Liebe Kritiker,
ich habe bislang nur im Bereich Fanfiktion geschrieben, wo sowohl viele der Charaktere als auch die Welt schon praktisch von jemandem anderes entwickelt worden war. Nun habe ich einen alten Text von mir ausgegraben ( von ca. 2004), wo ich mich am Beginn einer Freien Arbeit versucht hatte. Ich ringe noch mit mir selbst, ob ich mich da wieder dransetzen soll, oder lieber bei Fanfiktion bleibe. Daher werfe ich jetzt einfach mal den Anfang (Prolog und Anfang des ersten Kapitels) in den Ring der erfahrenen Autoren.
Meine Hauptbedenken sind folgende:
A: Ich beginne genau so, wie man nicht beginnen soll: Mit einem Prolog, in dem überhaupt nicht erklärt wird, wer wer ist. Beide Identitäten möchte ich zu diesem Zeitpunkt noch geheim halten. Daher meine Frage: Ist das überhaupt sinnvoll? Oder verleitet der Prolog gleich wieder zum Weglegen der Geschichte?
B: Ich gebe zu Beginn recht wenig Information darüber, wo oder wann die Geschichte überhaupt spielt. Jeder Versuch, Informationen diesbezüglich einfließen zu lassen, resultierte in einem holprigen Lesefluss. Kann man der Geschichte auch ohne diese Informationen einigermaßen folgen oder sollte ich das erste Kapitel umbauen?
C: Im ersten Kapitel befindet sich eine etwas längere Passage, die erklärt, wie der Protagonist dorthin gelangt ist, wo die Geschichte beginnt. Sie ist im Plusquamperfekt gehalten und liest sich daher meiner Ansicht nach etwas hölzern. Mir fiel jedoch keine andere Möglichkeit ein, um nicht noch mehr Information ungesagt zu lassen. Auch hierzu würde mich eine kritische Meinung sehr interessieren.
Ich bedanke mich schon einmal ganz herzlich für Eure Mühe.
LG Dahkur
Textauszug:
RANDZONE
Prolog
Die Welt war schwarz, sie war es hier unten immer gewesen. Doch nur für diejenigen, die sich in ihr bewegten, ohne für sie geboren worden zu sein. Was dem menschlichen Auge wie eine undurchdringliche Barriere erschien, erschloss sich den eigentlichen Bewohnern durch Ortung, Elektrizität und Fluoreszenz als bizarre Schönheit. Nur diejenigen, die sich naiv auf ihre Augen verließen, waren hier verloren.
Er hatte bald gelernt, der trügerischen Sicht nicht allzu sehr zu vertrauen. Es war erstaunlich, wie rasch er sich den Lebensbedingungen hier unten angepasst hatte. Es war, als ob jede Faser seines Körpers sich an ein früheres Leben zurückerinnerte. Hier war Frieden, hier war sein Reich. Hier gab es niemanden, der ihn piekste und stach, niemanden, der ihn mit viel zu hellem Licht blendete und ihn in eine Umgebung sperrte, die auf allen Seiten mit durchsichtigen Barrieren begrenzt war. Hier war er der König seines Reiches, hier wurde ihm der Respekt entgegengebracht, der ihm gebührte. Die Respektlosen und Unvorsichtigen ereilte ein Schicksal, dass diese nicht ihren Nachkommen vermitteln konnten.
Er regte sich träge und erzeugte dabei einen schwachen Druckanstieg dort, wo das Wasser von seinen Gliedern kurzeitig gegen die Höhlenwand gepresst wurde. Seine sensiblen Sensoren nahmen diesen kaum merklichen Druckunterschied wahr, um ihn zur Navigation im Dunkeln zu verwenden. Seine Gedanken hatten ihm Hunger bereitet. Es war an der Zeit, sich draußen umzusehen, wer heute wieder unvorsichtig genug sein würde, seinen Weg zu kreuzen. Wenn er Pech hatte, stand ihm eine lange Jagd bevor. Die Fische waren zurückhaltender geworden – zumindest diejenigen, die nicht bereits seinen Magen gefüllt hatten. Es würde bald Zeit werden weiterzuziehen, in eine Umgebung, in der man ihn noch nicht kannte.
Er hielt inne. Eine leichte Druckschwankung erreichte seine empfindlichen Schläfensensoren und teilte ihm mit, dass vor der Höhle etwas vorbeischwamm. Den Signalen nach musste es eine ansehnliche Größe besitzen. Ein Festmahl! Er wartete, bis die Druckschwankung an seiner Höhle vorbeigezogen war, dann glitt er beinahe lautlos hinaus. Als er das offene Wasser erreichte, wurde er noch eines weiteren Signals gewahr. Das Wesen verströmte einen zarten Duft, der seine Aufmerksamkeit erregte. Das war noch besser als die nächste Mahlzeit. Was da vor ihm das Wasser durchschnitt, musste ein Taucher sein. Der kleine Lichtkegel, der sich am vorderen Ende des Wesens befand, zeugte vom hoffnungslosen Versuch, die Undurchdringlichkeit der Tiefe den menschlichen Sinnen anzupassen.
Neue Erregung ließ seinen Körper erbeben. Das versprach eine höchst interessante Jagd zu werden. Er wusste, dass er schneller als ein menschlicher Taucher war, daher brauchte er sich nicht mehr vorsichtig zu bewegen. Er wollte, dass sein Opfer von ihm wusste, er wollte die Angst sehen. So tauchte er ab, durchpflügte das Wasser wenige Zentimeter über dem Meeresboden, und stieg dann wieder senkrecht nach oben.
Der Taucher hielt sofort inne, versuchte, sich zurückzubewegen und brachte seine Harpune in Anschlag. Doch die Bewegungen des potentiellen Opfers waren zu langsam. Er war bereits wieder aus der Schusslinie abgetaucht, als der Pfeil das Wasser durchpflügte. Ein paar Mal spielte er auf diese Weise mit dem Taucher, jedes Mal entging er den Versuchen, ihn zu erlegen oder wenigstens zu verletzen. Als es dem Taucher bewusst wurde, dass der Vorteil auf Seiten des Angreifers lag, versuchte das menschliche Wesen die Flucht zu ergreifen. Er setzte ihm nach. Der Taucher war schnell und wendig, das musste man ihm lassen, doch er konnte ihm auf längere Sicht nicht entkommen.
Schließlich streckte er seine Tentakel nach der fliehenden Beute aus und wand sie genüsslich langsam um Körper und Gliedmaßen. Der Taucher wehrte sich verzweifelt und es gelang dem menschlichen Wesen ein paar Mal, sich teilweise zu befreien, doch am Ende zog er es triumphierend zu sich heran.
1. Zwei Welten treffen aufeinander
Adrian Van Doorn war sich der Blicke wohl bewusst, die er auf sich zog. Er hielt seine Tasche wie einen Schutzschild vor dem Körper fest. Zwar war ihm klar, dass er dadurch noch auffälliger wirkte, aber er konnte sich dieser automatischen Reaktion einfach nicht erwehren.
Die Ankunft auf der Station war bereits schlimm genug gewesen, aber diese Einrichtung, die sich so irreführend Omas Küche nannte, ließ die Erinnerung an die raue Eingangsabfertigung und an das unhöfliche Personal am Informationsdesk verblassen. Bisher war ihm hier noch nicht ein Mensch begegnet, dem er den Rücken zuwenden würde, ohne sich immer wieder umzudrehen und nachzusehen, ob sich auch wirklich niemand an seinen Manteltaschen vergriff.
Was hatte er sich bloß dabei gedacht, sich auf diese Anzeige zu melden? Noch nie zuvor hatte er sich in einer solchen Umgebung befunden. Wenn ihn sein neuer Arbeitgeber hierher bestellte, dann konnte er sich lebhaft ausmalen, was für ein Kaliber der war. Der Gedanke daran, einfach wieder umzukehren, wurde immer verlockender.
Adrian drückte die Tasche fester vor seine Brust und versuchte sich zusammenzunehmen. Falls er jetzt von hier verschwand, bevor er überhaupt nur mit dem Captain gesprochen hatte, dann war das schlicht und ergreifend eine feige Flucht. Er konnte sich lebhaft die Kommentare seiner wissenschaftlichen Kollegen vorstellen, wenn er wieder ans Institut zurückkehren sollte. Sie hatten ihn ohnehin schon für verrückt und reichlich naiv gehalten, als er geäußert hatte, dass er Abenteuer in den Randzonen erleben wollte. Adrian stammte aus einem wohlhabenden und einflussreichen Elternhaus und hatte sowohl sein medizinisches als auch sein meeresbiologisches Studium unter den zwei Prozent Besten seines Jahrgangs abgeschlossen. Mit dieser Voraussetzung standen ihm quasi alle Türen offen. Mit ein wenig Fleiß, an dem es Adrian Van Doorn ohnehin nicht mangelte, konnte er es sich in ein paar Jahren in einem breiten Ledersessel in einer der oberen Etagen bequem machen. Aber da war noch der Junge in ihm, der Abenteuerromane verschlungen hatte, und dessen Herz sich sowohl nach wissenschaftlicher Erkenntnis als auch nach dem Unbekannten sehnte. Und dieser Junge hatte sich auch durch das langwierige Studium und den Tausch jeglicher Freizeit gegen lange Stunden in Hörsälen und über Büchern gebeugt nicht zum Schweigen bringen lassen. Ganz im Gegenteil: Adrian hatte es genau fünf Monate als junger Arzt in einem hervorragenden Chirurgenteam ausgehalten, als ihm durch Zufall diese Anzeige in die Hände gefallen war. Ein Kollege, der sich hobbymäßig für Schatzsuche interessierte, hatte einen Haufen sehr skurriler Magazine abonniert. In einer Mittagspause hatte Adrian eines davon aufgenommen und darin herumgeblättert. Schon nach den ersten paar Seiten mit Artikeln von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt über alte Piratenschätze und neue Helden hatte sich der kleine Junge wieder gemeldet. Während der Arzt Adrian das Magazin eigentlich zurücklegen wollte, hatte der Junge es mit Begeisterung verschlungen, bis hin zu den Seiten mit kleinstgedruckten Anzeigen. Und da war es gewesen: Ein gewisser Duncan Drake suchte einen Arzt für seinen Frachter. Es hatte eine Warnung dabei gestanden, dass es kein einfacher Job sei und dass es sich um einen Randzonenfrachter handelte, der oft außerhalb der vielbefahrenen Routen unterwegs war. Es war auch die Rede von möglichen Zwischenfällen mit den Xenobioten gewesen. Bevor er Zeit genug hatte, wieder zur Vernunft zu kommen, hatte Adrian sich an einen Computer gesetzt und eine Mail an die angegebene Adresse gesendet. Nicht einmal ein halber Tag war vergangen, bis er Antwort erhalten hatte. Drake befand sich für ein paar Tage auf der Orabona-Station und wollte dort auf ihn warten, wenn er sich wirklich sicher sei, dass dieses Leben etwas für ihn wäre.
Adrian hatte sofort seinen Chef informiert, sich ein paar Tage Sonderurlaub erbeten und den nächsten Transfer nach Orabona gebucht. Seine Kollegen hatten ihn für durchgeknallt erklärt, und das Theater, das seine Mutter gemacht hatte, wollte er sich erst gar nicht ins Gedächtnis zurückrufen. Im Endeffekt war es die Erinnerung an ihr Gezeter, welches ihn in Omas Küche auf Orabona ausharren ließ. Das triumphierende Gesicht wollte er nicht sehen, wenn er unverrichteter Dinge zurückgeschlichen kam. Er hatte seine Stelle nicht gekündigt, er konnte immer noch umkehren, wenn Drake ihm nicht zusagte. Aber dann würde er es mit der Gewissheit tun, es versucht zu haben.
Adrian Van Doorn war sich des Getuschels um ihn herum sehr wohl bewusst, auch wenn er vorgab taub zu sein. Mit seiner Bügelfaltenhose, dem weißen Hemd, dem Jackett, der Hornbrille und dem ordentlich frisierten Haar stach er in dieser Umgebung genauso hervor, als wenn er mit einem leuchtenden Pfeil markiert wäre. Und er war sich ebenfalls bewusst, dass er in Großbuchstaben leichte Beute quer über seine Erscheinung geschrieben hatte.
Immer noch die Tasche umklammernd bahnte er sich den Weg zur Theke. Der Barkeeper beäugte ihn misstrauisch, während er sich näherte.
„Was soll’s denn sein, der Herr?“, fragte der ihn mit unüberhörbar spöttischem Unterton.
Gute Frage. Adrian hatte zwei Studiengänge gleichzeitig belegt und hatte sich nie an den abendlichen Kneipentouren seiner Kommilitonen beteiligt. Seine Kenntnis von alkoholischen Getränken, die vielleicht angesagt waren, war streng begrenzt – und eine innere Stimme warnte ihn davor, hier ein Glas Wasser zu bestellen, wenn er nicht auf der Stelle unter Räuber fallen wollte. Er schätzte, dass er mit einem Bier nie falsch liegen konnte, und so bestellte er es, obwohl er sich nicht erinnern konnte, ob er es mochte. Er trank selten Alkohol, und wenn, dann die teuren und vorzüglichen Weine, die in seinem Elternhaus zum Abendessen gereicht wurden.
[... Fortsetzung wegen Länge in post 2 ...]
[...Fortsetzung]
Der Barkeeper brummte etwas und wandte sich zu einem Zapfhahn. Kurz darauf hatte Adrian ein Glas mit einer trüben Flüssigkeit vor sich stehen. Das Gebräu wirkte nicht wirklich vertrauenserweckend. Dennoch zahlte er den genannten Preis, der unter Garantie überteuert war. Man sah es ihm ohne Frage an, dass er Geld besaß ... auch ein schlechter Umstand. Innerlich verfluchte er sich, dass er sich nicht besser vorbereitet hatte. In seinen Abenteuerromanen waren die Helden und Schatzsucher immer schillernde Persönlichkeiten gewesen – manchmal rau im Umgang, aber im Herzen stets großmütig. Irgendjemand hätte ihm wahrlich sagen können, dass die Realität anders aussah. Niemand, den er bisher in seinem Leben von Universität, Institut und Elternhaus gesehen hatte, hatte auch nur halb so gefährlich gewirkt, wie die harmloseste Person in diesem Raum. Sein bisheriges Leben hatte ihn schlicht und ergreifend nicht hierauf vorbereitet. Doch als er einen Schluck des Biers nahm, hörte er auf sich zu verfluchen und verwünschte stattdessen den Barkeeper – jedoch lediglich in Gedanken. Nach außen hin versuchte er krampfhaft einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren. Das Gebräu schmeckte widerlich. Adrian wäre jede Wette eingegangen, dass es nicht das war, was der Typ seinen normalen Gästen als Bier ausschenkte. Er konnte sehen, dass der Barkeeper ihn aus den Augenwinkeln beobachtete und auf eine entsprechende Reaktion wartete. Er wollte verdammt sein, wenn er sie ihm gönnte. Die Arzttasche, die er bei sich trug, enthielt ein gutes Mittel gegen Übelkeit ...
„Na, alles klar?“
Adrian wandte den Kopf. Neben ihm saß ein Mann, der bei seinem Lächeln ziemlich schlechte Zähne entblößte. Er war offenkundig in den kleinen Scherz des Barkeepers eingeweiht. Adrian rümpfte kaum merklich die Nase, als ihm der Atem entgegenwehte: Mundgeruch der übelsten Sorte.
„Ja, alles bestens“, brachte er hervor. Wenn es sich bei Captain Duncan Drake ebenfalls um so eine Erscheinung handelte, dann war er schneller von dieser Station fort, als irgendjemand blinzeln konnte. Sollten sie ihn snobistisch nennen, aber die Gegenwart einer solchen Type hielt er nicht aus. Ein erschreckender Gedanke durchfuhr ihn. Was war, wenn es sich bei dem Kerl neben ihm um Captain Drake handelte? Er hatte kein Bild seines potentiellen Arbeitgebers, und wenn er jetzt darüber nachdachte – was er bisher offensichtlich noch nicht getan hatte – hatte er auch keine genaue Vorstellung davon, wie sie sich hier treffen sollten. Hatte er ein Photo von sich geschickt? Er war sich nicht sicher. Gehörte zu der Standard-Arbeitsmappe, die er zu Bewerbungen schickte, ein Photo? Oder hatte er das in einer anderen Datei abgespeichert? Oh Mann! Er hatte wahrlich vollkommen kopflos gehandelt.
„Was macht denn so’n feiner Herr wie du in Orabona?“, wollte der Kerl neben ihm wissen. Er wirkte, als ob er jede Information, die er erhalten konnte, sorgfältig abspeichern würde, um sie später wieder zu verwenden. Arbeiteten so Piraten? Adrian wusste nicht, ob er paranoid wurde, aber er hatte den Eindruck, dass er gar nicht vorsichtig genug sein konnte.
„Ich bin kein feiner Herr“, erklärte er vorsichtig. „Ich trage diese Kleidungsstücke nur, weil ich heute ein Vorstellungsgespräch habe.“
„Hä? Was für’n Ding?“
„Er will anheuern“, erklärte der Barkeeper, der ebenfalls bedenklich viel Interesse an Adrian zeigte.
Der junge Arzt fragte sich ernstlich, ob er es heil mit seinem Geldbeutel hier heraus schaffen würde.
„Wenn du so geschraubt daherquatschst nimmt dich hier keiner. Was kannst du überhaupt?“
„Ich bin Arzt“, gab er wahrheitsgemäß zu.
Die hochgezogenen Brauen der beiden Männer machten ihm klar, dass er besser gelogen hätte. Arzt hieß Studium, und ein Studium konnten sich heutzutage nur noch Kinder aus reichen Familien leisten. Er überlegte gerade, ob er rasch noch hinzufügen sollte, dass er von seiner Familie verstoßen und mittellos war ...
„Hey, Süßer! Du suchst doch sicherlich nach ein wenig Ruhe und Liebe.“ Auf seiner anderen Seite erschien nun eine Frau, die für seinen Geschmack eindeutig zu wenig Stoff am Körper hatte. Sie wirkte obszön, wie sie sich zur Schau stellte, und ihr stark geschminktes Gesicht war nur im schmeichelnden Dämmerlicht von Omas Küche als attraktiv zu bezeichnen. Instinktiv tastete Adrian mit der einen Hand nach dem Portemonnaie in der Innentasche seines Mantels und mit der anderen drückte er die Arzttasche an sich.
„Ich warte auf jemanden“, erklärte er in der vagen Hoffnung, sich damit die Leute vom Leib halten zu können. Er merkte, dass er immer nervöser wurde. Es würde nicht mehr lange dauern, und er würde sich dadurch blamieren, dass er aufsprang und aus der Bar rannte. Er kannte sich. Er war psychischem Druck nur so und so lang gewachsen.
Diese Umgebung setzte ihn unter massiven psychischen Druck.
„So, auf wen denn?“
„Captain Duncan Drake.“ Vielleicht hatte er ja Glück, und jemand hier kannte ihn.
„Drake?“ Der Mundgeruch an seiner Seite wusste offensichtlich, von wem er sprach. „Was sollte der denn mit so ner Landratte wie dir anfangen wollen?“
„Er hatte die Stelle inseriert.“
„Hä??“
„Er will ihn anheuern“, übersetzte der Barkeeper erneut.
„Scheiße! Was redest du überhaupt für ne Sprache? Das versteht ja kein normaler Mensch. Glaub kaum, dass Drake für dich Verwendung hat.“ Er musterte ihn betont von oben bis unten.
„Das wird ja wohl Captain Drake selbst entscheiden“, brachte Adrian hervor. Hatte er es nötig, sich von so einem Kerl taxieren zu lassen?
„Hey! Was ist denn das hier für ein müder Haufen?“, erscholl ein Ruf vom Eingang her. „Hier läuft ja nicht mal Musik!“
Die Gäste von Omas Küche wandten sich zu der Frau mit dem lauten Organ um.
„Wenn du nen Credit in die Box schmeißt, dann bekommst du deine Musik, Lilly!“, rief der Barkeeper zurück. Dann beugte er sich zu Adrian vor und bemerkte mit genüsslichem Grinsen. „Na, die Frage, ob Drake dich brauchen kann oder nicht, kannst du jetzt persönlich klären.“
Adrian Van Doorns Herz tat einen Freudenhüpfer. Wenn das da Captain Duncan Drake war, dann war es um Längen besser als die Horrorszenarien, die er sich in den letzten Stunden ausgemalt hatte. Im Eingang stand ein Mann flankiert von zwei Frauen. Er war vielleicht Anfang dreißig – Adrian hatte den Captain für älter gehalten – hatte schwarzes Haar, das aussah, als ob es regelmäßig eine Dusche zu sehen bekam und ein ebenso sauberes Gesicht. Darüber hinaus wirkten die dunklen, mandelförmigen Augen freundlich. Adrian schloss die Erscheinung sofort in sein Herz. Das mulmige Gefühl von vorher kehrte jedoch zurück, als er die Begleiterinnen näher in Augenschein nahm. Sie waren beide wesentlich attraktiver als die Damen zweifelhaften Rufs, welche nach einem Fang die Bar durchkämmten, zugleich wirkten sie aber auch wesentlich gefährlicher. Die kleinere der beiden hatte sehr helles Haar, das im Licht der Bar beinahe ein wenig grünlich wirkte. Es lag ihr in einem langen Zopf über eine Schulter. Die intensiv grünen Augen waren kalt und verschlossen. Adrian glaubte nicht, dass sich irgendein Mann in ihre Nähe wagen würde.
Die andere, welche der Barkeeper „Lilly“ gerufen hatte, hatte schwarzes Haar – oder jedenfalls vermutete Adrian, dass es eigentlich schwarz war. Sie hatte so viele bunte Strähnen hinein gefärbt, dass der Grundton kaum noch zu erkennen war. Ihre gesamte Haltung verlangte nach Aufmerksamkeit. Sie war genau der Typ Frau, vor dem Adrian schon immer Angst gehabt hatte. Während die Kleidung der anderen beiden aus praktischen Allzweckstiefeln und einfachen Sachen bestand, liebte „Lilly“ offensichtlich Leder, Nieten und Gliederketten. Ihre hochhackigen, knielangen Stiefel ließen sie beinahe an die Größe des Mannes heranreichen. Alles an ihr schien als Waffe gedacht zu sein.
Während die anderen beiden noch im Eingang stehen blieben und ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, stolzierte die Schwarzhaarige zu der Musicbox in der Ecke neben der Tür und warf Kleingeld hinein. Nach ein paar Sekunden Überlegen hatte sie offensichtlich etwas Passendes gefunden. Ein Druck auf die entsprechende Taste ließ ohrenbetäubenden Krach durch die Bar tönen, was Adrian beinahe das Glas aus den Händen warf. Die Frau jedoch schien sehr zufrieden mit ihrer Wahl und kehrte sich im Rhythmus – der Adrian bei dem Lärm völlig entging – wiegend zu den anderen zurück.
Der schwarzhaarige Mann warf ihr einen tadelnden Blick zu, was ihn in Adrians Augen noch sympathischer machte, aber die Frau blieb unbeeindruckt. Sie sah sich nun ebenfalls in der Bar um. Schließlich hatten sie ihn an der Theke entdeckt. Zielstrebig hielten die drei auf den Arzt zu, der unwillkürlich auf seinem Barhocker zurück rutschte. Na prima! Erster Eindruck: lässt sich einschüchtern. Er setzte sich betont aufrecht hin.
Wie befürchtet erreichte die Schwarzhaarige ihn als erste.
„Hey, Hübscher! Bist du der Doc?“ Ohne auch nur hinzusehen, schob sie den Mundgeruch mit dem Ellbogen vom benachbarten Barhocker und nahm selbst Platz. Der Mann polterte mit lautem Protest zu Boden.
„Ich ... ich bin Dr. Adrian Van Doorn“, brachte er hervor. Sie war ihm absolut nicht geheuer. Automatisch schob er seine Brille mit dem rechten Zeigefinger nach oben.
„Hatte ich mir gedacht“, erklärte sie unbeirrt. „Du passt hier so rein wie 'n Hai in einen Makrelenschwarm ... wobei der Vergleich von nem Hai mit dir irgendwie hinkt“, fügte sie grinsend hinzu. „Auf deiner Stirn steht groß ‚rette mich!’ Und genau das werde ich tun.“
...
erstmal Respekt für dein Durchhaltevermögen. 2004 bis 2017 ist nicht mal eben so bewerkstelligt, dazu braucht es Durchhaltevermögen. Nun zu deinen Fragen, Anmerkungen und Bedenken.
A:
Das ist Unsinn. Du kannst eine Geschichte so beginnen, wie du willst und lustig bist. Selbst, wenn du es auf die Spitze treiben würdest mit gefälschtem Vorwort, gefälschter Antwort des Autors, einleitenden Gedichten und mehreren Prologen. (Und Epilogen und Leserbemerkungen usw.) Wichtig ist dabei nur, dass du es entweder von der Länge her nicht übertreibst oder dabei etwas Lesenswertes schreibst. Als Leser darf ich nicht einschlafen. Halte mich am Ball mit Schreibstil, mit emotionaler Wucht mit intelligenten Gedanken, mit Witz und Humor (wobei das keine Zwangsläufigkeit ist; nicht jeder Text muss lustig sein).
Dein Prolog ist neutral - weder schlecht noch gut. Er ist kurz genug, als dass ich ihn eben weglesen kann und er mich nicht ärgert. Gleichzeitig reißt mich der Prolog auch nicht wirklich vom Hocker. Vielleicht könntest du mit passendem Vokabular der Perspektive mehr Horror verpassen oder Humor oder Satire (je nachdem, ob es sich um Tentakel in der Art von Lovecraft und Cthulhu handelt, oder ob du dich mit Klamauk über Science Fiction und dumme Menschen aus origineller Monsterperspektie lustig machst). Ich vermute, du zielst auf Horror ab, also unheimliche Stimmung, es brodelt in der Tiefe, da kündigt sich etwas Geheimnisvolles und Schreckliches an. So Jules Verne - 20.000 Meilen unter dem Meer, alles phantastisch in der Tiefe.
Wer soll deine Geschichte lesen? Welche Altersgruppe? Mit welchen Vorkenntnissen und welchen Interessen?
B:
Ich kann der Geschichte problemlos folgen. Ehrlich gesagt, kannst du gerne noch viel mehr Informationen einbauen. Den wichtigsten Aspekt - den Lesefluss - hast du bereits erkannt. (Nebenbei sei mir die Bemerkung erlaubt: Dein Schreibstil ist gut und flüssig, daran solltest du dich weiter orientieren; also so rein formal). Informationen kannst du auf verschiedenen Wegen einbauen. Der Charakter kann selbst Dinge wissen und sich erinnern (du wendest es hier ja an). Der Charakter kann Gespräche anderer Charaktere mit anhören, er kann sich mit anderen Charakteren unterhalten oder er erhält Briefe, Mails, oder Nachrichten auf anderen technischen Wegen. Vielleicht findet er per Zufall Dokumente von anderen Leuten. (Wenn der Captain oder eine der Damen Adrian einfach einen Bericht oder einen Tagebucheintrag etc. unter die Nase halten; gutes Mittel, wenn du deinen Charakter nicht immer und überall selbst hinschicken möchtest) (Die Sache mit dem "Gespräche mithören" ist der klassische Botenbericht aus dem Theater).
C:
Mir ist besagte Passage nicht aufgefallen. Dein gesamter Text ist stilistisch sicher und bedarf an der Stelle keiner Überarbeitung. Es fehlen jedoch andere Dinge. Wenn du viel aussagen, den Leser dabei aber nicht langweilen möchtest, dann schalte zwischendrin von Zeitdehnung auf Zeitraffung (nennt sich dann Infodumping. Du darfst es nur nicht übertreiben. Einige Absätze hier und da reichen aus).
Was ich bislang erkenne, ist ein roter Faden und die Idee zu einer Geschichte. Das Sujet scheint auch da zu sein. Hier noch einige Hinweise, Anmerkungen und Tipps. Lass dir Zeit mit dem Ringen, niemand setzt dich unter Stress oder zwingt dich. Ob du diese Geschichte schreibst oder nicht - es liegt ganz an dir. Denk nur immer daran: Wenn du es einmal aufgeschrieben hast, dann ist es sozusagen für die Nachwelt gesichert. Egal, ob ein Leser mit ähnlicher Wellenlänge wie du nächste Woche deinen Text liest oder in zehn Jahren oder in hundert Jahren.
Falls du es nicht bereits machst: Nutze Charaktererstellungsbögen von Pen und Paper Rollenspielen, um auch den Nebencharakteren Hobbies, Talente, Stärken und Schwächen zu verpassen. Lies in dem Genre, in dem du schreibst - also Science Fiction - die großen Klassiker, und auch Romane die jetzt aktuell sind. Dann baust du Unsicherheiten ab, wenn du siehst, wie die Profis schreiben, und was so der Standard ist. Arbeite ein Exposé aus, so dass du weißt, wie lange die Geschichte gehen wird (weniger oder mehr als 100.000 Worte? Je nachdem, was du vorhast, brauchst du unterschiedliche Organisation und Planung). Such auch die Anleitungen zum Schreiben von Quests in Pen und Paper und erstell dir erste grobe Handlungsübersichten für etliche Kapitel in Folge, mit Zeitstrahl, Tabellen, Übersichten usw., damit du ganz grob Anfang, Mitte und Ende siehst, worauf alles zuläuft, was wichtige Ereignisse sind usw. (Falls du dir da unsicher bist, lies viele Romane aus unterschiedlichen Genres und du wirst sehen, was ich mit Ereignisse hochgerechnet auf 100.000 Worte und mehr meine). Wenn du so ein grobes Gerüst hast, machst du dir die Arbeit leichter, weil du nicht ständig neu erfinden musst, sondern in Mosaiken arbeiten kannst. Es bleibt also dir überlassen, welchen Teil du gerade schreibst. Ob du zum Beispiel mit der Endszene anfängst oder mittendrin diese eine Szene erst zu Papier bringen willst und dich dann von den anderen Seiten annäherst und die Lücken füllst.
Dass bis auf Adrian die Charaktere noch recht blass sind, schiebe ich auf das wenige Textmaterial. Aber das sieht bislang ganz vernünftig aus. Längere Dialoge kommen dann sicher auch noch mehr oder weniger zwangsläufig. (Die bisherigen Dialoge sind vom Aufbau her in Ordnung).
Bislang fehlen die Beschreibungen und Texturierungen. Versuch wie eine Kamera die Szene einzufangen. Beschreibe zwischendrin immer mal wieder Aussehen von Boden, Wänden, Decke, Kleidung, Gegenständen im Raum. Kombinier das mit Gerüchen und damit, was es für Assoziationen weckt. Damit kannst du die Szene für den Leser greifbarer machen und glaubwürdiger und intensiver. So, als wäre er direkt mit dabei. Ein paar Fragen zur Anregung:
Wie sieht die Station aus? Wie Omas Küche? (Länge, Breite, Höhe - geschätzt, nicht in konkreten Zahlen; Baustoffe, Verarbeitung, Alter, wie wirkt das Ganze? Farben, Formen, Ornamente, Arabesken? Irgendwelche Nischen? Wie ist die Lichtstimmung? Wie hört sich die Station an? Wie riecht Omas Küche?) Wie lautet der Text der Anzeige? Was sagten die Kollegen konkret? Wie genau sah das Elternhaus aus? (Jeweils immer einige wesentliche Details und Merkmale; so drei bis fünf) Welche Abenteuerromane waren es? Kann sich Adrian noch an einige Dinge erinnern, die er in den Vorlesungen hörte? Einige Fetzen Wissen hier und da? Welche Biersorte oder welches Getränk erhält Adrian konkret?
Probier ein wenig mit konkreten Beschreibungen herum, und beobachte ganz genau deren Wirkung. Einzelne Details können da mehr ausmachen als ganze Absätze mit unnötigen Infos. Wenn du die Balance erstmal gefunden hast, gewinnt dein Text dadurch enorm. (Je nach Szene eignen sich Beschreibungen für Architektur, Innendesign, Gärten, Landschaften usw.; arbeite einfach mit mehreren Lexika und streu hier und da mal etwas ein).
Ich hoffe, ich konnte dir einige nützliche Anregungen geben.
Freundliche Grüße
Kunstmut
entschuldige bitte vielmals, dass ich erst jetzt reagiere. Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet, dass da noch eine eine Kritik kommt und hatte gar nicht mehr reingeschaut.
Ich bin total begeistert davon, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, so ausführlich auf meinen Auszug zu schauen. Ganz, ganz lieben Dank dafür! Toll!
Deine konstruktiven Anmerkungen sind sehr hilfreich für mich. Gerade im Bereich Außenbeschreibung habe ich einiges an Nachholbedarf. Vielen Dank für Deine Tipps, da habe ich gleich etwas an der Hand, mit dem ich arbeiten kann. Du hast auch ein paar meiner Bedenken ausgeräumt, was mich natürlich sehr erleichtert.
Sei umarmt für Deine Hilfe. Da kann ich mich mit neuem Elan Ende des Jahres nochmal an die Geschichte setzen.
Liebe Grüße,
Dahkur