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Beitrag #1, verfasst am 23.04.2010 | 20:36 Uhr
Ja, ich weiß. Das Thema hängt einem zum Hals raus, so oft, wie es immer noch breitgetreten wird.
Mir gehts aber auch nicht um den Krieg an sich, sondern um Folgendes:
Mich hat seit gestern abend die Neugier gepackt, meinen Großvater betreffend. Nachdem er selbt nie was erzählt hat (inzwischen ist er auch tot) und ich als einzige Anhaltspunkte zwei Fotos und ein paar vergilbte Zettel hab, bin ich jetzt wie doof am recherchieren, ob sich da vielleicht noch was rausfinden lässt. Ich will einfach alles wissen. Die Einheit, wann er wo gekämpft hat, wann er verwundet wurde... eben alles.
Jetzt meine Frage: Wie ist das bei Euch? Habt Ihr (noch lebende) Familienmitglieder, die den Krieg erlebt haben? Erzählen die was davon oder nicht? Und wollt Ihr das überhaupt hören? Interessierts Euch oder denkt Ihr nur "och nee, ich wills nicht wissen"?
LG Talie
Mir gehts aber auch nicht um den Krieg an sich, sondern um Folgendes:
Mich hat seit gestern abend die Neugier gepackt, meinen Großvater betreffend. Nachdem er selbt nie was erzählt hat (inzwischen ist er auch tot) und ich als einzige Anhaltspunkte zwei Fotos und ein paar vergilbte Zettel hab, bin ich jetzt wie doof am recherchieren, ob sich da vielleicht noch was rausfinden lässt. Ich will einfach alles wissen. Die Einheit, wann er wo gekämpft hat, wann er verwundet wurde... eben alles.
Jetzt meine Frage: Wie ist das bei Euch? Habt Ihr (noch lebende) Familienmitglieder, die den Krieg erlebt haben? Erzählen die was davon oder nicht? Und wollt Ihr das überhaupt hören? Interessierts Euch oder denkt Ihr nur "och nee, ich wills nicht wissen"?
LG Talie
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Beitrag #2, verfasst am 23.04.2010 | 20:41 Uhr
Mich interessiert es sehr.
Meine Oma kommt aus Ostpreußen und ist damals vor dem Krieg mit ihrer Familie geflüchtet.
Ich denke, dass sie eine verdammt starke Frau ist, dass sie es schafft über all das zu sprechen, da da ziemlich schlimme Sachen passiert sind.
Es ist die Vergangenheit meiner Familie und ich finde es unglaublich was meine Großmutter alles erlebt hat. Ich habe mir schon immer vorgenommen ihre Geshcihte einmal aufzuschreiben.
Meine Oma kommt aus Ostpreußen und ist damals vor dem Krieg mit ihrer Familie geflüchtet.
Ich denke, dass sie eine verdammt starke Frau ist, dass sie es schafft über all das zu sprechen, da da ziemlich schlimme Sachen passiert sind.
Es ist die Vergangenheit meiner Familie und ich finde es unglaublich was meine Großmutter alles erlebt hat. Ich habe mir schon immer vorgenommen ihre Geshcihte einmal aufzuschreiben.
Wenn du dachtest, dass die Zwiebel das einzige Gemüse ist, das Dich zum weinen bringt, hast du noch nie einen Kürbis in die Fresse bekommen.
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Beitrag #3, verfasst am 23.04.2010 | 20:46 Uhr
Ich interessiere mich generell sehr für Geschichte.
Mein Urgroßvater musste damals nach England fliehen, und überhaupt ist die halbe Familie meines Vaters über den ganzen Globus verteilt, nur wegen des Krieges.
Mein Großonkel wäre beinah von einem Flieger erschossen worden (so war das gegen Ende...), er konnte sich gerade noch in den Wald flüchten.
Gedient hat keiner meiner noch lebenden Verwandten, da meine Großeltern damals noch zu jung waren...
Mein Urgroßvater musste damals nach England fliehen, und überhaupt ist die halbe Familie meines Vaters über den ganzen Globus verteilt, nur wegen des Krieges.
Mein Großonkel wäre beinah von einem Flieger erschossen worden (so war das gegen Ende...), er konnte sich gerade noch in den Wald flüchten.
Gedient hat keiner meiner noch lebenden Verwandten, da meine Großeltern damals noch zu jung waren...
You can't take the sky from me
Lexila
Beitrag #4, verfasst am 23.04.2010 | 20:53 Uhr
Ich hab Bilder von dem Haus gesehen, in dem mein Großvater damals gelebt hat - nachdem die Bombe eingeschlagen ist. Er hat nur deshalb überlebt, weil sie im Keller waren und die Bombe nicht richtig hochgegangen ist.
Er erzählt auch gern, wie sie damals von Heim zu Heim zogen, wie sie die paar Gegenstände, die sie noch hatten, mitgeschleppt haben etc.
Er erzählt auch gern, wie sie damals von Heim zu Heim zogen, wie sie die paar Gegenstände, die sie noch hatten, mitgeschleppt haben etc.
issachar
Beitrag #5, verfasst am 23.04.2010 | 21:10 Uhr
meine oma hat wenig erzählt und das, was sie preis gab, hat mich schockiert: eingesperrt im keller und nur knapp dem tod entronnen zu sein. ich denke, dass sie ihre gründe hatte, nicht mehr zu erzählen.
mein opa ist zu früh gestorben, als dass ich ihn hätte befragen können. zwei seiner jüngeren brüder sind allerdings im krieg geblieben. die damals 16-jährigen wurden wie so viele andere auch als kanonenfutter missbraucht. und einem anderen onkel, damals gerade 18, gefiel es zu gut in stalingrad.
da wir den 2.wk seit der dritten klasse in allen einzelheiten auseinander genommen haben und ich nach dem genuss von propagandafilmen, die die zerstörung friedlicher sowjetdörfer durch die nazis waschecht nachstellten und ich hierauf von der ständigen angst gepackt war, dass es bald zu einem dritten wk käme, hängt mir das ganze ebenfalls zum halse raus. ich möchte nicht behaupten, dass wir kinder in der ddr uns in unsere großeltern besser hineinversetzen konnten als unsere brd-genossen, doch waren auch wir opfer des krieges, der von unseren regierenden und der su für deren politische ziele instrumentalisiert wurde.
manchmal kommts mir so vor, als bestünde unsere, die deutsche geschichte nur aus diesem krieg bzw. diesen kriegen. ja, mit damit scheinen sich wirklich viele gut auszukennen, während andere, positive entwicklungen in den hintergrund treten.
mein opa ist zu früh gestorben, als dass ich ihn hätte befragen können. zwei seiner jüngeren brüder sind allerdings im krieg geblieben. die damals 16-jährigen wurden wie so viele andere auch als kanonenfutter missbraucht. und einem anderen onkel, damals gerade 18, gefiel es zu gut in stalingrad.
da wir den 2.wk seit der dritten klasse in allen einzelheiten auseinander genommen haben und ich nach dem genuss von propagandafilmen, die die zerstörung friedlicher sowjetdörfer durch die nazis waschecht nachstellten und ich hierauf von der ständigen angst gepackt war, dass es bald zu einem dritten wk käme, hängt mir das ganze ebenfalls zum halse raus. ich möchte nicht behaupten, dass wir kinder in der ddr uns in unsere großeltern besser hineinversetzen konnten als unsere brd-genossen, doch waren auch wir opfer des krieges, der von unseren regierenden und der su für deren politische ziele instrumentalisiert wurde.
manchmal kommts mir so vor, als bestünde unsere, die deutsche geschichte nur aus diesem krieg bzw. diesen kriegen. ja, mit damit scheinen sich wirklich viele gut auszukennen, während andere, positive entwicklungen in den hintergrund treten.
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Rang: Buchstabierer
Beitrag #6, verfasst am 23.04.2010 | 21:17 Uhr
Ich weiß seit ein paar Jahren von ein paar Verwandten die in einem KZ an Typus gestorben sind, aber genaueres weiß ich nicht. Leider gibt es auch niemanden den ich fragen kann.
Weil meine Großeltern von dieser Seite auch schon tot sind. Mein Oma hat früher manchmal ein bissl was erzählt, aber sie war auch noch ziemlich jung und hat halt von irgendwelchen Bombardierungen gesprochen und wie sie sich dann versteckt haben und so.
Jetzt ist sie halt eben tot und es gibt keinen den ich da weitere fragen kann, obwohl ich diese Thema schon sehr interessant finde.
Klar in der Schule wird das zich tausend mal durchgekaut, aber wenn es die Familie betrifft ist es ja schon irgendwie ein bisschen was anderes und mich interessiert das Thema an sich sowieso schon und jedes Mal wenn wir es in der Schule behandeln lässt sich doch noch was neues interessantes erfahren.
Weil meine Großeltern von dieser Seite auch schon tot sind. Mein Oma hat früher manchmal ein bissl was erzählt, aber sie war auch noch ziemlich jung und hat halt von irgendwelchen Bombardierungen gesprochen und wie sie sich dann versteckt haben und so.
Jetzt ist sie halt eben tot und es gibt keinen den ich da weitere fragen kann, obwohl ich diese Thema schon sehr interessant finde.
Klar in der Schule wird das zich tausend mal durchgekaut, aber wenn es die Familie betrifft ist es ja schon irgendwie ein bisschen was anderes und mich interessiert das Thema an sich sowieso schon und jedes Mal wenn wir es in der Schule behandeln lässt sich doch noch was neues interessantes erfahren.
Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!
zeilenakrobatik
Beitrag #7, verfasst am 23.04.2010 | 21:22 Uhr
Ich bin eine wahre "Zweiter Weltkrieg" Besessene, das Thema hat mich schon vor Jahren in den Bann gezogen und seitdem lese ich alles, was ich zwischen die Finger kriege, schaue mir Dokumentationen dazu an oder auch Filme und Serien. Ich hab auch schon Vorträge dazu gehört, auch explizit für meine Heimatstadt.
Dementsprechend interessiert war ich auch, wie meine Großeltern den Krieg wahrgenommen haben. Meine Oma war gerade 13/14 als der Krieg zu Ende ging, hat aber ein gigantischen Erfahrungschatz, den sie mir auch ohne zu Zögern preisgibt.
Ich finde es auch wichtig, dass man sich diesem Thema öffnet. Die drei-vier Mal, die man das Thema vielleicht in der Schule hat, reichen nicht aus, um sich darüber zu informieren. Es gibt schier unendlich viele Informationen, die wissenswert sind. Da höre ich einfach nicht mittendrin auf und sage: "Okay, nun hab ich's ja begriffen. Nun leg ich das mal beiseite!"
Dementsprechend interessiert war ich auch, wie meine Großeltern den Krieg wahrgenommen haben. Meine Oma war gerade 13/14 als der Krieg zu Ende ging, hat aber ein gigantischen Erfahrungschatz, den sie mir auch ohne zu Zögern preisgibt.
Ich finde es auch wichtig, dass man sich diesem Thema öffnet. Die drei-vier Mal, die man das Thema vielleicht in der Schule hat, reichen nicht aus, um sich darüber zu informieren. Es gibt schier unendlich viele Informationen, die wissenswert sind. Da höre ich einfach nicht mittendrin auf und sage: "Okay, nun hab ich's ja begriffen. Nun leg ich das mal beiseite!"
issachar
Beitrag #8, verfasst am 23.04.2010 | 21:39 Uhr
@KoobCam: die "drei-vier Mal" in der schule haben mir vollkommen ausgereicht, zuerst gings auf die psyche, dann ekelte es mich und jetzt ist es eine epoche, die mich wenig berührt. das hat der unterricht bei mir erreicht, denn für meinen geschmack ging es mir zu weit. und in der oberschule solten wir ihn dann wissenschaftlich betrachten, aber da wars dann schon zu spät.
und warum sollte ich mich diesem thema nochmals öffnen? um zu versuchen, den krieg zu verstehen, brauche ich bloß nach Afghanistan zu schauen.
und warum sollte ich mich diesem thema nochmals öffnen? um zu versuchen, den krieg zu verstehen, brauche ich bloß nach Afghanistan zu schauen.
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Rang: Zeitungskorrespondent
Beitrag #9, verfasst am 23.04.2010 | 21:49 Uhr
Huch, doch so viele, die das interessiert. Hätte ich jetzt nicht erwartet o.O
Ich finde es auch interessant, wie unterschiedlich die einzelnen Schicksale da sind.
Von meiner Oma habe ich sogar sowas wie eine... naja, Autobiografie, 7 Seiten oder so. Das finde ich auch total spannend, sie stammt aus Schlesien, ihr erster Mann ist im Krieg geblieben und dann lernte sie meinen Opa kennen. Der muss sie wohl im Winter am Bahnhof gefragt haben "Entschuldigen Sie, Fräulen, darf ich die Hände in Ihren Muff stecken?" :D
Ähem. Ich persönlich kann mich eher in meine Großmutter reinversetzen (natürlich nicht vollständig, aber das kann wohl niemand, der es nicht erlebt hat). Deswegen interessiert mich ja mein Großvater gerade so. Habe vorhin eine Suchanfrage an die Wehrmachtsauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene (WASt) gestellt, vielleicht haben die ja Daten über ihn. Mal sehen.
Was das Thema Weltkrieg an sich angeht:
Ich finde, 3-4 Mal in der Schule ist schon zu viel. Ganz ehrlich, in der Oberstufe mochte ichs schon nicht mehr hören. 2 Mal reicht, einmal Unterstufe und einmal im Abi. Fertig. Es ist doch wie mit jedem Thema: Wens interessiert, der kann sich außerschulisch informieren. Und was mich am meisten nervt, ist dieses Thema in den Medien. Alle paar Jahre ist irgendein Jahrestag, Befreiung von Auschwitz oder Buchenwald oder sowas, und jedes Mal wird alles wieder auf ausgiebigste breitgetreten. Um solche Jahrestage herum mag ich die Zeitung nicht mal aufschlagen. Ich meine, man sollte den Krieg und den Holocaust nicht vergessen, sicher nicht, und auch nicht, warum es dazu kam, aber das Ganze ist ein Menschenleben her und irgendwann hat auch dieses wirklich wichtige Thema seine Aktualität verloren. Hm. Weiß nicht, ob das jetzt so rüberkommt, wie ichs meine.
Ich finde es auch interessant, wie unterschiedlich die einzelnen Schicksale da sind.
Von meiner Oma habe ich sogar sowas wie eine... naja, Autobiografie, 7 Seiten oder so. Das finde ich auch total spannend, sie stammt aus Schlesien, ihr erster Mann ist im Krieg geblieben und dann lernte sie meinen Opa kennen. Der muss sie wohl im Winter am Bahnhof gefragt haben "Entschuldigen Sie, Fräulen, darf ich die Hände in Ihren Muff stecken?" :D
Ähem. Ich persönlich kann mich eher in meine Großmutter reinversetzen (natürlich nicht vollständig, aber das kann wohl niemand, der es nicht erlebt hat). Deswegen interessiert mich ja mein Großvater gerade so. Habe vorhin eine Suchanfrage an die Wehrmachtsauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene (WASt) gestellt, vielleicht haben die ja Daten über ihn. Mal sehen.
Was das Thema Weltkrieg an sich angeht:
Ich finde, 3-4 Mal in der Schule ist schon zu viel. Ganz ehrlich, in der Oberstufe mochte ichs schon nicht mehr hören. 2 Mal reicht, einmal Unterstufe und einmal im Abi. Fertig. Es ist doch wie mit jedem Thema: Wens interessiert, der kann sich außerschulisch informieren. Und was mich am meisten nervt, ist dieses Thema in den Medien. Alle paar Jahre ist irgendein Jahrestag, Befreiung von Auschwitz oder Buchenwald oder sowas, und jedes Mal wird alles wieder auf ausgiebigste breitgetreten. Um solche Jahrestage herum mag ich die Zeitung nicht mal aufschlagen. Ich meine, man sollte den Krieg und den Holocaust nicht vergessen, sicher nicht, und auch nicht, warum es dazu kam, aber das Ganze ist ein Menschenleben her und irgendwann hat auch dieses wirklich wichtige Thema seine Aktualität verloren. Hm. Weiß nicht, ob das jetzt so rüberkommt, wie ichs meine.
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Schreibwerkstättler
Auch wenn es sowohl in der Schule als auch in den Medien bis zum Erbrechen breitgetreten wird, finde ich das Dritte Reich wahnsinnig interessant - aber nicht die Epoche an sich, sondern vor allem die Vor- und Nachgeschichte, also wie es dazu kam und welche Auswirkungen es bis heute hat. Schon interessant, dass Angie und Co. aus den Verbrechen der Nazis die moralische Verpflichtung ableiten, Atom-U-Boote an Israel zu schicken...
Familiengeschichte finde ich auch wahnsinnig spannend (genauso wie Geschichte überhaupt). Da tut es mir immer Leid, dass ich keinen Kontakt mehr zu meiner Urgroßmutter väterlicherseits habe, die schon weit über neunzig ist und mir sicher einiges erzählen könnte...
Von meinem Opa mütterlicherseits weiß ich, dass er damals nur knapp der Einberufung entgangen ist - er war bei Kriegsende, glaube ich, gerade 17. Aber weder er noch meine Oma sprechen viel darüber, ich weiß nicht, aber das ist in meiner Familie immer so ein Tabuthema gewesen. Von meiner Oma weiß ich aber, dass ihr Vater im Krieg geblieben ist und dass ihre Stiefmutter sie in der Nachkriegszeit auf einen Bauernhof zum Arbeiten geschickt hat, damit wenigstens sie genug zu Essen hatte, Ich glaube, ich sollte mich wirklich mal dahinterklemmen, solange ich noch kann...
Familiengeschichte finde ich auch wahnsinnig spannend (genauso wie Geschichte überhaupt). Da tut es mir immer Leid, dass ich keinen Kontakt mehr zu meiner Urgroßmutter väterlicherseits habe, die schon weit über neunzig ist und mir sicher einiges erzählen könnte...
Von meinem Opa mütterlicherseits weiß ich, dass er damals nur knapp der Einberufung entgangen ist - er war bei Kriegsende, glaube ich, gerade 17. Aber weder er noch meine Oma sprechen viel darüber, ich weiß nicht, aber das ist in meiner Familie immer so ein Tabuthema gewesen. Von meiner Oma weiß ich aber, dass ihr Vater im Krieg geblieben ist und dass ihre Stiefmutter sie in der Nachkriegszeit auf einen Bauernhof zum Arbeiten geschickt hat, damit wenigstens sie genug zu Essen hatte, Ich glaube, ich sollte mich wirklich mal dahinterklemmen, solange ich noch kann...
Im Namen des Wahnsinns, Sie sind verhaftet!
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Beitrag #11, verfasst am 23.04.2010 | 23:04 Uhr
Taliessina
Das kenn ich sehr gut. *lol*
Ich habe vor ner Weile alte Fotos von meinem Vater erhalten, die er sonst weggeworfen hätte. Auf einem ist mein Opa als Soldat auf nem Pferd zu sehen. Ich habe nie gewußt, dass er überhaupt reiten konnte. Davon hat er mir nie etwas erzählt. Aber er hat immer erzählt, dass er im Krieg verwundet wurde, Bauchschuss. Das wars dann aber auch schon so ziemlich.
Meine Großeltern waren keine Nazis (das war mir immer wichtig zu wissen und ich hoffe, es stimmt), aber ich fand es immer etwas befremdlich, dass sie in der Besteckschublade einen Löffel mit Hakenkreuz liegen hatten. Klar, das war mehr das Nachkriegs-denken: es ist ein Löffel, warum wegwerfen? Was man hat, das hat man. - aber ich hatte da doch immer ein komisches Gefühl. Ist zwar vielleicht verrückt, aber dieser Löffel war ja irgendwo immer so ein Stück "Geschichte zum Anfassen".
Jedenfalls: Das Foto hat mich irgendwie neugierig gemacht. Ich wüßte zu gern, wo das aufgenommen wurde. Das sieht fast aus wie in nem Western, mein Opa auf nem Pferd vor irgendeiner Hütte. Und ich wüßte gerne, was mein Opa noch so erlebt hat, von dem ich nichts weiß.
Das gleiche bei meiner Oma. Da habe ich ein Foto von, wo sie drauf zu sehen ist, ein alter Bus und ein Gebäude, was mich mein ich darauf schließen lässt, es könnte evtl. in der Nachkriegszeit entstanden sein, vllt so 50er, jünger wohl nicht.
All das wird aber wohl für immer ein Geheimnis bleiben, meine Großeltern sind allesamt tot. Und es gab so viele Geheimnisse in meiner Familie, die ich erst spät (zu spät) erfuhr, da bezweifel ich, jemals alles zu erfahren.
Mich hat seit gestern abend die Neugier gepackt, meinen Großvater betreffend. Nachdem er selbt nie was erzählt hat (inzwischen ist er auch tot) und ich als einzige Anhaltspunkte zwei Fotos und ein paar vergilbte Zettel hab, bin ich jetzt wie doof am recherchieren, ob sich da vielleicht noch was rausfinden lässt. Ich will einfach alles wissen. Die Einheit, wann er wo gekämpft hat, wann er verwundet wurde... eben alles.
Das kenn ich sehr gut. *lol*
Ich habe vor ner Weile alte Fotos von meinem Vater erhalten, die er sonst weggeworfen hätte. Auf einem ist mein Opa als Soldat auf nem Pferd zu sehen. Ich habe nie gewußt, dass er überhaupt reiten konnte. Davon hat er mir nie etwas erzählt. Aber er hat immer erzählt, dass er im Krieg verwundet wurde, Bauchschuss. Das wars dann aber auch schon so ziemlich.
Meine Großeltern waren keine Nazis (das war mir immer wichtig zu wissen und ich hoffe, es stimmt), aber ich fand es immer etwas befremdlich, dass sie in der Besteckschublade einen Löffel mit Hakenkreuz liegen hatten. Klar, das war mehr das Nachkriegs-denken: es ist ein Löffel, warum wegwerfen? Was man hat, das hat man. - aber ich hatte da doch immer ein komisches Gefühl. Ist zwar vielleicht verrückt, aber dieser Löffel war ja irgendwo immer so ein Stück "Geschichte zum Anfassen".
Jedenfalls: Das Foto hat mich irgendwie neugierig gemacht. Ich wüßte zu gern, wo das aufgenommen wurde. Das sieht fast aus wie in nem Western, mein Opa auf nem Pferd vor irgendeiner Hütte. Und ich wüßte gerne, was mein Opa noch so erlebt hat, von dem ich nichts weiß.
Das gleiche bei meiner Oma. Da habe ich ein Foto von, wo sie drauf zu sehen ist, ein alter Bus und ein Gebäude, was mich mein ich darauf schließen lässt, es könnte evtl. in der Nachkriegszeit entstanden sein, vllt so 50er, jünger wohl nicht.
All das wird aber wohl für immer ein Geheimnis bleiben, meine Großeltern sind allesamt tot. Und es gab so viele Geheimnisse in meiner Familie, die ich erst spät (zu spät) erfuhr, da bezweifel ich, jemals alles zu erfahren.
Stell Dir vor, es ist Krieg, und Keiner geht hin...
~ Treguna mekoides trecorum satis dee ~
Wer sich vor dem Wolf fürchtet, der soll nicht in den Wald gehen. (estnisches Sprichwort)
* Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten. * (Robin of Sherwood)
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Beitrag #12, verfasst am 23.04.2010 | 23:29 Uhr
😮
Das muss ich jetzt fix loswerden, tut mir leid: hab gerade den Tip bekommen, dass mein Opa möglicherweise bei der 1. SS-Panzer-Division LSSAH war. Das... ähm... haut mich doch etwas aus den Socken... (zur Erklärung - wer zu faul zum googeln ist^^: LSSAH = Leibstandarte-SS Adolf Hitler)
😮
Also, meine Großeltern waren auch keine überzeugten Nazis. Mein Großvater war wohl eher so der Typ "beeinflussbarer Jugendlicher". Das beruhigt mich ungemein. Ich mein, ich kann ja auch nichts dafür, welche Anschauungen meine Großeltern hatten, aber es wäre ein komisches Gefühl, glaube ich.
@ Tindomerel: Du solltest auf jeden Fall die Chance nutzen, noch mit Zeitzeugen sprechen zu können. Ich könnt mich heute in den Hintern beißen, dass ichs nicht getan/versucht hab. -.-
@Gaya: Das mit dem Hakenkreuz-Löffel als "Geschichte zum Anfassen": das kenn ich, das Gefühl hab ich schon immer, wenn ich Dokumente aus der Zeit in der Hand hab, wo der Reichsadler drauf ist *g*
Hast Du schonmal ernsthaft versucht, nachzuforschen, was Deinen Opa betrifft? Möglicherweise kann WASt Dir weiterhelfen, wenn er verwundet wurde (http://www.dd-wast.de/). Oder versuch es mal hier, da hab ich den heißen Tip her http://forum.balsi.de/index.php
Alles kann man natürlich nicht erfahren, aber wenigstens zu wissen... weiß nicht. wo er gekämpft hat oder so, das ist mir schon wichtig.
Das muss ich jetzt fix loswerden, tut mir leid: hab gerade den Tip bekommen, dass mein Opa möglicherweise bei der 1. SS-Panzer-Division LSSAH war. Das... ähm... haut mich doch etwas aus den Socken... (zur Erklärung - wer zu faul zum googeln ist^^: LSSAH = Leibstandarte-SS Adolf Hitler)
😮
Also, meine Großeltern waren auch keine überzeugten Nazis. Mein Großvater war wohl eher so der Typ "beeinflussbarer Jugendlicher". Das beruhigt mich ungemein. Ich mein, ich kann ja auch nichts dafür, welche Anschauungen meine Großeltern hatten, aber es wäre ein komisches Gefühl, glaube ich.
@ Tindomerel: Du solltest auf jeden Fall die Chance nutzen, noch mit Zeitzeugen sprechen zu können. Ich könnt mich heute in den Hintern beißen, dass ichs nicht getan/versucht hab. -.-
@Gaya: Das mit dem Hakenkreuz-Löffel als "Geschichte zum Anfassen": das kenn ich, das Gefühl hab ich schon immer, wenn ich Dokumente aus der Zeit in der Hand hab, wo der Reichsadler drauf ist *g*
Hast Du schonmal ernsthaft versucht, nachzuforschen, was Deinen Opa betrifft? Möglicherweise kann WASt Dir weiterhelfen, wenn er verwundet wurde (http://www.dd-wast.de/). Oder versuch es mal hier, da hab ich den heißen Tip her http://forum.balsi.de/index.php
Alles kann man natürlich nicht erfahren, aber wenigstens zu wissen... weiß nicht. wo er gekämpft hat oder so, das ist mir schon wichtig.
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Beitrag #13, verfasst am 23.04.2010 | 23:32 Uhr
Ich habe einige Verwandte.^^
Meine Oma und meine Großtante haben beide den 2. Weltkrieg erlebt.
Meine Oma und meine Großtante erzählen mir viel davon,
und das war es wohl auch, was mich im Gesichtsunterricht immer auf eine 1 gebracht hat.
Es ist interessant, obwohl es manchmal auch etwas nervt, wenn man fünftausendmal das selbe erzählt bekommt, aber es sind eben alte Leute.^^
Obwohl sie manchmal auch Sachen sagen, die ich lieber überhöre,
weil es einfach doof ist - ich sag nur "Die Jugend und ihre verrückten Moden!"
Ähhhm - ja, einfach den Zuhörmodus ausschalten.^^
Meine Oma und meine Großtante haben beide den 2. Weltkrieg erlebt.
Meine Oma und meine Großtante erzählen mir viel davon,
und das war es wohl auch, was mich im Gesichtsunterricht immer auf eine 1 gebracht hat.
Es ist interessant, obwohl es manchmal auch etwas nervt, wenn man fünftausendmal das selbe erzählt bekommt, aber es sind eben alte Leute.^^
Obwohl sie manchmal auch Sachen sagen, die ich lieber überhöre,
weil es einfach doof ist - ich sag nur "Die Jugend und ihre verrückten Moden!"
Ähhhm - ja, einfach den Zuhörmodus ausschalten.^^
Es muss keinen Sinn ergeben, wenn es nur vage inspirierend ist.
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Beitrag #14, verfasst am 24.04.2010 | 10:32 Uhr
bei meinen großeltern ist/war das ganz unterschiedlich...
meine großeltern mütterlicherseits haben mir einiges erzählt und mein opa erzählt mir immer noch ab und zu was...
der hatte ziemlich glück, weil er eine stelle als assistent von nem offizier bekommen hat und dadurch erst am ende des krieges kämpfen musste...damals war er 17....und dann hatte er nochmal glück....sie waren in tschechien stationiert und sollten als kanonenfutter dienen, immerhin war ja damals schon klar, dass der krieg verloren ist....aber der chef der truppe (sorry ich kenn mich mit militärischen bezeichnungen so gar nicht aus ^^^) hat dann zu ihnen gesagt, sie sollen weglaufen, weil sie sonst alle tot sind...
also ist er weggerannt und hat es geschafft, sich bis nach hause nach österreich durchzuschlagen...
von meinem anderen opa weiß ich eigentlich fast gar nichts....den seh ich aber auch nicht so oft, weil er in england lebt...
meine großeltern mütterlicherseits haben mir einiges erzählt und mein opa erzählt mir immer noch ab und zu was...
der hatte ziemlich glück, weil er eine stelle als assistent von nem offizier bekommen hat und dadurch erst am ende des krieges kämpfen musste...damals war er 17....und dann hatte er nochmal glück....sie waren in tschechien stationiert und sollten als kanonenfutter dienen, immerhin war ja damals schon klar, dass der krieg verloren ist....aber der chef der truppe (sorry ich kenn mich mit militärischen bezeichnungen so gar nicht aus ^^^) hat dann zu ihnen gesagt, sie sollen weglaufen, weil sie sonst alle tot sind...
also ist er weggerannt und hat es geschafft, sich bis nach hause nach österreich durchzuschlagen...
von meinem anderen opa weiß ich eigentlich fast gar nichts....den seh ich aber auch nicht so oft, weil er in england lebt...
"Have you ever heard the saying 'let sleeping abominations lie'? Now would be the time to consider it." ~ Zevran (Dragon Age:Origins)
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Beitrag #15, verfasst am 24.04.2010 | 10:36 Uhr
Was das mit der "SS" und Nazis angeht: man darf nicht vergessen: wirklich "Nazis" waren gar nicht so viele. Es gab genug, die "einfach nur Soldaten" waren. Wer einberufen wurde, konnte ja nicht einfach nein sagen. Sie mußten dann ja auch Befehle ausführen, die sie sicher teils nicht ausführen wollten. Und es gehörte sicher auch mancher zur Partei, etc, ohne wirkliche Überzeugung.
(nein, das soll keine Rechtfertigung sein. Ich bin um jeden froh, der nicht blindlings gefolgt ist und sein Hirn eingeschaltet gelassen hat und vielleicht zumindest minimal versucht hat, sich dagegen zu stellen.)
@Taliessina: danke für die Links.
(nein, das soll keine Rechtfertigung sein. Ich bin um jeden froh, der nicht blindlings gefolgt ist und sein Hirn eingeschaltet gelassen hat und vielleicht zumindest minimal versucht hat, sich dagegen zu stellen.)
@Taliessina: danke für die Links.
Stell Dir vor, es ist Krieg, und Keiner geht hin...
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Wer sich vor dem Wolf fürchtet, der soll nicht in den Wald gehen. (estnisches Sprichwort)
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Beitrag #16, verfasst am 24.04.2010 | 10:46 Uhr
Die Zeitzeugen aus meiner Familie sind mittlerweile so ziemlich ausgestorben. Allerdings habe ich mehrere Alben und überhaupt kartonweise Fotos und Briefe aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.
Ich weiß zwar immer noch nicht wirklich, was meine Großeltern so alles in dieser Zeit erlebt haben, da das Thema zu den "darüber spricht man nicht, sei still!"-Themen gehörte, aber durch Fotos, Briefe und diverse achtlos in Anwesenheit einer in Bücher versunkenen Nera dahingeworfenen Bemerkungen hab ich mir doch ein ganz gutes Bild machen können.
In meinem Heimatdorf war die Kriegszeit eher mal lästig, aber direkte Kampfhandlungen gab es nicht. Das hat sich alles auf Stuttgart, Pforzheim, Heilbronn beschränkt, weniger auf die Dörfer Richtung Tübingen. Somit handelten die Erzählungen meiner Großmutter meist von einem für diese Zeit ganz normalen Mädchenleben. Geringe Schulbildung, denn ein Mädchen heiratet ja sowieso. Als Hitler an die Macht kam, ging man eben nicht mehr in die kirchliche Mädchenjungschar, sondern zur Hitlerjugend. Ab 1939 war sie erst bei einer Familie als "Mädchen für alles" angestellt, später dann in verschiedenen Rüstungsbetrieben.
Die Briefe, die sie mit ihren Freundinnen in dieser Zeit geschrieben hat, sind wunderbar naiv. Keinerlei Einblick und Ahnung in die damalige Politik und schon gar kein Interesse. Die Mädels waren genervt von Vorgesetzten, Lehrern, Kollegen und Eltern, erzählten sich gegenseitig von den jeweils aktuellen Schwärmereien etc. Ab 1941/42 wird der Ton der Briefe anders. Vorsichtiger. Oberflächlicher. Und mit Propagandaphrasen durchsetzt. Die Briefe der Mädchen lesen sich ähnlich wie die Feldpostbriefe, die ich habe - so formuliert, daß man nur ja keinem einen Strick draus drehen kann. Ich schätze, von Briefgeheimnis war in dieser Zeit keine Rede mehr und entsprechend vorsichtig ging man zu Werk.
Die Feldpostbriefe sind nochmal eine andere Sache. Da bleibt mir beim Lesen (sofern ich alles entziffern kann .... Sütterlin, Bleistift, Entstehungsorte und der Zahn der Zeit tragen nicht gerade zur Leserlichkeit bei) schon auch mal der Bissen im Hals stecken. Es sind Briefe von Kameraden gefallener Urgroßonkel. Meine Uroma hatte 6 Brüder, die allesamt das Jahr 1945 nicht erlebt haben. Die Briefe ihrer Kameraden sind klar als Trost gedacht gewesen, es sind Fotos der Gräber dabei, es wird betont, wie heldenhaft sie gekämpft haben und daß ihre letzten Gedanken der Familie galten. Was man wohl Hinterbliebenen so schreibt. Trotzdem ... wenn ich sehe, daß die Briefe auf dem Feldzug nach Stalingrad entstanden sind oder andere während der Afrika-Feldzüge ... da wird's mir schon ein wenig mulmig.
Mein Opa war recht wortkarg, was seine Kriegserinnerungen anging. "Das war eine schlechte Zeit und sie ist zum Glück vorbei". Mehr wollte er dazu nicht sagen. Was ich letztendlich doch noch aus ihm herausgebracht habe, war, daß er sich absetzen wollte und es leider nicht geschafft hat. 1939, zwei Tage nach Kriegsausbruch, wurde er als damals 18jähriger aufgegriffen und gleich mal in Uniform gesteckt. Er hat sie bis 1945 nicht mehr ablegen können. Als Meldereiter war er bei so einigen "Heim ins Reich"-Aktionen dabei, hatte damit aber auch das Glück, direkten Kampfhandlungen aus dem Weg gehen zu können. Kurz vor Kriegsende wurde er dann doch noch verwundet, was ihn mit meiner Oma zusammengeführt hat.
Eine Sache gibt's dann noch, die auch gewaltig hätte schief gehen können. Mein Uropa war 1938/1939 als Handwerker bei den Arbeiten am Kölner Dom. Er hatte Quartier bei einer jüdischen Familie und wir alle wissen, daß es für diese ab 1938 mehr als unbequem wurde. Es weiß keiner mehr genau, wie es passiert ist, jedenfalls brachte mein Uropa die jüngste der Töchter mit zurück ins Schwäbische. Diese Tochter, meine "Tante Trudi", wuchs offiziell als Ergebnis eines Seitensprungs meines Uropas in der Familie auf und überlebte so.
Meine Urgroßeltern hatten offensichtlich einen Hang dazu, sich in Schwierigkeiten zu bringen, denn nach 1945 wurde wohl auch der eine und andere Zwangsarbeiter über die Besatzungszonengrenze, die gerade mal ein paar hundert Meter ortsauswärts verlief, geschmuggelt. Anscheinend hatte man bei aller Abneigung gegen die amerikanischen Besatzer doch schnell herausgefunden, daß diese humaner vorgingen, als die französischen Besatzer, unter deren Herrschaft das eigene Dorf stand.
Die Uroma hat immer gerne von solchen Nacht-und-Nebel-Aktionen erzählt und sich auch noch im hohen Alter königlich darüber amüsiert, wie sie den Bürgermeister damit an der Nase herumgeführt hat. "Woisch, der war halt scho in der Schul et dr Hellschde ..."
Bei der Familie von meinem Freund kommt dann die andere Seite des Kriegs zum Vorschein. Das sind Sudetendeutsche, die im Verlauf des Krieges vertrieben wurden und nach 1945 erst einmal in Wien strandeten. Von dort ging es weiter in die USA und nach Kanada, wo auch heute noch ein Teil der Verwandtschaft lebt. Die direkte Familie von meinem Freund (also Großeltern und Mutter) kehrte 1968 nach Wien zurück und zog einige Jahre später dann in mein Nachbardorf.
Die Geschichten, die die erzählen können, sind sowohl hochinteressant, als auch sehr sehr traurig. Eine Schwester der Großmutter ging während der Flucht verloren, eine andere hatte das Pech, Soldaten in die Hände zu fallen und hat sich nach dieser Begegnung umgebracht. Die Männer der Familie wurden zum Teil gefangen genommen und konnten erst nach mehreren Jahren wieder zu ihren Frauen und Kindern zurück. Und dann eben die Geschichten von den Neuanfängen. In Wien bei Null gestartet, später in New Jersey wieder bei Null.
Dagegen ist meine Familie mütterlicherseits sehr sehr heimatverbunden ... die hängen belegbar wenigstens seit dem 30jährigen Krieg im selben Dorf ....
Ich weiß zwar immer noch nicht wirklich, was meine Großeltern so alles in dieser Zeit erlebt haben, da das Thema zu den "darüber spricht man nicht, sei still!"-Themen gehörte, aber durch Fotos, Briefe und diverse achtlos in Anwesenheit einer in Bücher versunkenen Nera dahingeworfenen Bemerkungen hab ich mir doch ein ganz gutes Bild machen können.
In meinem Heimatdorf war die Kriegszeit eher mal lästig, aber direkte Kampfhandlungen gab es nicht. Das hat sich alles auf Stuttgart, Pforzheim, Heilbronn beschränkt, weniger auf die Dörfer Richtung Tübingen. Somit handelten die Erzählungen meiner Großmutter meist von einem für diese Zeit ganz normalen Mädchenleben. Geringe Schulbildung, denn ein Mädchen heiratet ja sowieso. Als Hitler an die Macht kam, ging man eben nicht mehr in die kirchliche Mädchenjungschar, sondern zur Hitlerjugend. Ab 1939 war sie erst bei einer Familie als "Mädchen für alles" angestellt, später dann in verschiedenen Rüstungsbetrieben.
Die Briefe, die sie mit ihren Freundinnen in dieser Zeit geschrieben hat, sind wunderbar naiv. Keinerlei Einblick und Ahnung in die damalige Politik und schon gar kein Interesse. Die Mädels waren genervt von Vorgesetzten, Lehrern, Kollegen und Eltern, erzählten sich gegenseitig von den jeweils aktuellen Schwärmereien etc. Ab 1941/42 wird der Ton der Briefe anders. Vorsichtiger. Oberflächlicher. Und mit Propagandaphrasen durchsetzt. Die Briefe der Mädchen lesen sich ähnlich wie die Feldpostbriefe, die ich habe - so formuliert, daß man nur ja keinem einen Strick draus drehen kann. Ich schätze, von Briefgeheimnis war in dieser Zeit keine Rede mehr und entsprechend vorsichtig ging man zu Werk.
Die Feldpostbriefe sind nochmal eine andere Sache. Da bleibt mir beim Lesen (sofern ich alles entziffern kann .... Sütterlin, Bleistift, Entstehungsorte und der Zahn der Zeit tragen nicht gerade zur Leserlichkeit bei) schon auch mal der Bissen im Hals stecken. Es sind Briefe von Kameraden gefallener Urgroßonkel. Meine Uroma hatte 6 Brüder, die allesamt das Jahr 1945 nicht erlebt haben. Die Briefe ihrer Kameraden sind klar als Trost gedacht gewesen, es sind Fotos der Gräber dabei, es wird betont, wie heldenhaft sie gekämpft haben und daß ihre letzten Gedanken der Familie galten. Was man wohl Hinterbliebenen so schreibt. Trotzdem ... wenn ich sehe, daß die Briefe auf dem Feldzug nach Stalingrad entstanden sind oder andere während der Afrika-Feldzüge ... da wird's mir schon ein wenig mulmig.
Mein Opa war recht wortkarg, was seine Kriegserinnerungen anging. "Das war eine schlechte Zeit und sie ist zum Glück vorbei". Mehr wollte er dazu nicht sagen. Was ich letztendlich doch noch aus ihm herausgebracht habe, war, daß er sich absetzen wollte und es leider nicht geschafft hat. 1939, zwei Tage nach Kriegsausbruch, wurde er als damals 18jähriger aufgegriffen und gleich mal in Uniform gesteckt. Er hat sie bis 1945 nicht mehr ablegen können. Als Meldereiter war er bei so einigen "Heim ins Reich"-Aktionen dabei, hatte damit aber auch das Glück, direkten Kampfhandlungen aus dem Weg gehen zu können. Kurz vor Kriegsende wurde er dann doch noch verwundet, was ihn mit meiner Oma zusammengeführt hat.
Eine Sache gibt's dann noch, die auch gewaltig hätte schief gehen können. Mein Uropa war 1938/1939 als Handwerker bei den Arbeiten am Kölner Dom. Er hatte Quartier bei einer jüdischen Familie und wir alle wissen, daß es für diese ab 1938 mehr als unbequem wurde. Es weiß keiner mehr genau, wie es passiert ist, jedenfalls brachte mein Uropa die jüngste der Töchter mit zurück ins Schwäbische. Diese Tochter, meine "Tante Trudi", wuchs offiziell als Ergebnis eines Seitensprungs meines Uropas in der Familie auf und überlebte so.
Meine Urgroßeltern hatten offensichtlich einen Hang dazu, sich in Schwierigkeiten zu bringen, denn nach 1945 wurde wohl auch der eine und andere Zwangsarbeiter über die Besatzungszonengrenze, die gerade mal ein paar hundert Meter ortsauswärts verlief, geschmuggelt. Anscheinend hatte man bei aller Abneigung gegen die amerikanischen Besatzer doch schnell herausgefunden, daß diese humaner vorgingen, als die französischen Besatzer, unter deren Herrschaft das eigene Dorf stand.
Die Uroma hat immer gerne von solchen Nacht-und-Nebel-Aktionen erzählt und sich auch noch im hohen Alter königlich darüber amüsiert, wie sie den Bürgermeister damit an der Nase herumgeführt hat. "Woisch, der war halt scho in der Schul et dr Hellschde ..."
Bei der Familie von meinem Freund kommt dann die andere Seite des Kriegs zum Vorschein. Das sind Sudetendeutsche, die im Verlauf des Krieges vertrieben wurden und nach 1945 erst einmal in Wien strandeten. Von dort ging es weiter in die USA und nach Kanada, wo auch heute noch ein Teil der Verwandtschaft lebt. Die direkte Familie von meinem Freund (also Großeltern und Mutter) kehrte 1968 nach Wien zurück und zog einige Jahre später dann in mein Nachbardorf.
Die Geschichten, die die erzählen können, sind sowohl hochinteressant, als auch sehr sehr traurig. Eine Schwester der Großmutter ging während der Flucht verloren, eine andere hatte das Pech, Soldaten in die Hände zu fallen und hat sich nach dieser Begegnung umgebracht. Die Männer der Familie wurden zum Teil gefangen genommen und konnten erst nach mehreren Jahren wieder zu ihren Frauen und Kindern zurück. Und dann eben die Geschichten von den Neuanfängen. In Wien bei Null gestartet, später in New Jersey wieder bei Null.
Dagegen ist meine Familie mütterlicherseits sehr sehr heimatverbunden ... die hängen belegbar wenigstens seit dem 30jährigen Krieg im selben Dorf ....
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Beitrag #17, verfasst am 24.04.2010 | 15:06 Uhr
Mein Großvater väterlicherseits soll 1945 mit der "Wilhelm Gustloff", einem Schiff, das Flüchtlinge aus Ostpreußen retten sollte, untergegangen sein, bei der mit über 9000 Toten größten Katastrophe in der Seefahrtsgeschichte. Befragen kann ich aber niemanden mehr dazu, da alle, die mehr über ihn wissen könnten, mittlerweile verstorben sind. Und es wurde in der Familie nie thematisiert...Vielleicht guck ich mal in irgendwelche Archive.
Gott spielt in meinem Leben keine Rolle.
Er ist der Regisseur.
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Was ich ja auch interessant fand, war so eine Art Gedenkgottesdienst zum 60. Jahrestag oder so in meiner Heimatstadt, wo dann auch Geschichten erzählt wurden.
In meiner Heimatstadt gabs zwar wohl auch einige Angriffe, aber die schlimmsten Schäden passierten aus Doofheit: Ein paar Leute waren so "klug", einen mit Munition etc vollbeladenen Wagen praktisch mitten in die Stadt vor die Bauschule zu fahren. Der ging dann bei nem Angriff in die Luft.
Und einige Leute starben nicht durch die Angriffe selbst, sondern erstickten in nem Luftschutzbunker.
Ist schon verrückt. Ich weiß mehr über andere Städte, wie es da zuging (z.B. der "Feuersturm" in Hamburg; Zerstörung von Hannover) als über meine Heimatstadt (wo ich halt erst durch die Erzählungen bei dem Gedenken überhaupt mal was erfuhr) oder gar dem Ort, wo ich jetzt lebe. Hier weiß ich durchs Museum zwar, wie es hier um 1800 oder in den 50-70er Jahren aussah, aber über die Kriegsjahre weiß ich fast null.
Nun gut, ich weiß über meine Heimatstadt noch, dass in dem Haus, wo ich u.a. wohnte, mal der "Bund deutscher Mädel" untergebracht war, oder zumindest in einem anderen Gebäudeteil auf dem Gelände. (Also mit anderen Worten die weibliche Hitlerjugend.)
Das war halt von damals bis in die 90er u.a. ein Freizeitheim. Schon verrückt, dass Jahrzehnte später dort ausgerechnet Leute ihre Ferien verbrachten, die zu Hitlerzeiten vergast oder anderweitig getötet worden wären...
In meiner Heimatstadt gabs zwar wohl auch einige Angriffe, aber die schlimmsten Schäden passierten aus Doofheit: Ein paar Leute waren so "klug", einen mit Munition etc vollbeladenen Wagen praktisch mitten in die Stadt vor die Bauschule zu fahren. Der ging dann bei nem Angriff in die Luft.
Und einige Leute starben nicht durch die Angriffe selbst, sondern erstickten in nem Luftschutzbunker.
Ist schon verrückt. Ich weiß mehr über andere Städte, wie es da zuging (z.B. der "Feuersturm" in Hamburg; Zerstörung von Hannover) als über meine Heimatstadt (wo ich halt erst durch die Erzählungen bei dem Gedenken überhaupt mal was erfuhr) oder gar dem Ort, wo ich jetzt lebe. Hier weiß ich durchs Museum zwar, wie es hier um 1800 oder in den 50-70er Jahren aussah, aber über die Kriegsjahre weiß ich fast null.
Nun gut, ich weiß über meine Heimatstadt noch, dass in dem Haus, wo ich u.a. wohnte, mal der "Bund deutscher Mädel" untergebracht war, oder zumindest in einem anderen Gebäudeteil auf dem Gelände. (Also mit anderen Worten die weibliche Hitlerjugend.)
Das war halt von damals bis in die 90er u.a. ein Freizeitheim. Schon verrückt, dass Jahrzehnte später dort ausgerechnet Leute ihre Ferien verbrachten, die zu Hitlerzeiten vergast oder anderweitig getötet worden wären...
Stell Dir vor, es ist Krieg, und Keiner geht hin...
~ Treguna mekoides trecorum satis dee ~
Wer sich vor dem Wolf fürchtet, der soll nicht in den Wald gehen. (estnisches Sprichwort)
* Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten. * (Robin of Sherwood)
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Beitrag #19, verfasst am 24.04.2010 | 15:27 Uhr
Gaya Lupin
Kann ich so unterschreiben =)
@ Nera: Wow, Du weißt ja ganz schön ausführlich Bescheid. Ich wünschte, ich wüsste nur halb so viel. Das mit Deiner Uroma stell ich mir grad bildlich vor. Im breitesten Schwäbisch (oh Gott, ich hoffe, das ist richtig... diese Schwaben-Baden-Fehde...^^) dieses "Woischt..." Sorry, da musste ich jetzt einfach schmunzeln.
Ich überlege gerade, ob ich aus den Erinnerungen meiner Oma bzw meinen Rechercheergebnissen eine Geschichte basteln soll... Hat mich grad so angesprungen... ^^
Spannend, was ihr so alles zu erzählen habt =)
Was das mit der "SS" und Nazis angeht: man darf nicht vergessen: wirklich "Nazis" waren gar nicht so viele. Es gab genug, die "einfach nur Soldaten" waren. Wer einberufen wurde, konnte ja nicht einfach nein sagen. Sie mußten dann ja auch Befehle ausführen, die sie sicher teils nicht ausführen wollten. Und es gehörte sicher auch mancher zur Partei, etc, ohne wirkliche Überzeugung.
Kann ich so unterschreiben =)
@ Nera: Wow, Du weißt ja ganz schön ausführlich Bescheid. Ich wünschte, ich wüsste nur halb so viel. Das mit Deiner Uroma stell ich mir grad bildlich vor. Im breitesten Schwäbisch (oh Gott, ich hoffe, das ist richtig... diese Schwaben-Baden-Fehde...^^) dieses "Woischt..." Sorry, da musste ich jetzt einfach schmunzeln.
Ich überlege gerade, ob ich aus den Erinnerungen meiner Oma bzw meinen Rechercheergebnissen eine Geschichte basteln soll... Hat mich grad so angesprungen... ^^
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Eine Geschichte fänd ich gar nicht so schlecht. Ich hab z.B. schon öfter gut umgesetzte/recherchierte Geschichten (oder auch Comics) zum Thema gelesen. Aber gerade bei sowas sollte man wirklich gut recherchiert haben und nicht nur der Spannung wegen zig Sachen dazuerfinden.
"Wir" sollten uns eh "beeilen", Geschichten/Zeitzeugenberichte aufzuschreiben, die uns Verwandte etc erzählen, die den 2. Weltkrieg mitgemacht haben. Denn diese Generation wird auch nicht jünger und stirbt aus. Daher sollte man meiner Meinung nach so viel wie möglich auf Papier festhalten (oder eben auf dem PC), denn wenn es niemanden mehr aus dieser Zeit gibt, haben es andere leichter, Geschichten zu erfinden aus der Zeit und manches zu verdrehen...
Mir fällt da grad noch was ein: Eine Bekannte von uns hatte was mit dem Fund der original Listen von Oskar Schindler zu tun. Ich krieg die Story nur leider nimmer richtig zusammen. Jedenfalls wurde vor ein paar Jahren ein Reisekoffer mit den Listen auf nem Dachboden in Hildesheim gefunden.
"Wir" sollten uns eh "beeilen", Geschichten/Zeitzeugenberichte aufzuschreiben, die uns Verwandte etc erzählen, die den 2. Weltkrieg mitgemacht haben. Denn diese Generation wird auch nicht jünger und stirbt aus. Daher sollte man meiner Meinung nach so viel wie möglich auf Papier festhalten (oder eben auf dem PC), denn wenn es niemanden mehr aus dieser Zeit gibt, haben es andere leichter, Geschichten zu erfinden aus der Zeit und manches zu verdrehen...
Mir fällt da grad noch was ein: Eine Bekannte von uns hatte was mit dem Fund der original Listen von Oskar Schindler zu tun. Ich krieg die Story nur leider nimmer richtig zusammen. Jedenfalls wurde vor ein paar Jahren ein Reisekoffer mit den Listen auf nem Dachboden in Hildesheim gefunden.
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Beitrag #21, verfasst am 24.04.2010 | 19:34 Uhr
Ich denke auch, wir sollten versuchen, so viel wie möglich noch an Zeitzeugenaussagen zu sammeln. Die Möglichkeit werden wir bald nicht mehr haben (was andererseits - für die, die das Thema nicht mehr hören können, genau wie diese unterschwelligen Schuldzuweisungen - auch nicht das Schlechteste ist).
Nein, Sachen dazuerfinden finde ich bei dieser Thematik auch nicht gut. Da sind wir zeitlich trotzdem einfach noch zu nahe dran.
@Gaya: Da ließe sich doch auch eine Geschichte draus machen =) Ich fänds interessant zu lesen.
Nein, Sachen dazuerfinden finde ich bei dieser Thematik auch nicht gut. Da sind wir zeitlich trotzdem einfach noch zu nahe dran.
@Gaya: Da ließe sich doch auch eine Geschichte draus machen =) Ich fänds interessant zu lesen.
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issachar
Beitrag #22, verfasst am 24.04.2010 | 21:04 Uhr
ähnlich verhält es sich mit ddr-erfahrungsberichten. jene generationen, die uns etwas brauchbares über diese epoche erzählen könnten, dünnen sich ebenso rasch aus.
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Beitrag #23, verfasst am 24.04.2010 | 21:06 Uhr
Taliessina
Das meiste Wissen habe ich den Briefen zu verdanken. Nachdem meine Großeltern gestorben waren, mußten wir ja das Haus ausräumen und verkaufsfertig machen. Dabei kamen diese Schätze ans Tageslicht und ich war schneller als meine entsorgungswütige Mutter - die hätte das "alte Glomp" geradewegs in den Müll befördert.
Auch wenn's im Nachhinein böse klingt: meine Oma war an ihrem Lebensende dement, lebte vollständig in ihrer Erinnerung - und zwar als junges Mädchen, also genau zu Kriegszeiten. Was sie in diesen letzten Monaten erzählt hat, war wohl so authentisch wie sonst kaum einer ihrer Berichte.
Und ja: Schwäbisch ist richtig ☺ Bis zur bösen "Gelbfiaßler"-Grenze sind's dann doch noch ein paar Kilometer.
@ Nera: Wow, Du weißt ja ganz schön ausführlich Bescheid. Ich wünschte, ich wüsste nur halb so viel. Das mit Deiner Uroma stell ich mir grad bildlich vor. Im breitesten Schwäbisch (oh Gott, ich hoffe, das ist richtig... diese Schwaben-Baden-Fehde...^^) dieses "Woischt..." Sorry, da musste ich jetzt einfach schmunzeln.
Das meiste Wissen habe ich den Briefen zu verdanken. Nachdem meine Großeltern gestorben waren, mußten wir ja das Haus ausräumen und verkaufsfertig machen. Dabei kamen diese Schätze ans Tageslicht und ich war schneller als meine entsorgungswütige Mutter - die hätte das "alte Glomp" geradewegs in den Müll befördert.
Auch wenn's im Nachhinein böse klingt: meine Oma war an ihrem Lebensende dement, lebte vollständig in ihrer Erinnerung - und zwar als junges Mädchen, also genau zu Kriegszeiten. Was sie in diesen letzten Monaten erzählt hat, war wohl so authentisch wie sonst kaum einer ihrer Berichte.
Und ja: Schwäbisch ist richtig ☺ Bis zur bösen "Gelbfiaßler"-Grenze sind's dann doch noch ein paar Kilometer.
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Beitrag #24, verfasst am 24.04.2010 | 21:55 Uhr
Taliessina
Ne, ich schreib zur Zeit nimmer. Und habe schon genug Stories auf Eis liegen... 😉
Was ich grad unheimlich fand: War eben mit dem Rad in der Stadt, gucke so zum Schaukasten wo die aktuelle Zeitung drin ist, und was ist da auf der Hauptseite? Ein Bericht über eine Gedenkstätte für die 3 KZ's in nem Nachbarort (da gabs nacheinander ein Männer-, Frauen- und Jugend-KZ). Und im Text steht fast das, was ich hier vorher schrieb, dass man schnell alles aufgeschrieben bekommen muß etc, weil es in absehbarer Zeit keine Ex-Häftlinge/Zeitzeugen mehr geben wird...
Ich denke auch, wir sollten versuchen, so viel wie möglich noch an Zeitzeugenaussagen zu sammeln. Die Möglichkeit werden wir bald nicht mehr haben (was andererseits - für die, die das Thema nicht mehr hören können, genau wie diese unterschwelligen Schuldzuweisungen - auch nicht das Schlechteste ist).
Nein, Sachen dazuerfinden finde ich bei dieser Thematik auch nicht gut. Da sind wir zeitlich trotzdem einfach noch zu nahe dran.
@Gaya: Da ließe sich doch auch eine Geschichte draus machen =) Ich fänds interessant zu lesen.
Ne, ich schreib zur Zeit nimmer. Und habe schon genug Stories auf Eis liegen... 😉
Was ich grad unheimlich fand: War eben mit dem Rad in der Stadt, gucke so zum Schaukasten wo die aktuelle Zeitung drin ist, und was ist da auf der Hauptseite? Ein Bericht über eine Gedenkstätte für die 3 KZ's in nem Nachbarort (da gabs nacheinander ein Männer-, Frauen- und Jugend-KZ). Und im Text steht fast das, was ich hier vorher schrieb, dass man schnell alles aufgeschrieben bekommen muß etc, weil es in absehbarer Zeit keine Ex-Häftlinge/Zeitzeugen mehr geben wird...
Stell Dir vor, es ist Krieg, und Keiner geht hin...
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Beitrag #25, verfasst am 24.04.2010 | 23:40 Uhr
@ScharkaliScharri: Naja, ich denke, die Erinnerungen an die DDr werden uns noch etwas erhalten bleiben. 20 und 60 Jahre ist doch ein Unterschied =)
@ Nera: Wir haben vor 3 Jahren auch den Haushalt meiner Großeltern aufgelöst, aber leider gab es keine Dokumente mehr aus der Zeit. Zumindest nicht von meinem Großvater. Von meiner Großmutter habe ich, wie erwähnt, sowas wie eine Biografie. Ich finde das sehr schade, andererseits kann ich ihn verstehen. Ich denke, ich würde mich auch lieber nicht an Krieg erinnern wollen.
Was das "Schwoben-Gelbfiaßler"-Problem angeht: Ich hab ein halbes Jahr da unten gelebt, ich hab trotzdem nicht geschnallt, was wozu gehört ;) Aber ich will ja niemandem auf die Fieß tappen. ^^
@Gaya: o.O strange... Aber war ja erst 65 Jahrestag der Befreinung von Buchenwald, da ist das denk ich nicht soooo überraschend. Naja, trotzdem... ähm... gruselig.
@ Nera: Wir haben vor 3 Jahren auch den Haushalt meiner Großeltern aufgelöst, aber leider gab es keine Dokumente mehr aus der Zeit. Zumindest nicht von meinem Großvater. Von meiner Großmutter habe ich, wie erwähnt, sowas wie eine Biografie. Ich finde das sehr schade, andererseits kann ich ihn verstehen. Ich denke, ich würde mich auch lieber nicht an Krieg erinnern wollen.
Was das "Schwoben-Gelbfiaßler"-Problem angeht: Ich hab ein halbes Jahr da unten gelebt, ich hab trotzdem nicht geschnallt, was wozu gehört ;) Aber ich will ja niemandem auf die Fieß tappen. ^^
@Gaya: o.O strange... Aber war ja erst 65 Jahrestag der Befreinung von Buchenwald, da ist das denk ich nicht soooo überraschend. Naja, trotzdem... ähm... gruselig.
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