten Krankenschwestern? Wird da dann zukünftig konsequenterweise ein "*er" hinten dran gehängt?
Wenn es um die sprachliche Diskreminierung geht, wieso ist es in Ordnung, wenn ein Frauensportteam Mannschaft genannt wird?
Wenn es um neutrale Berufsumschreibungen geht, heißt es dann zukünftig die Polizeiarbeitverichtenden?
Warum wird bei Wörtern wie beispielsweise Terroristen gerne auf das gendern verzichtet?
Öh, Feuerwehrleute und Reinigungskräfte sind zwei völlig normale, geläufige Begriffe, absichtlich um die Ecke denken brauchen wir jetzt auch nicht. Und der Begriff "Putzfrau" wird nicht erst seit gestern als unhöflich betrachtet.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
The question is not, Can they reason?, nor Can they talk? but, Can they suffer?
- Jeremy Bentham
Funkensee
Antjenia
Ich höre immer und immer wieder, dass anscheinend absolut alle da auch von weiblichen Personen ausgehen. Und das glaube ich einfach nicht. Wie schon gesagt, ich fühle mich auch nicht diskriminiert. Aber mein erster Gedanke liegt trotzdem nicht immer auf einer Frau oder auf beiden Geschlechtern, sondern eher bei Männern.
Ich weiss nicht, ob ich einfach eine Exotin bin, ob alle anderen es nicht bemerken oder ob einfach alle lügen :-DDanke, ich hab immer das Gefühl, ich bin ein Alien, dabei bin ich in einem wirklich sehr gleichberechtigten Umfeld aufgewachsen. Es gibt mittlerweile reichlich Studien, die belegen, dass "der Lehrer" eher das Bild eines Mannes hervorruft, deshalb bin ich maximal irritiert, dass scheinbar alle, mit denen ich darüber rede, bei "der Lehrer" ganz selbstverständlich auch an eine Frau denken. In Anbetracht der statistischen Erhebungen diesbezüglich frage ich mich dann schon, ob mein persönliches Umfeld einfach so total aus der Statistik fällt, oder ob bei der Beantwortung der Frage, an welches Geschlecht man denkt, doch eher der Wunsch Vater des Gedanken war.
Ich muss sagen, ich gehöre zu denen, die bei "Der Lehrer" tatsächlich nicht an einen Mann denken, weil ein Beruf kein Geschlecht ist, genauso wenig wie eine Spezieszugehörigkeit. Bei "Der Mensch" oder "Der Hund" denke ich ja auch nicht an ein ausschließlich männliches Geschöpf.
Bei mir liegt es zu einem großen Teil vermutlich daran, dass ich in meiner Kindheit irgendwie immer Frauen mit diesen Begriffen beschrieben gehört habe - ich weiß nicht, ob das so ein Generationending ist (ich bin Anfang der 90er geboren), aber ich erinnere mich an den prägnanten Satz "Der Captain ist in der Takelage" aus einem meiner Lieblingsfilme, und dieser Captain war eine Frau. Auch habe ich schon früh auf englisch gelesen, und da war es völlig normal, dass der "Chief", "Leader" etc. weiblich war. Ehrlich gesagt habe ich es schon immer als sehr umständlich und merkwürdig empfunden, dass ich beim Übersetzen das Geschlecht anders benennen sollte, und erinnere mich tatsächlich daran, Übersetzungen früher zigmal gegen gelesen zu haben, damit man mir nicht wieder die fehlende Verweiblichung anstreicht (die dann doch wieder irgendwo gefehlt hat). Ich musste mich extrem daran gewöhnen, für Frauen ein anderes Wort zu verwenden. Richtig derb auf die Füße gefallen ist mir das dann, als ich meine erste große Fantasy-Geschichte angefangen habe - man versuche mal "Akolyth", "Guardian" und "Flügel-/Fußwache" zu verweiblichen. Ich habs irgendwann entnervt aufgegeben, weil es sich für mich absolut kontraintuitiv anfühlt und ich so immer komplett aus meinem Gedankenfluss gerissen werde. Irgendwie macht mein Hirn das nicht automatisch, sondern ich muss mich zum Gendern zwingen, ich weiß auch nicht wie das genau kommt und warum um alles in der Welt anderen das scheinbar so leicht fällt o.O Ich bin jedes Mal erleichtert, wenn ich das weglassen kann.
'Cause I paid for the wrongs I did.
I'm not afraid of the things you know,
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My final words on the final page
Will be amends 'cause I believe.
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Ich kann mich nicht erinnern, als Kind jemals irgendwo mit "der Lehrer" im Sinne einer bestimmten Person konfrontiert gewesen zu sein, die dann eine Frau war. Weder in meinem persönlichen Umfeld, noch in Medien und schon gar nicht im Unterricht. In letzterem habe ich dann auch gelernt, dass es "der Lehrer" für einen Mann und "die Lehrerin" für eine Frau heißt, und wenn man es vertauscht, ist es falsch. Insofern bin ich gerade echt fasziniert davon, dass es sich bei dir so fix als "neutral" einprägen konnte ^^
Das ist dann ja auch der Punkt an dem sich Genus und Sexus vermischen und sich die Argumentation, es würde nur das grammatische Geschlecht betreffen, ad absurdum führt. Das ist auch das Problem, das ich mit dem generischen Maskulin habe, setzt da an: Wie generisch kann es wirklich sein, wenn ich "der Lehrer" für eine Lehrkraft unbestimmen Geschlechts und für eine Lehrkraft männlichen Geschlechts verwende, und aus dem Kontext erschlossen werden muss, was denn nun gemeint ist? Ich zumindest bin schon mehrfach in Situationen geraten, in denen ich nicht sicher war, welches denn nun gemeint ist bzw. auch falsch getippt habe.
Wenn "der Lehrer" wirklich generisch wäre, dann müsste es ein Begriff wie "der Hund" sein, wo der Artikel wirklich nur auf das Genus referiert, weil es in geschlechtsspezifischer Variante "die Hündin" und "der Rüde" heißt. Oder "das Pferd" als Überbegriff für "die Stute" und "der Hengst". Aber dem ist ja nicht so. "Der Lehrer" fungiert gleichzeitig als geschlechtsunspezifischer Übergriff und als geschlechtspezifisches Maskulin. Heißt, die weibliche Form wird immer zum markierten Anderen, und im Kontext kulturtheoretischer Überlegungen von z.B. Foucault und Beavoir können wir uns jetzt überlegen, weshalb denn eigentlich aus historischer und gesellschaftlicher Perspektive das Weibliche das ist, das als das Andere markiert wird. Sprache ist nicht ohne Implikationen, egal wie hartnäckig man das wegzuleugnen versucht.
Insofern, weil ich das Gendern in der Sprache aus oben genannten Gründen wichtig finde, bestehende Möglichkeiten aber häufig nicht praktikabel sind, wäre ich mittlerweile schwer dafür, das Genussystem im Deutschen einfach gleich ganz abzuschaffen. Es wird einfach alles zum "das", geschlechtsspezifische Unterscheidungen können über Pronomina erfolgen und man überlegt sich ein geschlechtsneutrales Pronomen im Singular, Sache erledigt. Problem gelöst. Und Deutschlernenden haben wir damit auch einen Gefallen getan.
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Insofern, weil ich das Gendern in der Sprache aus oben genannten Gründen wichtig finde, bestehende Möglichkeiten aber häufig nicht praktikabel sind, wäre ich mittlerweile schwer dafür, das Genussystem im Deutschen einfach gleich ganz abzuschaffen. Es wird einfach alles zum "das", geschlechtsspezifische Unterscheidungen können über Pronomina erfolgen und man überlegt sich ein geschlechtsneutrales Pronomen im Singular, Sache erledigt. Problem gelöst. Und Deutschlernenden haben wir damit auch einen Gefallen getan.
This!
Auch wenn es mir tatsächlich eher wie Bodiel geht und ich mir bei den meisten Berufsbezeichnungen tatsächlich überhaupt keine Gedanken über das Geschlecht mache (und ja, da bin ich eine Ausnahme, das weiß ich), fände ich es gut, wenn es mal eine generelle Reform dazu gäbe, die es abschafft. Und einfach das grammatikalische Geschlecht abschaffen (und alles praktisch "sächlich" machen) ist vermutlich die einfachste Variante. Da wird dann durch den anfangs als "falsch" empfundenen Artikel kar, dass es eben nicht das ist, was man die ganze Zeit verwendet hat, was es einfacher macht, sich von den verinerlichten Assoziationen zu lösen. Ich denke auch nicht, dass es man einfach so von heute auf Morgen entscheiden kann, dass das jetzt jeder so machen muss. Aber es wäre vielleicht mal eine Überlegung wert, dass zumindest aufgenommen wird, dass man es so machen kann/darf.
Und das geschlechtsneutrale Singularpronomen ist echt dringend nötig...
Ich habe z.B. neulich eine Sci-Fi-Reihe entdeckt, in der eine Art das Geschlecht laufend wechselt. Im Englischen wird da in der Übergangsphase sicher "they" und "their" stehen; die Übersetzung arbeitet mit Kofferwörtern, also mit "ser" und "sir" ("ser packte sire Sachen"). Da bin ich beim ersten Lesen kurz drüber gestolpert, danach las es sich sehr natürlich.
VIelleicht machen wir die Grundform auch sächlich und hängen ein zusätzliches Suffix fürs Maskulinum dran - das Bäcker, die Bäckerin, der Bäckerer. Oder wir reden nur noch in Wortstämmen und sparen uns die Suffixe - ich war beim Bäck. Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehr. Vielleicht entscheidet sich die Sprache natürlich auch, wieder aufs generische, angeblich so neutrale Maskulinum zurückzugreifen, weil es so schön bequem ist. Und hey, wenn wir dafür die nächsten fünfzig Jahre in der gesamten medialen Wahrnehmung zu 90 Prozent Frauen abbilden (Werbung, Talkshows, Serien, Filme) - why not? Es gibt zig Möglichkeiten, und es ist doch auch irgendwie spannend, sich damit zu beschäftigen, was sinnvoll ist, was angenehm ist, was wir aus unserer Sprache eh kennen ...
Was mich allerdings zu einem Grundfehler in der Diskussion bringt. Es wird ja häufig argumentiert, dass mit der Veränderung der Sprache keine Veränderung der Gesellschaft erzwungen werden könnte. Dabei wird eins übersehen: Wir ändern nicht die Sprache, um die Gesellschaft zu verändern. Die Sprache verändert sich, weil wir die Gesellschaft bereits verändert haben.
Ich nenne das mal das Duden-Problem. Dem Duden wird ja z.B. auch vorgeworfen, Begriffe wie "Gästin" oder "Vorständin" eingeführt zu haben. Andersherum wird ein Schuh draus. "Gästin" ist insbesondere in feministischen Formaten aufgekommen, und "Vorständin" (als Bezeichnung von Frauen, die Mitglied in einem Vorstand sind; der Vereinsvorstand als Gremium z.B. wird natürlich nicht gegendert, selbst wenn er nur aus Frauen bestehen sollte) findet sich in Pressemitteilungen, Geschäftsordnungen, Berichten etc. Wird ein Wort soundso oft genutzt, nimmt der Duden es auf. Das hat nichts damit zu tun, dass der Duden die Sprache prägen würde.
Und deshalb taucht halt auch das Gendern in der Gesellschaft auf. Weil Frauen, die seit über fünfzig Jahren in kaufmännischen Berufen arbeiten, als Individuum halt kein Kaufmann sind, sondern Kauffrau, und es dann unlogisch wird, wenn der Plural Kaufmänner ist (weshalb es mittlerweile ganz natürlich Kaufleute sind - und ja, dass Mann das mitträgt, war ein Kampf). Und weil Frauen in zig Berufen zu finden sind (anders als in der Zeit, als all diese Begriffe geprägt wurden), ist eben genau das jetzt gerade in der Diskussion: wie wir Personengruppen bezeichnen. Lustigerweise war es wenig problematisch, "Geburtshelfer" einzuführen, weil Männer sich als Hebamme nicht mitgemeint fühlen könnten, und die "Hure" wurde im Sprachgebrauch ganz rasch zur "Prostitutierten", auch wenn das männliche Pendant, das sich als "hallo, ich bin dein Prostituierter an diesem Abend" vorstellt, vermutlich die Zunge verknotet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
(Neuerdings empört sich Dieter Nuhr darüber, dass es jetzt "Zwergin" im Duden gäbe. Millionen Fantasyfans sahen sich daraufhin genauso verständnislos an wie all die Frauen, als Männer sich darüber empörten, sie müssten sich wegen Corona jetzt die Haare waschen lassen beim Friseur.)
Der zweite Grundfehler ist die Behauptung, das Gendern mit Glottislaut hätte irgendwas mit männlich/weiblich zu tun. Das ist Blödsinn. Männlich/weiblich hatte sich in der Sprache - nach vielen, vielen harten Jahren des feministischen Kampfes, schon damit abgefunden, sich über das Binnen-I oder ein Anhängen von /-in zu freuen - oder halt ausgeschrieben zu werden. (Natürlich ist sowas auf Vordrucken von Banken im 21. Jahrhundert überflüssig, die dürfen weiterhin nur "Kunde" schreiben, weil es den Programmierern nicht zuzumuten ist, im Ausdruck daraus "Kundin/Kunde" zu machen... so jedenfalls ein Gerichtsurteil vor erschreckend wenigen Jahren.) Nein, die wirkliche Bewegung in die Gender-Diskussion ist erst mit der Entdeckung gekommen, dass es nicht nur männlich/weiblich gibt, sondern auch eine Minderheit, die sich damit nicht angesprochen fühlt. Und weil wir in einer Demokratie leben, die verfassungsmäßig Minderheiten schützt, ist es ein Grundbedürfnis der Gesellschaft und ihrer Medien, jeden anzusprechen. Wer jemals in der Situation war, etwas zu sein oder zu empfinden, für das es keinen geläufigen Begriff gibt, wird vielleicht nachvollziehen können, wie es für Menschen sein muss, die für sich nicht einmal eine Anrede oder ein Personalpronomen finden können. Das * und : sind nicht die Frauen oder die Männer, es sind alle anderen.
Ich finde es nicht verwunderlich, dass die Medien die Möglichkeit, aus "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" schlicht "Mitarbeiter:innen" zu machen, sehr schnell aufgegriffen haben. Wenn ich auf Zeichenanzahl achten muss bei meinen Texten, ist das eine Menge Holz! Außerdem ist Sprache die Grundlage für Medien - natürlich kümmern die sich verstärkt darum! Und natürlich ist die Empörung auch gerade bei denen, die viel Sprache nutzen, gern auch höher - weil sie mehr nachdenken müssen.
Ich stelle das bei mir selbst auch fest, dass Sätze, die ich früher ganz automatisch geschrieben hätte, plötzlich bedacht werden müssen. Ist das schön? Jein. Aber ich ändere seit meinem elften oder zwölften Lebensjahr auf jedem Dokument, das mich als Schüler, Kunde, Mieter, Arbeitnehmer etc. bezeichnet hat, diese Bezeichnung ab in Schülerin, Kundin, Mieterin, Arbeitnehmerin etc. Weil ich mich angesprochen fühlen möchte, wenn es doch nur um meine Person geht. Und wenn es Menschen gibt, die dasselbe Gefühl aus Befriedigung, weil es möglich ist, und Resignation, weil es noch nötig ist, bei anderen Texten verspüren, dann sollte eine Gesellschaft, egal, wie die Individuen damit im einzeln zufrieden sind, über Möglichkeiten nachdenken. Die Sprache löst es am Ende von allein, da mache ich mir keine Sorgen. Das geht aber halt nicht in zwei Jahren. Das ist ein Marathon - wenn es denn überhaupt nach soundsoviel Kilometern zuende sein kann. "Wandel, Baby, lässt sich nicht aufhalten; der ist immer."
Das ist allerdings nicht richtig. Sprache verändert sich dadurch, dass die Millionen Sprachnutzer alle individuell entscheiden, welche Wörter / Grammatikstrukturen sie nutzen. Ob sie das bewusst tun oder nicht, ist nicht wichtig, aber tatsächlich fragt Sprache ständig nach, ob das Individuum das will.
Was mir aufstößt ist eigentlich nur die Tatsache, dass gerade die Medien das Gendersternchen aufgreifen und so tun, als wäre dies breit akezeptiert, obwohl sie dies nicht aus diesem Grund tun und es außerdem nicht breit akzeptiert ist, wie man gendert.
Das führt aufgrund der enormen Macht der Medien in Bezug auf Sprachbildung dazu, dass sie einfach durchsetzen, wie man spricht und schreibt, ohne, dass die Menschen sich damit identifizieren. Das ist zwar nicht weiter schlimm in Kleinigkeiten. Aber bei einem Thema das ja alle angehen soll, weil es zum Einen die Sprache aller betrifft und zum Anderen ja alle einbinden soll, laut Anspruch, sollte man dies nicht derart durch Schaffung vollendeter Tatsachen machen. Da haben viele Menschen zu Recht das Gefühl, dass sie einfach übergangen werden und es ihnen aufdiktiert wird.
Natürlich könnte jetzt die stille Mehrheit, denen das nicht recht, oder egal ist, einfach ignorieren, was die Medien tun, doch ist das weder demokratisch noch hilfreich, weil man dadurch im besten Fall die Sprache spaltet in eine Mediensprache und eine Gemeinsprache. Was das mit Kindern macht, die die Sprache lernen, will ich gar nicht wissen.
Eine Sprache, die inklusiv sein soll, sollte auch inklusiv auftreten und dabei Menschen überzeugen und nicht einfach einen Gebrauch aufdiktieren.
"Wir ändern nicht die Sprache, um die Gesellschaft zu verändern. Die Sprache verändert sich, weil wir die Gesellschaft bereits verändert haben."
Das stimmt, doch hier passiert es genau anders herum. Das Gendern ist ja auch nicht natürlich entstanden, es entstand wirklich im Elfenbeinturm der Gebildeten, die einen Missstand sehen. Jetzt gibt es eben Versuche, diesen Missstand zu beheben. Doch meines Erachtens ist der Versuch, der uns angeboten wird, nämlich der Genderstern, nicht durchdacht genug und nicht praktikabel, aus den Gründen, die ich oben genannt habe.
(Es folgen noch ein paar ander Gründe wie: Wie trenne ich eigentlich Arbeiter*innen so, dass es erkenntlich ist? Udn natürlich auch die Frage wie weit man Worte gendern sollte, wie das Beispiel der Bürgermeisterkandidaten. Heißt es Bürger*inmeister*in*kandidatin*in oder gilt das Gendersternchen aus ominösen Gründen nicht für zusammengesetzte Wörter?)
Von einem Angebot, dass inklusiv sein soll und dazu von Forschern entwickelt wird, erwarte ich tatsächlich, dass es solche Probleme anspricht.
"Ich bin mir sehr sicher, dass wir in vierzig, fünfzig oder sechzig Jahren ein Deutsch sprechen werden, das eine Lösung fürs Gendern gefunden hat, die allen natürlich erscheint."
Das hoffe ich auch, doch das, was uns heute geboten wird, kann ich persönlich leider nicht so annehmen. Als einer der Millionen Deutschsprecher, werde ich es nicht unterstützen, obwohl ich mit der generellen Forderung durchaus übereinstimme. Das ist auch vollkommen okay, auch, wenn ich weiß, dass ich durch den unreflektierten Umgang der Medien mit dem Thema wahrscheinlich auf verlorenem Posten stehe.
Es gibt sicherlich so einige Bereiche wo das Gendern etwas bringen würde aber die ganze Sprache an sich gendern ist weder sinnvoll noch zielführend. Ich sehe z. B. nicht wieso Studierende in irgendeiner Weise inklusiver und geschlechtsneutraler sein soll als Studenten, das ist bereits all dass. Was hier einmal erwähnt wurde das die Medien wegen Zeichenanzahl etc. das Gendersternchen etc. verwenden ist bei diesem Beispiel sogar ein Gegenargument da Ersteres 11 Zeichen und Letzteres 9 hat. (Jaja, schimpft mich Korinthenkacker ;) In wie gesagt gewissen Bereichen wird es vielleicht etwas helfen aber dass das Gendern insgesamt für einen generellen breiten Beitrag zu Gleichberechtigung etc. sorgt halte ich für einen Trugschluss. Türkisch z. B. ist weitestgehend neutral weil unter anderem die Artikel der und die fehlen was viele Dinge versachlicht und wenn man sich mal ansieht wo die Türkei auf diversen Listen über Gleichberechtigung usw. steht... na ja. Sollte ich mich irren korrigiert mich bitte, ich hab das nur mal am Rande iwo aufgeschnappt. Wie sehr das mit Englisch und dessen they & their ist (ich mein das wurd ich hier auch mal erwähnt) weiß ich net aber es dürfte sich wie mit unserem deutschen Siezen verhalten oder?
wenn Korruption und Verderbtheit wie ein Krebsgeschwür wuchern,
gibt es nur eines was heilig ist,
Das Sammeln und Bewahren von Wissen."
"They/them/their" hat nichts mit unserem Siezen zu tun. Das höfliche Sie wird ja bei der direkten Ansprache verwendet. Also: "Hallo XYZ, wenn Sie mir bitte folgen würen?"
"They/them/their" wird als geschlechtsneutrales Pronomen verwendet. Soweit ich weiß sogar schon eine ganze Weile, nur ist es eignetlich für Personen verwendet worden, deren Geschlecht nicht bekannt war ("Someone forgot their umbrella" --> "Jemand hat seinen Regenschirm vergessen"), während es mittlerweile eben auch für Personen, die nicht binär sind, verwendet wird. So ein Pronomen würde ich mir tatsächlich auch fürs Deutsche wünschen.
Wissennder2
Da kann ich im Großen und Ganzen zustimmen.
Es gibt sicherlich so einige Bereiche wo das Gendern etwas bringen würde aber die ganze Sprache an sich gendern ist weder sinnvoll noch zielführend. Ich sehe z. B. nicht wieso Studierende in irgendeiner Weise inklusiver und geschlechtsneutraler sein soll als Studenten, das ist bereits all dass. Was hier einmal erwähnt wurde das die Medien wegen Zeichenanzahl etc. das Gendersternchen etc. verwenden ist bei diesem Beispiel sogar ein Gegenargument da Ersteres 11 Zeichen und Letzteres 9 hat. (Jaja, schimpft mich Korinthenkacker ;) In wie gesagt gewissen Bereichen wird es vielleicht etwas helfen aber dass das Gendern insgesamt für einen generellen breiten Beitrag zu Gleichberechtigung etc. sorgt halte ich für einen Trugschluss. Türkisch z. B. ist weitestgehend neutral weil unter anderem die Artikel der und die fehlen was viele Dinge versachlicht und wenn man sich mal ansieht wo die Türkei auf diversen Listen über Gleichberechtigung usw. steht... na ja. Sollte ich mich irren korrigiert mich bitte, ich hab das nur mal am Rande iwo aufgeschnappt. Wie sehr das mit Englisch und dessen they & their ist (ich mein das wurd ich hier auch mal erwähnt) weiß ich net aber es dürfte sich wie mit unserem deutschen Siezen verhalten oder?
Und auch wenn ich gesprochene Beiträge höre und es dann phonetisch heisst: "Wissenschlaftler ... innen der Universität in Blablabla ist es erstmals gelungen ..." Diese Pause vor dem innen klingt jedes Mal so, als hätte sich der Sprecher verhaspelt. Sollen sie meinetwegen sagen: "Einem wissenschaftlichen Team der Universität ..." Braucht halt etwas Fantasie und Sprachkenntnis.
Tlana Isimi
Ich sag mal frei heraus: In Stellenangeboten und sachlichen oder wissenschaftlichen Artikeln und Reportagen ist eine geschlechtsneutrale Sprache sicher angebracht. In einem Roman will ich so etwas aber echt nicht lesen müssen und insbesondere keine Sternchen sehen.
Und auch wenn ich gesprochene Beiträge höre und es dann phonetisch heisst: "Wissenschlaftler ... innen der Universität in Blablabla ist es erstmals gelungen ..." Diese Pause vor dem innen klingt jedes Mal so, als hätte sich der Sprecher verhaspelt. Sollen sie meinetwegen sagen: "Einem wissenschaftlichen Team der Universität ..." Braucht halt etwas Fantasie und Sprachkenntnis.
Ich finde sowieso eine gute Alternative ein 'sächliches Plural', wenn man das so nennen kann, zu verwenden, wann immer es geht.
Studierende, Kaufleute usw. sind ja nur einige Beispiele. Und ja, das geht nicht überall. Aber an vielen Orten finde ich das recht natürlich und oft muss man Sätze auch nicht allzu krass umschreiben.
Toge si se met snibi, stâj si borso anda
Cuonos bê tû sê immi spakto
Cuonos bê tû sê vo tovo vidâ»
- Uis Elveti (von Eluveitie)
Antjenia
Tlana Isimi
"Einem wissenschaftlichen Team der Universität ..." Braucht halt etwas Fantasie und Sprachkenntnis. ...Ich finde sowieso eine gute Alternative ein 'sächliches Plural', wenn man das so nennen kann, zu verwenden, wann immer es geht.
Studierende, Kaufleute usw. sind ja nur einige Beispiele. Und ja, das geht nicht überall. Aber an vielen Orten finde ich das recht natürlich und oft muss man Sätze auch nicht allzu krass umschreiben.
Also auf die gefahr hin mich zu wiederholen. Studierende anstatt Studenten ist einfach falsch und dass Hauptproblem ist, das es die Sprache unpräziser macht. Ein Studierender, ist jemand, der etwas intesiv betrachtet und versucht daraus schlau zu werden - das muss aber nicht unbedingt ein Student sein der an einer Uni immatrikuliert ist und versucht ein Studium zu absolvieren. Und es gibt gründe, weshalb diese Unterscheidung wichtig ist.
"Das wissenschaftliche Team" sagt nichts darüber aus, wer in diesem Team ist, im Gegensatz zu die Wissenschaftler der Uni xy haben erforscht. Meine Uni sagt mittlerweise, "Forschende" - find ich unsäglich. Ein Forschender bin ich auch, wenn ich in der Tasche nach Kleingeld suche, bedeutet aber nicht, dass ich einen akademischen Grad oder sonst eine Qualifikation habe.
Bei Kaufleuten ist es natürlich vollkommen okay. Aber man sollte nicht glauben, dass man jetzt Wörter wie "Autofahrende" verbricht und dass dann irgendwie gleichwertig wäre.
btw. ich finde auch den Begriff "feministische Linguistik" voll beknackt, dass sind halt Feministen, die sich Gedanken um die Sprache gemacht haben. Ich finde den Begriff aber viel zu adelt, genauso, wie immer von der "Elite" bei genderbeführworter gesprochen wird - ganz ehrlich, dass ist auch nur ein Frame, die sie irgendwie besser dastehen lassen soll.
--- Nachtrag: Ich glaub, in entsprechend passenen Kontext, wäre der Begriff "Forschungsteam" auch okay.
GreyC86
Antjenia
Tlana Isimi
"Einem wissenschaftlichen Team der Universität ..." Braucht halt etwas Fantasie und Sprachkenntnis. ...Ich finde sowieso eine gute Alternative ein 'sächliches Plural', wenn man das so nennen kann, zu verwenden, wann immer es geht.
Studierende, Kaufleute usw. sind ja nur einige Beispiele. Und ja, das geht nicht überall. Aber an vielen Orten finde ich das recht natürlich und oft muss man Sätze auch nicht allzu krass umschreiben.Also auf die gefahr hin mich zu wiederholen. Studierende anstatt Studenten ist einfach falsch und dass Hauptproblem ist, das es die Sprache unpräziser macht. Ein Studierender, ist jemand, der etwas intesiv betrachtet und versucht daraus schlau zu werden - das muss aber nicht unbedingt ein Student sein der an einer Uni immatrikuliert ist und versucht ein Studium zu absolvieren. Und es gibt gründe, weshalb diese Unterscheidung wichtig ist.
"Das wissenschaftliche Team" sagt nichts darüber aus, wer in diesem Team ist, im Gegensatz zu die Wissenschaftler der Uni xy haben erforscht. Meine Uni sagt mittlerweise, "Forschende" - find ich unsäglich. Ein Forschender bin ich auch, wenn ich in der Tasche nach Kleingeld suche, bedeutet aber nicht, dass ich einen akademischen Grad oder sonst eine Qualifikation habe.
Bei Kaufleuten ist es natürlich vollkommen okay. Aber man sollte nicht glauben, dass man jetzt Wörter wie "Autofahrende" verbricht und dass dann irgendwie gleichwertig wäre.
btw. ich finde auch den Begriff "feministische Linguistik" voll beknackt, dass sind halt Feministen, die sich Gedanken um die Sprache gemacht haben. Ich finde den Begriff aber viel zu adelt, genauso, wie immer von der "Elite" bei genderbeführworter gesprochen wird - ganz ehrlich, dass ist auch nur ein Frame, die sie irgendwie besser dastehen lassen soll.
--- Nachtrag: Ich glaub, in entsprechend passenen Kontext, wäre der Begriff "Forschungsteam" auch okay.
Auch wenn es rein auf die Bedeutung bezogen eventuell falsch ist, macht das für mich die Verwendung noch lange nicht falsch. Ein Studium kann auch mehr sein als das Studium an einer Uni, im Alltag wird es trotzdem praktisch immer als Studium an einer Hochschule oder ähnlichen Einrichtigungen verwendet.
Grundsätzlich läuft das Studium ja auf den Gedanken hinaus, dass man dort "etwas intesiv betrachtet und versucht daraus schlau zu werden". Warum dürfen dann alle Studenten (und Studentinnen :-D) nicht als Studierende bezeichnet werden?
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- Uis Elveti (von Eluveitie)
Davon abgesehen sträubt sich in mir gerade alles gegen die Aussage, es sei "einfach falsch". In einer Sprache ist nie irgendetwas einfach falsch, Sprache folgt keinen universellen Regeln, und es ist nun wirklich keine sonderlich neuartige Erfindung, dass einzelne Begriffe und grammatische Strukturen mit mehr als einer Bedeutung belegt sind. Davon abgesehen ist gerade das Partizip Präsens allgemein sprachhistorisch betrachtet eine Konstruktion, die unglaublich viel ausdrücken kann. Wenn wir wieder die Studierenden nehmen und in die Sprache gehen, aus der das Wort eigentlich überhaupt kommt: Wenn man in einem lateinischen Text rex studens liest, dann kann man das natürlich erstmal als "der studierende König" übersetzen, eleganter ist aber häufig eine Übersetzung als Relativsatz: "der König, der studiert". Jetzt kann's natürlich abhängig vom Kontext sein, dass der König jetzt gerade irgendetwas genauestens betrachtet. Genauso gut kann es aber sein, dass der König sich in einer entsprechenden Institution fortbildet. Die lateinische Konstruktion lässt das offen, und genauso tut es in Wirklichkeit die deutsche. Der Unterschied ist bloß, dass wir im Deutschen die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten des Partizips Präsens nicht nutzen, weil wir anscheinend lieber in Relativsätzen sprechen. Deswegen lösen sich die anderen Verwendungsmöglichkeiten aber nicht in Luft auf, sie sind trotzdem da, und wenn man eine passende Möglichkeit findet, kann man sie nutzen. Und genau so eine Möglichkeit haben wir hier. Die alleinstehende Substantivierung des Partizips Präsens ist im Fall des Genderns einfach eine Verkürzung von "die studierende Person" oder "die Person, die studiert". Und gerade in letzterer Phrase sollte die Doppelbedeutung mit "Person, die jetzt gerade etwas intensiv betrachtet" und "Person, die an einer Hochschule immatrikuliert ist" offensichtlich sein.
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Funkensee
Man kann Menschen auch zutrauen, Dinge aus dem Kontext zu lesen. Wenn von Studierenden an einer Universität gesprochen wird, ist ja wohl klar, was gemeint ist.
Und warum ist dann, wenn generell von "Studenten" die Rede ist, nicht ebenso klar, was gemeint ist?
Ich hab in meinem Leben vermutlich noch nie ausschließlich männliche Studenten gemeint, wenn ich den Begriff verwendet habe.
Ich hab kein Problem damit ein sperriges "Studierende" zu verwenden, aber das Argument "das kann man ja wohl aus dem Kontext erkennen" ist in meinen Augen absolut keins, wenn es gerade um diese Diskussion geht.
Ken
Funkensee
Man kann Menschen auch zutrauen, Dinge aus dem Kontext zu lesen. Wenn von Studierenden an einer Universität gesprochen wird, ist ja wohl klar, was gemeint ist.Und warum ist dann, wenn generell von "Studenten" die Rede ist, nicht ebenso klar, was gemeint ist?
Ich hab in meinem Leben vermutlich noch nie ausschließlich männliche Studenten gemeint, wenn ich den Begriff verwendet habe.
Ich hab kein Problem damit ein sperriges "Studierende" zu verwenden, aber das Argument "das kann man ja wohl aus dem Kontext erkennen" ist in meinen Augen absolut keins, wenn es gerade um diese Diskussion geht.
eine kleine Szene aus eigener Erfahrung, irgendwann in der fünften oder sechsten Klasse:
Wir sitzen im Unterricht, keine Ahnung mehr, was es war. Tag nach dem Elternsprechtag, für den einiges umgeräumt wurde. Eine andere Lehrerin betritt den Klassenraum und sagt an den unterrichtenden Lehrer gewandt: "Kann ich mir ein paar Schüler ausborgen, um die Sessel wieder in die Klassen zu tragen?" (ungefährer Wortlaut). Wir freuen uns, dem Unterricht zu entkommen und einige springen auf, Jungen wie Mädchen. Darauf die Lehrerin abwehrend: "Nein nein, bitte nur die Buben."
Das war die erste solche Situation, die mir bewusst im Gedächtnis geblieben ist, und sie hat sich in meiner Schullaufbahn dann noch einige Male so ähnlich wiederholt. Genauso missverständlich ist es, und im Endeffekt der Grund, warum es sowas wie ein generisches Maskulin eigentlich nicht gibt, wenn von Dingen im historischen Kontext die Rede ist, wo vieles noch geschlechtsspezifischer war, als es heute ist. Wenn man das Maskulin wirklich als generisch annehmen würde, dann müsste man konsequent von "die Studentin und der männliche Student" sprechen, bloß tut das niemand. Und ja, es ist in den Köpfen der Menschen wohl oft genug nicht klar, ob die maskuline Form jetzt nur einen Mann oder eine Person unbestimmten Geschlechts, oder auch eine Frau bezeichnet.
Nein, natürlich ist "lies es halt aus dem Kontext" kein gutes Argument, war auch eine schlechte Formulierung meinerseits. Mea culpa. Mich hat geärgert, dass Formulierungen wie "Studierende" sprachlich zu unpräzise sein sollen, obwohl es in einem potenziell missverständlichen Kontext ungefähr tausend Möglichkeiten gibt, gegebenenfalls eine andere Formulierung zu wählen, während das generische Maskulin, das, möchte ich behaupten, wesentlich häufiger zu Missverständnissen und unpräzisen Ausdrücken führen kann, in Ordnung sein soll.
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Ich stelle mir gerade folgende Frage: Ellipsen sind ja generell akzeptiert, selbst wenn es die "normale" Grammatik "verfälscht", nicht wahr?
Beispiel: "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen." Das wird als eine "korrekte" Konstruktion betrachten und verwendet, obwohl eigentlich das Prädikat fehlt. (Zwei Prädikate sogar.)
Wenn wir jetzt sagen, dass die (oder zumindest eine) geschlechtsneutrale Singularbezeichnung für Studierende "die studierende Person" ist, wäre es doch eigentlich kein so großer Schritt, daraus eine Ellipse zu machen (Menschen sind ja bekanntermaßen faul, auch beim Sprechen) und einfach "die studierende" zu sagen. Mal an alle, die mehr Ahnung von Linguistik haben, als ich: Würde das gehen?
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Funkensee
Ken
Funkensee
Man kann Menschen auch zutrauen, Dinge aus dem Kontext zu lesen. Wenn von Studierenden an einer Universität gesprochen wird, ist ja wohl klar, was gemeint ist.Und warum ist dann, wenn generell von "Studenten" die Rede ist, nicht ebenso klar, was gemeint ist?
Ich hab in meinem Leben vermutlich noch nie ausschließlich männliche Studenten gemeint, wenn ich den Begriff verwendet habe.
Ich hab kein Problem damit ein sperriges "Studierende" zu verwenden, aber das Argument "das kann man ja wohl aus dem Kontext erkennen" ist in meinen Augen absolut keins, wenn es gerade um diese Diskussion geht.eine kleine Szene aus eigener Erfahrung, irgendwann in der fünften oder sechsten Klasse:
Wir sitzen im Unterricht, keine Ahnung mehr, was es war. Tag nach dem Elternsprechtag, für den einiges umgeräumt wurde. Eine andere Lehrerin betritt den Klassenraum und sagt an den unterrichtenden Lehrer gewandt: "Kann ich mir ein paar Schüler ausborgen, um die Sessel wieder in die Klassen zu tragen?" (ungefährer Wortlaut). Wir freuen uns, dem Unterricht zu entkommen und einige springen auf, Jungen wie Mädchen. Darauf die Lehrerin abwehrend: "Nein nein, bitte nur die Buben."
Woher weißt du jetzt aber, dass sie im Kontext von Studenten/Studierenden nicht genauso mit "Kann ich mir ein paar Ihrer Studierenden ausleihen?" gekommen wäre und sich erst, nachdem auch die Damen aufspringen sich entscheidet, dass sie dann doch nur die Jungen nimmt, wenn sich da genug melden? Du nimmst es an und unterstellst damit Geschlechtertrennung.
Das sind aber doch Denkschema, von denen gerade abgerückt werden soll. Und trotzdem werden sie als Begründung dafür hergenommen, dass man ja gendern müsse. Damit man auch ja in der Lage ist, das Geschlecht einer Personengruppe bis aufs i-Tüpfelchen genau zu beschreiben. Obwohl es vollkommen egal sein sollte. Und genau das führt für mich persönlich diese ganze Gender Diskussion ad absurdum. Wir sollen Gendern für Gleichberechtigung der Geschlechter, werden am Ende aber erst recht dazu gezwungen, diese nur NOCH mehr zu unterscheiden. Was in meinen Augen zwangsläufig nicht zu einer Gleichbetrachtung führen kann.
Ich muss damit nicht mehr klarkommen. Bis das Thema mal an einem einigermaßen einsatzfähigen Punkt ist, kann ich mich zurücklehnen und auf "ich bin alt und schrullig" machen. Aber die Begründungen, mit denen das gerade so forciert wird, sind für mich persönlich einfach unglaubwürdig. Da wird auf Teufel komm raus das Geschlecht herausgestrichen und unterstellt "du meinst aber nur die Männer!!!!1Elf". Und Frauen, die das nicht so sehen, werden schief angeschaut. "Wie kannst du dich nicht unterdrückt fühlen?!"
Wie teilweise in diesen "Women at Work"-Programmen. Wo genervte Mitarbeiterinnen damit gequält werden ihre "Innere Göttin" zu finden, damit sie auch ja nicht von den männlichen Kollegen unterdrückt werden - was in der Regel eh nicht der Fall ist und wo nicht selten die Chefetage zu nicht geringem Anteil dem weiblichen Geschlecht angehört (weshalb es diese Programme da überhaupt geben kann). Ja, es gibt da sicherlich ganz schlimme Fälle von Genderungerechtigkeiten in diversen Firmen - aber die haben keine Frauenprogramme, eben weil ... dürfte klar sein.
Nein, ich will das nicht alles schlechtreden. Und ja, ich bin sehr für Gleichberechtigung in allen Bereichen (nicht nur was männlich/weiblich) betrifft. Es hat durchaus seine Begründung und es gibt noch viel zu oft Unterschiede bei Geschlecht, Herkunft, Religion, Hautfarbe, was auch immer. Aber wo soll das denn mal aufhören? Jetzt verpassen wir der Sprache auf Teufel komm raus Geschlechter, wo es nur geht, anstatt sie grundlegend neutraler zu machen, um z.B. auch "genderfluid" und "non-binär" mit einzubeziehen. Bei Hautfarben und Ethniken arbeiten wir daraufhin jeden Hinweis darauf aus unserem Wortschatz zu streichen, damit die Person als gleichwertig angesehen wird. Bei den Geschlechtern tun wir genau das Gegenteil. Ist für mich nicht logisch.
Wir schaffen (generell gesprochen) neue Wörter wie "Vorständinnen", anstatt mit einem vorgestellten "männlich/weiblich" zur Kenntnis zu nehmen und zu verinnerlichen, dass "Vorstand" geschlechtsneutral zu sein hat. Wir benutzen Krücken wie "Studierende" anstatt zu sagen "Student(en)" ist beides und "Studentin(nen)" gibt es als Wort nicht.
Für mich ist das der völlig falsche Ansatz um das Denken der Menschen dahin zu lenken, dass es vollkommen egal ist ob jemand männlich, weiblich, non-binär, divers, genderfluid, was-auch-immer ist (sorry, ich hab keine Ahnung, was es inzwischen alles gibt, das ist nicht abwertend gemeint). Etwas komplizierter zu machen, hat doch noch nie dazu geführt, dass es von den Menschen schneller akzeptiert und verinnerlicht wurde.
Ken
Woher weißt du jetzt aber, dass sie im Kontext von Studenten/Studierenden nicht genauso mit "Kann ich mir ein paar Ihrer Studierenden ausleihen?" gekommen wäre und sich erst, nachdem auch die Damen aufspringen sich entscheidet, dass sie dann doch nur die Jungen nimmt, wenn sich da genug melden? Du nimmst es an und unterstellst damit Geschlechtertrennung.
Weil Tonfall und Wortlaut es impliziert haben, das ist hier schriftlich und mit einigen Jahren Abstand nicht gut wiederzugeben. Aber es war am Ton klar erkennbar, dass sie von Anfang an nur die Jungen meinte und genervt war, weil wir uns mitgemeint gefühlt haben.
Mit dem Rest des Posts rennst du zumindest bei mir weitgehend offene Türen ein. Wenn wir heute beschließen, dass es nur mehr einen sächlichen Artikel und eine einheitliche Endung gibt, und das Geschlecht durch zusätzliche Wörter beschrieben werden muss, wenn es denn notwendig ist, bin ich sofort dabei. Ich hab es sowohl hier als auch an anderen Stellen, als das Thema aufgekommen ist, schon geschrieben – mich kotzt diese Geschlechtertrennung in der Sprache massiv an. Ich bin ja schon froh, ehrlich gesagt, dass wir wenigstens an Nachnamen bei Frauen ein -in mehr anhängen.
Der Punkt, an dem wir uns nicht einig sind ist der, dass ich der Meinung bin, dass der Weg, Sprache weniger geschlechtsbetont zu gestalten, eben nicht das generische Maskulin ist. Ich hab es in einem anderen Post hier schon geschrieben, daher erlaube ich mir mal, den entsprechenden Teil hier reinzukopieren:
"Der Lehrer" fungiert gleichzeitig als geschlechtsunspezifischer Übergriff und als geschlechtspezifisches Maskulin. Heißt, die weibliche Form wird immer zum markierten Anderen, und im Kontext kulturtheoretischer Überlegungen von z.B. Foucault und Beavoir können wir uns jetzt überlegen, weshalb denn eigentlich aus historischer und gesellschaftlicher Perspektive das Weibliche das ist, das als das Andere markiert wird. Sprache ist nicht ohne Implikationen, egal wie hartnäckig man das wegzuleugnen versucht.
Für mich ist das der springende Punkt, warum das generische Maskulin als Instrument, Sprache geschleuchtsneutral zu gestalten, nicht taugt. Die Formen mit Gendersternchen, Binnen-I und Doppelpunkt sind auch keine idealen Instrumente; ich würde sie mehr als Zwischenschritt hin zu wirklich neutralen Formen betrachten. Ich weiß nur nicht, ob wir dafür schon bereit sind, blöd gesagt. Wenn sie "Student" hören, denken viele der Probanden in entsprechenden Studien exklusiv an einen männlichen Studenten; wenn sie "Studierende" hören, ist das Verhältnis, ob an eine männliche oder weibliche Person gedacht wird, ausgeglichener. Das ist nicht ideal, das Ziel sollte ja schließlich sein, dass man an eine Person denkt, ohne überhaupt ein bestimmtes Geschlecht im Kopf zu haben. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Vorstellungen von Männern und Vorstellungen von Frauen ist aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, von dem aus man dann weitergehen kann, wenn die Zeit reif ist.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
The question is not, Can they reason?, nor Can they talk? but, Can they suffer?
- Jeremy Bentham
Funkensee
Ken
Funkensee
Man kann Menschen auch zutrauen, Dinge aus dem Kontext zu lesen. Wenn von Studierenden an einer Universität gesprochen wird, ist ja wohl klar, was gemeint ist.Und warum ist dann, wenn generell von "Studenten" die Rede ist, nicht ebenso klar, was gemeint ist?
Ich hab in meinem Leben vermutlich noch nie ausschließlich männliche Studenten gemeint, wenn ich den Begriff verwendet habe.
Ich hab kein Problem damit ein sperriges "Studierende" zu verwenden, aber das Argument "das kann man ja wohl aus dem Kontext erkennen" ist in meinen Augen absolut keins, wenn es gerade um diese Diskussion geht.eine kleine Szene aus eigener Erfahrung, irgendwann in der fünften oder sechsten Klasse:
Wir sitzen im Unterricht, keine Ahnung mehr, was es war. Tag nach dem Elternsprechtag, für den einiges umgeräumt wurde. Eine andere Lehrerin betritt den Klassenraum und sagt an den unterrichtenden Lehrer gewandt: "Kann ich mir ein paar Schüler ausborgen, um die Sessel wieder in die Klassen zu tragen?" (ungefährer Wortlaut). Wir freuen uns, dem Unterricht zu entkommen und einige springen auf, Jungen wie Mädchen. Darauf die Lehrerin abwehrend: "Nein nein, bitte nur die Buben."
Das war die erste solche Situation, die mir bewusst im Gedächtnis geblieben ist, und sie hat sich in meiner Schullaufbahn dann noch einige Male so ähnlich wiederholt. Genauso missverständlich ist es, und im Endeffekt der Grund, warum es sowas wie ein generisches Maskulin eigentlich nicht gibt, wenn von Dingen im historischen Kontext die Rede ist, wo vieles noch geschlechtsspezifischer war, als es heute ist. Wenn man das Maskulin wirklich als generisch annehmen würde, dann müsste man konsequent von "die Studentin und der männliche Student" sprechen, bloß tut das niemand. Und ja, es ist in den Köpfen der Menschen wohl oft genug nicht klar, ob die maskuline Form jetzt nur einen Mann oder eine Person unbestimmten Geschlechts, oder auch eine Frau bezeichnet.
Nein, natürlich ist "lies es halt aus dem Kontext" kein gutes Argument, war auch eine schlechte Formulierung meinerseits. Mea culpa. Mich hat geärgert, dass Formulierungen wie "Studierende" sprachlich zu unpräzise sein sollen, obwohl es in einem potenziell missverständlichen Kontext ungefähr tausend Möglichkeiten gibt, gegebenenfalls eine andere Formulierung zu wählen, während das generische Maskulin, das, möchte ich behaupten, wesentlich häufiger zu Missverständnissen und unpräzisen Ausdrücken führen kann, in Ordnung sein soll.
Naja, das generische Maskulinum ist halt auch die verbreiteste Form, natürlich werden dementsprechend mehr Fehler gemacht. Wenn man deine Szene betrachtet hat deine Lehrerin sich auch missverständlich ausgedrückt. Sie hätte nach männlichen Schülern fragen müssen. Das generische Maskulinum lebt halt auch davon, dass aus dem Kontext ersichtlich ist, wer gemeint ist. Zudem gibtst du ja auch zu, dass du sexistisch geprägt wurdes, dass generische Maskulinum falsch zu verstehen, das bedeutet aber nicht, dass das generische Maskulinum falsch ist. Es ist viel mehr, dass viele durch den extensiven Einsatz der der weiblichen Sondernform ein falsches Bild vermittelt wird.
Ich gebe an diese Stelle übrigens zu, dass ich auch das "Studierende" ablehne, weil es mit dem Gendern zu tun hat und weil man es nur biegt, um des biegens willen. (weibliche &/o männliche &/o ...) Studenten werde halt eineindeutig und müsste in keinem Kontext stehen. Ganz davon ab, dass man "Studierende" auch beginnt, als allgemein Begriff zu benutzen und auch ohne es in den Kontext zu stellen, "weil, dass versteht sich ja" - ein beispiel wie halt Sprache zur vereinfachung neigt.
Und nein, das generische Maskulinum, ist nicht unbedingt /immer vom historischen Kontext geprägt. Es ist ein ziemlich komisches Bild dass vom Rollenbild des letzten Generationen geprägt wird, dass immer behauptet wird, Frauen hätten nie gearbeitet und wenn dann maximal im Haushalt. Und ja, nicht in allen Berufen. Ich habe aber eben mal gegoggelt: Frauen haben immer schon viel in der Textilherstellung gearbeitet (Schneider, Putzmacher, Näher, Kirschner, ... ) und wohl auch oft im Handel, als Krämer - in Hamburg von Frauen wohl sogar dominiert - trotzdem haben diese Berufe eine generische Maskuline Form, wie auch alle anderen Formen, die eine aufführende Handlung beschreiben. Aber es würde halt auch niemand auf die Idee kommen, zu behaupten dass sämtliche Handlungen in unseren Leben irgendwann in der Geschichte allein von Männern ausgeführt wurden.
Funkensee
Der Punkt, an dem wir uns nicht einig sind ist der, dass ich der Meinung bin, dass der Weg, Sprache weniger geschlechtsbetont zu gestalten, eben nicht das generische Maskulin ist.
Das "Problem" ist aber, dass es nur deshalb zum Maskulinum wird, weil es eine weibliche Form überhaupt gibt. Andernfalls wäre es nämlich kein Maskulinum, sondern grundsätzlich neutral (beweisen ja genug andere Sprachen).
"Ein Lehrer" kann nur als männlich empfunden werden, so lange es "Lehrerin" überhaupt gibt. Die Einführung von weiblichen Formen ist es also, was das generische Maskulinum überhaupt als solches schafft. Es widersprebt mir deshalb aus rein logischen Gründen, weitere weibliche Formen für Begriffe einzuführen, nur weil jemand behauptet, das wäre jetzt aber eine männliche Form - idR ja nur deshalb, weil ein männlicher Artikel davor steht. Natürlich gibt es da Ausnahmen, in denen ein definitiv geschlechtspezifischer Begriff explizit vorkommt, wie "Feuerwehrmann" oder "Krankenschwester". Das sind Begriffe, die in diesem Kontext tatsächlich einer Änderung bedürfen. Aber "Student" ist nur deshalb männlich, weil der Begriff "Studentin" irgendwann eingeführt wurde, um das Geschlecht explizit zu betonen.
Natürlich kann man in Ausnahmen auch für andere Fälle "neutrale" Begriffe wählen und verlangen, dass die Gesellschaft doch jetzt bitte die verwenden soll. Ob das jetzt wirklich besser und schneller zum Ziel führt, als zu sagen "Es ist sexistisch, wenn du extra betonst, dass jemand weiblich ist, lass das sein, das Wort solltest du nicht verwenden", weiß ich nicht. Wie gesagt ... in der ganzen Ethnik-Diskussion geht man da gefühlt den umgekehrten Weg und glaubt damit das Richtige zu tun.
Ken
Funkensee
Der Punkt, an dem wir uns nicht einig sind ist der, dass ich der Meinung bin, dass der Weg, Sprache weniger geschlechtsbetont zu gestalten, eben nicht das generische Maskulin ist.
Das "Problem" ist aber, dass es nur deshalb zum Maskulinum wird, weil es eine weibliche Form überhaupt gibt. Andernfalls wäre es nämlich kein Maskulinum, sondern grundsätzlich sächlich (beweisen ja genug andere Sprachen).
Ja, genau das ist es ja. Generisch wäre es, wenn ich sage, zum Beispiel: "Lehrer" ist der Überbegriff, und wenn eine Konkretisierung des Geschlechts notwendig ist, dann sage ich "männlicher Lehrer" und "weiblicher Lehrer". In dem Moment, wo ich aber "Lehrer" und "Lehrerin" habe, oder "Lehrer" und "weiblicher Lehrer", und "Lehrer" gleichzeitig die übergeordnete Form und die spezifisch männliche Form ist, funktioniert es nicht mehr. So läuft es aber jetzt gerade, es gibt den Begriff "Lehrerin" und wir müssen irgendwas damit tun. Entweder, wir streichen ihn und am besten gleich das ganze Genussystem, was mMn die einfachste Lösung wäre, oder wir nennen ihn neben der maskulinen Form, um es zumindest irgendwie neutraler zu machen. Denn jetzt in der aktuellen Form ist "Lehrer" einfach nicht neutral.
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Funkensee
Ken
Funkensee
Der Punkt, an dem wir uns nicht einig sind ist der, dass ich der Meinung bin, dass der Weg, Sprache weniger geschlechtsbetont zu gestalten, eben nicht das generische Maskulin ist.
Das "Problem" ist aber, dass es nur deshalb zum Maskulinum wird, weil es eine weibliche Form überhaupt gibt. Andernfalls wäre es nämlich kein Maskulinum, sondern grundsätzlich sächlich (beweisen ja genug andere Sprachen).
Ja, genau das ist es ja. Generisch wäre es, wenn ich sage, zum Beispiel: "Lehrer" ist der Überbegriff, und wenn eine Konkretisierung des Geschlechts notwendig ist, dann sage ich "männlicher Lehrer" und "weiblicher Lehrer". In dem Moment, wo ich aber "Lehrer" und "Lehrerin" habe, oder "Lehrer" und "weiblicher Lehrer", und "Lehrer" gleichzeitig die übergeordnete Form und die spezifisch männliche Form ist, funktioniert es nicht mehr. So läuft es aber jetzt gerade, es gibt den Begriff "Lehrerin" und wir müssen irgendwas damit tun. Entweder, wir streichen ihn und am besten gleich das ganze Genussystem, was mMn die einfachste Lösung wäre, oder wir nennen ihn neben der maskulinen Form, um es zumindest irgendwie neutraler zu machen. Denn jetzt in der aktuellen Form ist "Lehrer" einfach nicht neutral.
Genau. Und ich wäre halt für streichen, weil das anderweitig ja auch so gehandhabt wird ;-) Ne*** darf man nicht mehr sagen, weil es negativ belegt und rassistisch ist. Dann sollte man eben (auch wenn das im ersten Moment komisch erscheint) auch nicht "Lehrerin" sagen dürfen, weil das sexistisch belegt ist. Mag im ersten Moment merkwürdig erscheinen, aber vor 30 Jahren haben sich die meisten bei Ne*** auch nix bei gedacht gehabt und heute ist es vollkommen normal, dass man den Begriff nicht verwendet.
Wie gesagt ... ich befürchte bei allem, was da momentan diskutiert und überlegt wird, wie man es machen kann, wird am Ende alles nur "komplizierter" und das führt halt generell eher schlechter zu Akzeptanz, als wenn man etwas streicht und den Leuten (überspitzt gesagt) klar macht: "Wenn du das Wort verwendest, bist du ein Arsch, also lass es sein".
Ich rechne aber ehrlich gesagt nicht mehr zu meinen Lebzeiten damit, dass sich die deutsche Sprache so verändern wird, dass das möglich ist ;-) dafür lieben wir unser der/die/das Fiasko offenbar zu sehr ;-P
Ken
... Wie gesagt ... in der ganzen Ethnik-Diskussion geht man da gefühlt den umgekehrten Weg und glaubt damit das Richtige zu tun.
Eben witzigerweise auch nur Teilweise. Das N-Wort ist (zurecht) verpöhnt, weil man es aufgrund seines historischen Kontextes nicht "nett" verwenden kann. Trotzdem behaupten die Medien dass weiß, schwarz und dass farbig /Couleur in PoC ja jetzt alle neue Bedeutungen haben, die frei von ihrem historischen Kontext zu verwenden wären.
^^° Ansonsten glaube ich, dass wir drei uns zu 80-90% einig sind, was das gendern betrifft.
Nein, ich bin auch nicht unbedingt glücklich mit aktuellen Variationen des Genderns, ich halte es nur, wie gesagt, für das aktuell geringere Übel. Die Befürchtung, dass alles nur immens verkompliziert wird, verstehe ich aber und habe ich selbst auch.
Ich hoffe sehr, dass sich ein Ausfall des Genussystems irgendwann durchsetzt, damit tut man allen nur einen Gefallen. Gender-Problematik ist weg und Deutschlernende haben's auch einfacher. Ich erinnere mich gut an einen englischen Bekannten vor einigen Jahren, der ein bisschen Deutsch lernen wollte und irgendwann voller Verzweiflung sagte: "Der Becher? Die Tasse? Das Glas? Warum?"
EDIT: ein kurzer Zusatz, damit das nicht verloren geht: Es ist in bestimmten Kontexten immer noch wichtig, Begriffe zu haben, um auf ein bestimmtes Geschlecht/eine bestimmte Hautfarbe/eine bestimmte Sexualität referieren zu können, weil wir gesellschaftlich leider noch nicht so weit sind, als dass diese Unterscheidungen im Alltag völlig irrelevant geworden wären. Wir haben immer noch zu viele -ismen und es muss die sprachlichen Strukturen geben, um selbige ansprechen zu können, und in gewissen Kontexten werden die jeweiligen Unterscheidungen immer relevant sein; wir sollten bloß lernen, eine Unterscheidung auch wirklich nur dann zu treffen, wenn sie notwendig ist.
Those who forget the past are doomed to repeat it.
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- Jeremy Bentham