an dieser Geschichte arbeite ich schon eine weile. Habe sie nun noch einmal völlig neu angefangen. Mit einem etwas krasseren Einstieg.
Ich bin neugierig, wie der Anfang so ankommt.
Was ich gerne wissen, würde:
- Wie wirkt die Geschichte an sich?
- Erweckt die Geschichte Neugierde?
- Wirkt die Handlung nachvollziehbar?
- Wie wirken die Charaktere?
- Kann man sich in Harald hineinversetzen (sympathisieren) ?
- Wie sind meine Beschreibungen der Umgebung (zu kurz/zu lang, zu platt)?
- Was findet ihr gut, was kann man noch verbessern?
Hier der Text
Der Fremde
Schlag auf Schlag folgten. Beide Kontrahenten standen sich erbittert gegenüber, mit großen dicken Holzknüppeln bewaffnet. Immer wieder holten sie aus und versuchten sich gegenseitig zu treffen. Manchmal wichen der eine den Schlägen des anderen aus oder manchmal versuchten sie den Schlag des anderen zu blocken. Enorme Kräfte waren dabei im Spiel. Beide Kämpfer waren extremst muskulös und jeder Schlag wurde mit einer solchen Wucht geführt, dass man hören konnte, wie die Schläge durch die Luft fegten. Trafen die dicken Stäbe mal aufeinander, gab es einen lauten Knall, der noch weit zu hören war.
Harald beobachtete diese Szene gebannt, fast schon fiebrig. Er wollte in die Szene eingreifen, wollte das Unheil, das sich anbahnte, verhindern. Doch er kam nicht vom Fleck. Sosehr er seine Muskeln auch anstrengte, er kam nicht gegen die unsichtbare Kraft an. Sie hielt ihn an der Stelle fest. Er konnte nur hilflos mit ansehen, wie die Geschichte seinen Lauf nahm.
Da passierte es: Der größere der beiden hatte mal wieder kräftig ausgeholt und der Knüppel durchfegte nun die Luft mit solch einer Geschwindigkeit und Kraft, dass man ihn mehr hörte, als sah. Sein Kontrahent mit der breiten Narbe im Gesicht versuchte den Schlag irgendwie zu kontern. Er hatte aber gerade einen ähnlichen Schlag ausgeführt, der ins Leere gegangen war. Um den entgegenkommenden Schlag zu blocken, musste er seinen eigenen Schlag abfangen, in einer fließenden Bewegung gleichzeitig zurücktreten und seinen eigenen Knüppel dem anderen entgegen hauen. Doch er war nur einen Sekundenbruchteil zu spät.
Der Schlag traf seinen linken Arm, der gerade noch mit dem rechten Arm seinen eigenen Schlag ausgeführt hatte. Dieser geballten Kraft und Geschwindigkeit der beiden Kontrahenten konnte der Arm nicht standhalten. Man konnte das Knirschen hören, dass der Knochen von sich gab, als er brach.
Doch der Schmerzschrei des Kämpfers mit der Narbe im Gesicht war um vieles lauter. Unbrauchbar fiel der Arm an ihm herab und hing nur noch schlaff an seiner Seite. Ängstlich, gebeugt und vor Schmerzen totenbleich wich er zurück. Den Knüppel hatte er aber immer noch fest in der rechten Hand und war vollkommen auf seinen Gegner konzentriert. Dieser Gegner hatte sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet und überragte den anderen mindestens um einen Fuß Körperlänge. Seine Körperhaltung und Gesichtsausdruck gaben zu verstehen; „Gib auf, du hast keine Chance mehr“. Auch eine Spur von Mitleid für die Schmerzen des anderen konnte man ihm ansehen.
Harald bot noch einmal all seine Kraft auf. Sein ganzer Körper zitterte vor Anstrengung. Doch das einzige, was ihm mit seinen kläglichen Versuchen gelang; war es seinen Mund zu öffnen, um zu versuchen wenigstens einen Warnruf auszustoßen. Leider kam nicht mal ein Krächzten aus seiner Kehle. Ein Teil von ihm wollte schließlich nur noch wegschauen, um das Unglück nicht zu sehen. Zu dieser Gnade war er aber auch nicht fähig. Seine Augen konnten sich einfach nicht schließen und stierten unverwandt auf die beiden Kontrahenten.
Der noch Unverletzte trat nun auf den Kontrahenten zu, um ihn womöglich ganz in die Flucht zu schlagen. Er geriet aber aus irgendeinem Grund ins Stolpern und verlor für einen kurzen Moment das Gleichgewicht. Er hätte sich wahrscheinlich gleich wieder gefangen, doch sein Gegner hatte diese kurze Unaufmerksamkeit voll ausgenutzt. Mit der noch unverletzten Hand führte er einen vernichtenden Schlag gegen den jetzt ungeschützten Kopf. Woraufhin der Koloss leblos in sich zusammen sackte.
In diesem Moment brach der Bann, der Harald festgehalten hatte. Er stürzte nach vorn und torkelte so schnell wie möglich auf den inzwischen tot daliegenden Körpern zu. Weinen nahm er seinen Sohn ihn in seine Arme und schrie laut „Warum nur? … Warum nur?“. Doch statt einer Antwort, sah er durch seine verweinten Augen, wie seine Umgebung langsam verblasste und eine neue Szene vor seinen Augen Gestalt annahm.
Er befand sich vor einem recht frischen Grab, welches gerade von dem Mann, der in der vorigen Szene den tödlichen Schlag ausgeführt hatte, geschändet wurde. Harald erhob sich, so schnell seine alten Knochen es ihm erlaubten, um den mittlerweile wieder Genesenen von dieser schändlichen Tat abzuhalten.
Doch die Chancen waren ungleich. Harald war zwar immer noch ein stattlicher alter Herr, dem man ansehen konnte, dass er in seiner Jugend von niemandem besiegt werden konnte. Aber gegen den durchtrainierten Trumar in der Blühte seiner Jugend hatte er keine Change. Über seine verzweifelten Versuche grinste Trumar nur breit und stieß ihn einfach von sich oder wich seinen Schlägen gekonnt aus. Dabei ließ er sich von seiner eigentlichen Beschäftigung kaum abhalten. Insgeheim wusste Harald, dass dies mehr ein Spiel und ein zusätzlicher Spaß für Trumar war. Er genoss es; zu sehen, wie verzweifelt Harald versucht den Leichnam seines Sohnes zu verteidigen, ohne wirklich etwas zu erreichen. Doch Harald durfte nichts unversucht lassen.
Am Ende musste er aber doch zusehen, wie Trumar schließlich den teilweise verwesten Oberkörper von seinem Sohn freilegte und den Kopf von dem Leib grob abriss, um ihn auf einem Stock zu befestigen.
Völlig aufgelöst schrie Harald: „Nein, nein, das wirst du bereuen.“
Und so schrie er in einem Fort, als immer mehr Szene folgte. Szenen, in denen Bekannte und Freunde, für die er sich verantwortlich fühlte und die er beschützen wollte, vor seinen Augen von Trumar getötet wurden, ohne dass er ihnen helfen konnte.
Manchmal schrie er auch „Nein, nein, töte lieber mich!“
Dieser Satz befriedigte Trumar nur noch mehr und er half nichts. Was Harald noch wütender machte und er sich wünschte, er könnte diesen Dreckskerl irgendetwas antun.
Schließlich rissen die Bilder ab und er erwachte schweißgebadet in seiner Hütte. Endlich war der Traum um, ein neuer Tag begann. Von Traum kann man aber eigentlich nicht wirklich reden. All dies waren Erinnerungen, Bilder aus der Vergangenheit, Mahnmale, die sich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten und alles schrie nach Vergeltung.
Die ersten Sonnenstrahlen kamen schon durch die Schlitze, der zum Teil verfallenen Hütte, es war lägst Zeit aufzustehen. Müde griff Harald nach seinem Stab und erhob sich von seinem Lager aus Fellen. Schwer auf den Stock gestützt ging er zu einem Steintisch in der Mitte der Hütte, setzte sich auf einen der Steinblöcke und aß ein paar klägliche Wurzeln, die auf dem Tisch lagen.
Ein kärgliches Mahl, selbst für einen kleinen Jungen, geschweige denn für einen zwei Meter großen Mann. Nachdem er sein Mahl beendet hatte, erhob er sich und griff nach einer stark abgenutzten Ledertasche und hängte sie um.
Mit diesem kleinen Gepäck verließ er seine Hütte und machte sich auf, das kleine Dorf auf der Westseite zu verlassen.
Traurig betrachtete er die alten, teilweise sogar eingekrachten Holzhütten, die fast alle noch schlimmer aussahen als seine eigene. Sein Dorf war wirklich verfallen, nichts war mehr übrig von dem Dorf, was er so geliebt hatte. Die wenigen Dorfbewohner waren ihm fremd geworden und jeder kümmerte sich nur um sich selbst und ging dem anderen aus dem Weg.
Die Angst regierte in diesem Dorf. Ein falsches Wort oder eine falsche Tat und man wurde an Trumar verpfiffen und was der einem antat, konnte man vorher nicht wissen. Deshalb war Harald froh, niemanden zu begegnen. Obwohl er eigentlich nichts zu befürchten hatte, denn Trumar ließ ihn in Ruhe. Er war keine Bedrohung für den Unangefochtenen Trumar, deshalb existierte er für Trumar eigentlich nicht mehr. Harald wollte aber nicht die Hoffnungslosigkeit und das Misstrauen in den Gesichtern der anderen Dorfbewohner sehen.
Als er endlich den Rand des Dorfes erreichte, atmete er hörbar aus und wanderte sein Blick den Hügel hinauf. Dort oben befand sich ein einsamer Stein, der ein wenig wie ein Stuhl geformt war und so einen angenehmen Sitzplatz bot, von wo aus man die ganze Umgebung aufmerksam beobachten konnte. Trumar hatte diesen angestammten Platz, aber noch nicht eingenommen. So wurde die Wut, die in Harald rumort, nicht noch einmal zusätzlich angefacht, sondern blieb für seine Verhältnisse einigermaßen ruhig.
Müde und eigentlich unmotiviert marschierte er weiter in Richtung Westen. Er wusste, heute musste er weit gehen um wenigste ein paar Wurzeln und Beeren zu finden.
Vor ihm erstreckte sich eine blühende Wiese mit hohem Gras, vielen verschiedenen Büschen, Sträuchern und vereinzelten starken Bäumen.
Kurz überlegte er, ob er seine vielen Fallen überprüfen sollte. Die Chance, dass sich einer der vielen Tiere dort verfangen hatte, war eigentlich nicht sehr klein. Doch sie wurden immer wieder von andern Dorfbewohnern ausgeraubt, bevor er seinen Ertrag eingeholt hatte. Er hatte überlegt neue Fallen zu bauen und sie besser zu verstecken, doch es kostete ihm einfach zu viel Mühe. Auch die Gefahr, dass sie entdeckt werden, wäre zu groß, als dass sich die Arbeite wirklich lohnen würde.
Schließlich entschloss er sich, die Fallen zu kontrollieren. Es bestand ja eine kleine Chance, dass eine Falle vielleicht nicht leer geräumt war und doch etwas gefangen hatten. Die erste Falle war natürlich leer, doch er sah an den Spuren, dass nicht gar vor langer Zeit ein Tier hier gefangen gewesen war. Wenigstens hatten die anderen Dorfbewohner gelernt, die Falle wieder scharfzumachen und einen Köder auszulegen. Damals hatte es Harald noch wütender gemacht, dass er auch noch die ganze Arbeit machen musste, nur um eventuell etwas von dem abzubekommen, was die anderen übersehen oder übriggelassen hatten.
So ging er von Falle zu Falle und musste fast immer feststellen, dass vor nicht ganz so langer Zeit ein Tier in die Falle getappt war. So stieg die Change immer mehr, dass er doch noch ein Festmahl bekommen würde. Und wirklich bei einem der letzten Fallen hörte er schon ein leises Rascheln, als er immer näherkam.
Als er den Hasen dann endlich erblickte, hätte er Freudensprünge machen können, wenn er nicht so alt gewesen wäre. Mit dem frischen Hasen entfernte er sich so weit vom Dorf, dass wirklich niemand zufällig den Geruch des Feuers in die Nase bekam, um ihm seine Beute zu nehmen. Nachdem er einen Teil des Fleisches zubereitet und gegessen hatte, steckte er den Rest des gebratenen Fleisches mit einigen anderen Pflanzen in die Tasche, um sie einigermaßen haltbar aufzubewahren.
Etwas besser gelaunt, machte er sich nun wieder auf den Heimweg.
Leider konnte er der Versuchung nicht widerstehen, nach Trumar Ausschau zu halten. Sobald er Trumar auf seinem angestammten Sitzplatz erblickte, erreichte seine Stimmung wieder den üblichen Tiefpunkt. Das heutige Glück war vergessen und sämtliche schlechten Erinnerungen kamen ohne Vorwarnung an die Oberfläche.
Doch halt, irgendwas stimmte nicht!
Irgendetwas an Trumars Haltung war völlig ungewohnt. Doch was genau konnte Harald im ersten Moment nicht sagen. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Zuerst einmal hing Trumar nicht einfach lustlos in seinem steinernen Stuhl wie sonst immer, sondern saß aufrecht und, wie er später bemerkte, sogar zum Zerreißen angespannt in seinem steinernen Thron. Was Harald aber am meisten beunruhigte, war nicht die Haltung, sondern die Richtung, in die Trumar seine ganze Aufmerksamkeit ausstreckte. Nach Norden zum Gergoria Wald!
Jeder, absolut jeder fürchtete sich vor diesem Wald. Der Grund dafür war nicht seine fruchtbare Größe, die alle anderen Wälder übertraf und dessen Ausmaß keiner kannte. Auch nicht die dunklen riesigen und sich ineinander windenden Bäume, die dem Wald sein dunkles und grusliges Aussehen verliehen. Sondern die alten Geschichten, die sich um diesen Wald drehten. Den Legenden zufolge kam jeder Drache, der den Menschen so viel Unglück bereitet hatten, aus diesem Wald. Jedes Monster, das in irgendeiner Geschichte vorkam, hatte seinen Uhrsprung in diesem Wald.
Obwohl es keinen lebenden Menschen gab, der behaupteten konnte, je eines dieser Tiere gesichtet zu haben. Hatte sich aber die Angst vor diesem Wald weiterhin in den Köpfen der Menschen gehalten, sodass sich keiner in die Nähe des Waldes wagte. Es gab sogar manche, die es mieden, in seine Richtung zu blicken, um ja nichts Böses heraufzubeschwören oder einfach versuchten, den Ängsten auszuweichen.
Zu diesen Personen gehörte Trumar. Dies lag zum Teil auch daran, dass er nicht in diesem Dorf aufgewachsen war. Alle anderen Dorfbewohner waren hier aufgewachsen und lebten hier schon immer im Schatten des Waldes und es war nie etwas passiert. Trumar dagegen befand sich in dieser Gegend noch nicht mal 5 Jahre, hatte aber wohl schon als Kind Geschichten von Drachen aus dem Gergoriawald gehört. Harald hatte noch zusätzlich dafür gesorgt, dass Trumar manche von ihm neu erfundene und etwas aktuelleren Geschichten zu Ohren gekommen waren. Um sich so wenigstens etwas an seiner Angst zu ergötzen.
Angesichts dessen beunruhigte es Harald besonders, dass Trumar unverwandt und fast sogar ängstlich in diese Richtung starte. Im ersten Moment stieg Panik in ihm auf und alte Ängste, die er noch aus seinen Kindertagen kannte und für längst besiegt hielt, wollten ihn übermannen. Seine Vernunft behielt aber die Oberhand. Wenn wirklich ein Drache aufgetaucht war, dann würde Trumar nicht mehr auf seinem Platz sitzen, zumindest nicht so aufrecht. Nein, es musste etwas Anderes, sein. Etwas, dessen Gefahr Trumar noch nicht einschätzen konnte. So schnell ihn seine alten Beine trugen, machte er sich auf diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.
Von hier aus konnte er nichts erkennen, sein Blick auf den Gergoria Wald und im Besonderen auf die Stelle, wohin Trumar blickte, wurde von vielen verschiedenen Bäumen und Gestrüpp versperrt. Schließlich errichte aber auch er den Hügel und nachdem er ihn etwas erstiegen hatte, hatte er freie Sicht.
da du hier noch kein Feedback bekommen hast, mache ich das mal.
- Wie wirkt die Geschichte an sich?
Die Idee, dass das ein alternder Held ist, finde ich gut, und eben nicht der klassische Jüngling.
Das Setting, eine Art Wikingerreich mit Drachen und anderen Fabelwesen, hat man den Eindruck, finde ich auch interessant.
Der Held, der hoffentlich Hilfe von anderen Wesen auf seiner Quest erhält, finde ich auch gut.
- Wirkt die Handlung nachvollziehbar?
Im Großen und Ganzen bisher ja. (Auf Einzelheiten gehe ich weiter unten ein)
- Wie wirken die Charaktere?
Da kann man nach dem kurzen Auszug m. E. noch nichts zu sagen.
- Kann man sich in Harald hineinversetzen (sympathisieren) ?
Siehe oben.
- Erweckt die Geschichte Neugierde?
Mit Rückblicken auf bereits in der Handlung zurückliegendes in eine Geschichte einzusteigen, finde ich immer sehr unglücklich und würde es wenn möglich vermeiden. Das schafft einen Abstand des Lesers vom Text. Du machst den gleich noch viel größer mit:
„neue Szene vor seinen Augen Gestalt annahm…. der in der vorigen Szene“ …
Es ist etwas, was bereits passiert war, was der Protagonist nicht live erlebt. Und selbst das, was er im Nachhinein erlebt, sind für ihn nur Szenen. Wenn der Prota schon Abstand hat, ist der Abstand des Lesers noch größer.
„Er befand sich vor einem recht frischen Grab, welches gerade von dem Mann, der in der vorigen Szene den tödlichen Schlag ausgeführt hatte, geschändet wurde. Harald erhob sich, so schnell seine alten Knochen es ihm erlaubten, um den mittlerweile wieder Genesenen von dieser schändlichen Tat abzuhalten.“
Auch hier hat man als Leser dadurch, wie es geschrieben ist, einen großen Abstand zu dem Geschehen. Irgendeiner (wer war das noch mal?) macht irgendetwas (was genau erfährt der Leser hier nicht), wovon er abgehalten werden soll.
Ich finde es auch nicht so geschickt, dass man erst ab der Mitte erfährt, warum Harald Angst hat. Für den Leser sind da erst nur irgendwelche brutalen Typen, die aufeinander einprügeln – so what? Er ist emotional unbeteiligt. (Wenn der Leser aber mit Harald Empathie empfindet, wird ihm der Ausgang des Kampfes auch wichtig.)
Was willst du mit der Szene bezwecken? Der Leser soll erfahren, warum Harald Trumar hasst und was das für ein widerwärtiger Tyrann ist. Das könntest du auch zeigen, wenn du direkt in die Gegenwart einsteigst: Zeig das Dorf, in dem alle unter dem ungerechten König leiden, alle misstrauisch und hungrig sind. Lass die beiden aufeinandertreffen und Truman da aufs Grab pinkeln. Damit erreichst du das selbe und der Leser ist live dabei.
Ich fand in den ersten Absätzen die Kampfhandlung auch etwas zu technisch. Der Leser muss da Gehirnakrobatik leisten um sich vorstellen zu können, wer da von den beiden Namenlosen gerade wo seinen Knüppel hat (und weiß noch gar nicht, ob sich die Anstrengung lohnt. 😉) Reicht da hier nicht das Ergebnis – dass da einer getroffen wird?
Ich würde, wenn du die Szene behältst, die Kämpfer beim Namen nennen. Du verlierst nichts, wenn du sie schon früher benennst und der Leser muss nicht im Kopf sortieren, welcher von denen nun größer ist und eine Narbe hat oder unverletzt ist, oder sonst irgendwelche unnötige gedankliche Arbeit leisten.
- Wie sind meine Beschreibungen der Umgebung (zu kurz/zu lang, zu platt)?
Zu ungenau/unlogisch. 😉
„Leider konnte er der Versuchung nicht widerstehen, nach Trumar Ausschau zu halten. Sobald er Trumar auf seinem angestammten Sitzplatz erblickte, erreichte seine Stimmung wieder den üblichen Tiefpunkt.“
Was soll ich mir da vorstellen? Dieser Trumar sitzt im Freien einfach so herum? Warum? Da ist das kalt. Gib ihm einen Grund, draußen zu sein, statt in seiner warmen Halle.
Und gib ihm etwas zu tun (damit er glaubwürdig ist) und zeige mit dem, was er tut, was für ein Arsch der ist. (Er ist ein Wikingerhäuptling? Dann lass ihn eine Streit zwischen zwei Parteien schlichten, in dem er, anstatt den umstrittenen Besitz [Rinder/Schweine, darum Verhandlung draußen vor der Halle] einer der beiden streitenden Parteien zuzusprechen, einfach selbst behält und den Streit damit gerecht beendet erklärt. Irgendwas in der Art. Überlege dir, was so ein Häuptling/König macht: Recht sprechen, den nächsten Raubzug vorbereiten, mit Fremden verhandeln, etc.)
Wenn er z.B. sich so eine Schweineherde angeeignet hat, kann er sagen: Hier auf dem Dorfanger, da mäste ich die. Da, wo der Sohn seines Feindes verscharrt ist, sollen sie hinscheißen. Und hungrige Schweine wühlen gerne in der Erde und fressen Aas. You know what I mean…😵
So schnell ihn seine alten Beine trugen, machte er sich auf diesem Rätsel auf die Spur zu kommen.
Da würde ich als Leser gerne wissen: warum . Ein alter, halb verhungerter Mann wird sich sicher nicht aus Neugierde in eine potentiell gefährliche Situation begeben. Er muss sich davon etwas versprechen. (Und damit nimmst du schon etwas die Spannung. Der Leser weiß jetzt schon, dass er dabei etwas positives bekommen wird.)
Wäre es nicht spannender, wenn er stattdessen verbannt wird? Der Leser sieht noch mal, was für ein Arsch Turmar ist und bang darum, dass der Held nicht in der Wildnis verhungert oder von Monster gefressen wird.
- Was findet ihr gut, was kann man noch verbessern?
Ein Tipp: mache dir beim Schreiben des Kapitels Gedanken, was du dem Leser damit vermitteln willst.
Viele Grüße,
Bido
vielen herzlichen Dank für deine Kritik. Ich freue mich über jede konstruktive Kritik. Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dass überhaupt jemand diesen Text kritisieren würde.
Wenn es dir nicht ausmacht, hätte ich noch ein paar Rückfragen zu deinen Kritikpunkten:
Meine Anfangsszene sollte ja anfangs so erscheinen, als würde es gerade in diesem Moment geschehen. Ich dachte, ich würde recht deutlich beschreiben, wie Harald mitfiebert und selbst einschreiten möchte. Es soll ja erst am Ende herauskommen, dass dies in der Vergangenheit liegt und nicht mehr abänderbar ist. Ist mir das sosehr missglückt?
Meinst du, ich sollte also früher verraten, dass einer der beiden sein Sohn ist? Ich dachte eigentlich, es würde Neugierde wecken, warum er so verzweifelt mitfiebert.
Findest du den Grund eines schönen Thrones, von wo man die ganze Umgebung beobachten und sein Reich überblicken kann, nicht gut genug?
Ja, wenn es kalt ist, dann ist es nicht gerade gemütlich. Dann muss er darauf ja auch nicht sitzen. Doch, wenn schönes Wetter ist und Mann nichts zu tun hat, warum nicht. Das ist auch eine gute Position, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen und vorzubeugen. Würde es die Situation verbessern, wenn ich bei der ersten Erwähnung dieses Platzes erwähne, dass es sich noch nicht da oben befindet, weil es am Morgen vielleicht noch zu kühl dafür ist.
Zu deiner Frage, warum Harald sich so schnell auf den Weg macht herauszufinden, was das ist, was Trumar so beunruhigt.
Warum sollte Neugierde nicht ausreichen? Ja, du hast recht, ein Mann würde sich nicht ohne Grund in eine potenzielle Gefahr begeben. Aber der Unterschied ist doch; da ist eine potenzielle Gefahr. Die Frage ist nun, wie gefährlich ist diese Gefahr. Ist sie gefährlich für Trumar, für Harald, für das ganze Dorf oder vielleicht gar nicht vorhanden? Ich denke, es ist immer klug, herauszufinden, was für Gefahren bestehen. Dadurch, dass er jetzt so schnell wie möglich eine erhöhte Position aufsucht, um besser sehen zu können, was da kommt, birgt er sich doch nicht viel mehr in Gefahr. Laut meiner Idee befindet sich Trumar noch immer näher an der vermeintlichen Gefahr als Harald. Sollte ich das vielleicht noch deutlicher machen?
Ich hoffe, du verstehst meine Rückfragen nicht als Kritik an deiner Kritik. : ) Ich will nur verstehen, was ich besser machen kann, ohne es vollkommen über den Haufen zu schmeißen. Deine Vorschläge mit Verbannung zum Beispiel klingen nicht schlecht für eine andere Geschichte. Doch meine Geschichte geht leider schon viel weiter. Wenn ich Harald jetzt verbanne, passt das alles nicht mehr zusammen. Und diese eine potenzielle Gefahr wird die ganze Geschichte in eine ganz andere Richtung lecken.
Vielen herzlichen Dank für deine Kritik und ich hoffe auf eine baldige Antwort auf meine Fragen.
Viele Grüße und frohe Weihnacht
BJS
wenn du das so beibehalten willst, den Rückblick im Traum, würde ich den so umformulieren, dass der Leser nicht direkt weiß, dass das ein Traum ist, also unbedingt solche Sachen vermeiden: „Er wollte in die Szene eingreifen … neue Szene vor seinen Augen Gestalt annahm…. der in der vorigen Szene“, denn das macht es eindeutig, dass hier nicht die Realität und Gegenwart gezeigt wird, sondern etwas wie ein Traum, eine Vision oder so etwas.
Ich würde dann auch den ersten Absatz mit dem zweiten tauschen. Die ersten paar Sätze entscheiden ja, ob jemand weiterliest. Im ersten Absatz prügeln sich nur für den Leser unbekannte Leute. „Na und?“ denkt der sich.
Der zweite Absatz wirft aber Fragen auf: Warum ist dieser Harald so gebannt? Was für ein Unheil fürchtet er? Warum kann er nicht eingreifen?
Und dann würde ich schnell klarmachen, dass er um das Leben seines Sohnes bangt. Es ist ja immer noch spannend, da der Leser nicht weiß, wie der Kampf ausgeht.
Ich dachte eigentlich, es würde Neugierde wecken, warum er so verzweifelt mitfiebert.
Ich meine so etwas tut ein Leser erst, wenn er die Protagonisten bereits kennt und für die schon Sympathie und Empathie entwickelt hat. So weiß er noch gar nicht, wer dieser „Harald“ ist, und wer die Typen, die aufeinander einschlagen.
Findest du den Grund eines schönen Thrones, von wo man die ganze Umgebung beobachten und sein Reich überblicken kann, nicht gut genug?
Ich fände es sehr unrealistisch. So etwas gehört meines Erachtens nicht in die Sparte „Fantasy“ sondern in die Kategorie „Märchen“ oder "Kinderbuch" in dem man einen Klischee-König hat, von dem man nichts anderes erwartet, als das er den ganzen Tag mit Krone, Mantel und Zepter irgendwie auf einem Thron sitzt und irgendwie halt halt Herrscher ist.
In realistischen Geschichten wird ein Herrscher doch ganz pragmatisch Wachen aufstellen oder eine Patrouille losschicken. Der hat wichtigeres zu tun, als selbst Wasche zu halten und wird sich nicht den Hintern abzufrieren, wenn er Leute hat, die das für ihn tun müssen. (Wenn du ihn aus plot-technischen Gründen oben im Freien haben musst , würde ich mir etwas realistisches überlegen: z.B. könnte der da gerade auf einem Wachturm sein, weil er die Wache zusammenscheißt, die so schwach ist vor Hunger, dass sie auf ihrem Posten eingeschlafen ist. Oder die Wache hat Bescheid gegeben, das sie irgendetwas verdächtiges im Wald gesehen hat und der König will selbst gucken, was das sein könnte.)
Warum sollte Neugierde nicht ausreichen?
Ich fände es wieder sehr unrealistisch. Wenn man halb verhungerter ist, ist man völlig kraftlos, selbst einfache Alltagshandlungen werden mühsam und anstrengend. Wenn man alt ist, um so mehr. Jede unnötige Bewegung kostet viel Energie und Überwindung, man möchte einfach nur schlafen.
Da ist jemand, der damit rechnen muss, dass er von Monstern angegriffen wird, also kämpfen muss. Als erfahrener Krieger würde ich mich nicht freiwillig in eine Gefahr begeben, wenn ich doch weiß, meine Kraft würde in einem Kampf kaum ausreichen mich zu verteidigen. (Darum meine Idee: Zwinge Harald zum Gehen, anstatt ihn freiwillig aus Neugierde nachgucken zu lassen. Neugierde würde bei einem unerfahrenen, gesunden jungen Held nachvollziehbar sein, nicht aber in deinem Setting.)
Laut meiner Idee befindet sich Trumar noch immer näher an der vermeintlichen Gefahr als Harald. Sollte ich das vielleicht noch deutlicher machen?
Definitiv deutlich machen. Warum ist Trumar näher? Ist Harald links, dann kommt Trumar, rechts der Wald oder so?
Ich kann mir nach deiner Beschreibung überhaupt nicht vorstellen, wie die Szene aussieht. Wo genau sitzt Trumar? Warum sieht der von seiner Position aus mehr als Harald? Hat der da eine Art Hochstuhl wie ein Förster? Steht das Dorf auf einem Hügel und der Thron auf der Spitze des Hügels? (Wenn das nicht gut beschrieben und begründet ist, klingt das ziemlich absurd. Da sitzt der wie auf einem Präsentierteller, jeder Bogenschütze könnte den abschießen. Darum hat ein Herrscher normalerweise eine Wache irgendwo stehen, anstatt selbst so einen ungemütlichen, gefährlichen Posten zu übernehmen. Und wenn das ein böser König ist, würde ich das erst recht von ihm erwarten. Andere sollen für ihn den Kopf hinhalten.)
Wenn deine Geschichte in einer Art Wikingerzeit spielt, wo das Recht des Stärkeren herrscht, würde ich auch erwarten, dass das Dorf irgendwie befestigt ist, zumindest durch Palisaden geschützt ist vor Fremden und vor der Bedrohung aus dem Wald, von der jeder weiß.
Ich hoffe, du verstehst meine Rückfragen nicht als Kritik an deiner Kritik. : )
Absolut nicht. 😃 Meine Kritik sind ja nur meine Ansichten, die du nicht teilen und Vorschläge, die du nicht umsetzen musst. Nur ein Feedback, wie ich die Geschichte als Leser wahrnehme und was ich aus Autorensicht anders machen würde.
Ich wünsche dir auch schöne Feiertage! ⭐️