**Semi**
Für seine Verhältnisse war er noch relativ fit. Yamagato war wirklich ein herausragender Libero, trotz der auch nicht allzu schlechten Schläge von Reno. Umso verwunderlicher fand es Semi, das Tendou nur halbherzig bei der Sache war. "Na, da hat die Ausdauer wohl heute nicht lange angehalten, wie?", er hielt seine Hand vor den Mund, um seine Stimme noch ein wenig zu verstärken, und segnete den Mittelblocker mit einem souveränen Grinsen seinerseits.
Und so gewannen sie den ersten Satz. Semi war so aufgeheizt, dass der kühle Schweiß auf seiner Hut eine wahre Wohltat war. Das war ein nahezu gelungenes Spiel, fand er. Selbst der Coach hatte ihm kaum etwas entgegenzuschreien gehabt, was ein eigener Sieg für sich war. Gerade, als er sich umdrehen wollte, um nach seiner Lieblingsmanagerin zu sehen, viel ihm jedoch nur die gähnende Leere auf.
Er wollte schon fragen, was denn mit Shina sei, als es Kishimoto war, die das ganze abkürzte. "Hier, kannst du das zu Shina bringen?", ein weißes Trainingshandtuch wurde ihm in die Hand gedrückt. "Sie soll sich ja die Haare anständig trocknen, sonst holt sie sich noch eine Erkältung. Ja, Semi? Ich mache dich dafür verantwortlich, wenn sie morgen krank ist!!" Der Weißhaarige zig eine Grimasse bei dem harrschen Befehlston der jüngeren. Nachdem sie noch zu anfangs so schüchtern aussah, machte sie jetzt ja sogar Shina in ihrer Strenge Konkurrenz. Ein Gedanke, der ihm gar nicht behagte...
So schnappte er sich seine eigene Flasche, während er den weißen Stoff unter den Arm klemmte und ging in angedeutete Richtung, in die die Orangehaarige verschwunden war. Semi hatte überhaupt nicht mitbekommen, was vorgefallen war und warum Shina denn auf einmal nasse Haare hatte. Regnete es denn plötzlich draußen? Nein, keine Spur eines Schauers.
Das war auch das erste, was er fragte, als die Tür zur Umkleide aufstieß und mit großen Schritten hereinscheint. "Du sollst dir doch vom Regen in die Traufe nicht immer so wortwörtlich nehmen, Shina-chan~..." flötete der Zuspieler noch immer mit guter Laune über den gewonnenen Satz, bevor er erneut einen tiefen Zug aus seiner Flasche nahm. Gerade nahm er noch wahr, wie eine schwarze, schlabbrige Hose den Blick auf geblümte Unterwäsche verdeckte, da wurde auch schon der ganze Inhalt, der sich noch eben in seinem Mund befand, gegen die Wand gespuckt.
"Aaahh... Entschuldigung! Ah!", peinlich berührt hob Semi sich die Augen zu, bevor er blindlings in Richtung seiner Mitschülerin stolperte. Als er mit ausgestreckter Hand ihre Schulter ertastete -puterrot vom Gesicht bis in die Zehenspitzen - drückte er sofort das mitgebrachte Handtuch Shina auf den Kopf und begann, mit einer Hand ungelenk zu rubbeln.
"Kishimotosagtedusollstdichjagutabtrocknensonstwürdesiedichundmichbisin alleEwigkeitheimsuchenundunsnieverzeihenwenndudannmorgenkrankbist..~"
Anschliessend vollführte er Setter eine halbe Pirouette und blieb mit dem Rücken zur Managerin stehen. Gott, in was war er da jetzt reingestolpert - mal wieder...
**Kishimoto**
Besorgt musterte sie die triefnasse Managerin. Nur hätte sie es für möglich gehalten, dass Wasser holen so gefährlich werden konnte. "Klar, ich komme schon zurecht", tätschelte sie beruhigen die Hände der anderen, die sich wie an einem Rettungsseil an ihren eigenen festklammerte. "Du hast wechselsachen dabei?", fragte sie der Oranghaarigen noch hinterher, doch diese bestätigte ihre Frage mit einem Nicken, und so wurde Kishimoto wieder alleine gelassen.
Sie hoffte natürlich, dass Shina wieder bis zum Satzende da wäre, doch das Spiel war schneller zu Ende, als der Schwarzhaarigen lieb war. Und schon kurze Zeit später fühlte sie sich wie in einem Raubtierköfig, als die Meute großgewachsener Spieler auf die Zuschrift. Vernahm sie da auch in ihrem Hinterkopf das knurrten eines hungrigen Löwen, der sich ihr immer schneller näherte auf der Jagd nach Frischfleisch?
Vollkommen angespannt und wir in Akkord griff sie nacheinander in die Tasche und zog immer wieder eine Trinkflasche heraus, die sie mit einem "Bitte!" In hoher quiekstimme quittierte. Viele Blicke bedachten sie mit einem Grinsen und auch fast alle bedankten sie sich, bevor sie sich in eine Ecke und ihre eigene Gedankenwelt verkrümelten, sollten die nicht von Washijo auf die Zeiten gezogen werden und und zur Schnecke gemacht werden. "Teufelscoach", murrte sie leise, bevor als nächstes Semi vor ihr stand.
Mit ihren kurzen Anweisungen, bei denen sie hoffte, er hatte alles mitbekommen - der er hatte schon ein ziemlich verträumten Gesichtsausdruck auf seinen Zügen - schickte sie ihn hinter Shina her.
Als letztes Stand nun Tendou vor ihr, der zunächst kein Interesse an der in ihrer ausgesteckten Habd befindlichen Flasche zeigte. Viel lieber stellte er sich in einer einzigen, katzenhaften Bewegung neben sie und versuchte, einen Bick auf ihre Notizen zu werfen, die sie die letzten Minuten angefertigt hatte.
Schnell drückte sie das Klemmbrett mit einem quieken an ihre Brust, um nicht preiszugeben, was genau sie alles aufgeschrieben hatte. Aber das war wohnöglicj trotzdem genug Zeit für den rothaarigen, einen Blick auf das Papier zu werfen, fürchtete sie. Um die Spieler besser zuordnen zu können, hatte sie neben jede Tabelle eine knappe Karikatur gezeichnet, wobei deren herausragendsten Merkmale am stärksten hervorstachen. Eventuell hatte sie auch an Tendous Skizze am längsten gesessen und so die detaillierteste Karikatur von ihm angefertigt.
"Nun, also...", unwirsch drückte sie ihm seine Wasserflasche gegen die schweißgetränkte Brust und verharrte auch so, als sie einen kurzen erneuten Blick auf die Notizrn warf. "Sicher nichts was du nicht sowieso schon weißt. Deine Sprünge sind nicht die besten, du springst hauptsächlich von deinem linken Bein ab, obwohl du - wenn du normal stehst - hauptsächlich dein rechtest benutzt, heißt du springst eigentlich mit deinem schwächeren Bein. Und irgendwie hältst du nicht gegen die Bälle... man könnte fast meinen, das du dich zurückhältst."
Kishimoto drückte das Papier wieder an sich. Dann drehte sie sich voll zu Tendou um, der nur kaum merklich größer war als sie selbst und musterte ihn von oben bis unten. "Du siehst auch nicht wirklich gesund aus, geht es dir gut?", sah sie ihn besorgt mit einem prüfenden Blick an. Die hob die Hand, um mit dem Rücken gegen seine Stirn zu drücken. Ihre eigene Haut prickelte dabei, doch deutlich merkte die, wie noch immer kalter Schweiß auf Tendous Haut lag. "Macht dir etwa dein Finger Probleme? Hey, bevor du dir ihn noch wirklich vollkommen brichst, solltest du dich lieber gleich an den Rand setzten hörst du?" Ihre Stimme nahm einen strengen Unterton an, als sie die Hände in die Hüften stemmte und ihn böse ansah
**Shina**
Bis eben war es noch ganz ruhig in der Umkleide gewesen, wodurch es für Shina leichter war sich Gedanken über ihre nassen Haare zu machen. Diese wurde aber schnell durchbrochen, als ein ungeschickter und unwissender Semi den Raum betrat.
Ruckartig riss ihr Blick nach oben und richtete sich dabei auf den weißhaarigen. Ihre Augen weiteten sich vor Peinlichkeit und sofort schoss die Röte in ihr Gesicht. Sie hätte schwören können aus dem Augenwinkel im Spiegel sogar sehen zu können, dass ihr ganzer Körper solch eine Farbe annahm. Wieso musste es auch ausgerechnet Semi sein, der sie in solch einem Moment erwischte?
Sie wollte gerade den Mund aufmachen und ihn schreiend aus dem Raum werfen, als etwas weiches auf ihrem Kopf landete und ihre Sicht ein wenig beeinflusste. Das recht unsanfte Rubbeln zerstreute ihre langen Haare in alle Richtungen. Ihr Mund hatte sich mittlerweile wieder geschlossen und ihre Augen musterten verlegen den Boden, als Semi sie fast schon kindlich trocknete.
Verwundert blickte sie leicht auf, als das Rubbeln aufhörte und Semi etwas von Kishimoto redete. Einen Satz, den sie für eine kurze Weile in ihrem Kopf wieder hallen lassen musste, um es überhaupt verstehen zu können. Nie hatte sie Semi so schnell und überschlagend sprechen hören.
Als er sich umgedreht hatte legte sich automatisch ihre eigene Hand auf das Handtuch und rubbelte - nun sanfter - ihre Haare trocken. Unscheinbar blickte sie zu dem Setter heraus und musterte ihn eine Weile schweigend nachdem er sich verzweifelt entschuldigte. Der leichte Schweiß an seinem Nacken war deutlich zu sehen und auch seine Haare schienen ein bisschen mehr zu hängen als sonst.
„Ah, uhm.. danke für das Handtuch.“, versuchte sie die komische Stille zu unterbrechen. Das Handtuch rutschte ihr schlussendlich über den Nacken und die Sicht auf Semi wurde wieder ganz frei. Erst jetzt bemerkte sie, wie sehr der Junge in den Ferien gewachsen war und wie groß sein Rücken mittlerweile wirkte, sobald sie ihn von hinten sah.
Unbewusst hatte sich ihre Hand gehoben und legte sich sanft gegen den Rücken von Semi. Selbst durch das Shirt konnte sie die leichten Muskeln deutlich spüren. Trotz ihrer Realisierung, dass sie ihn gerade einfach so anfasste, schien sie bloß ein wenig zu erröten, die Hand jedoch nicht wegnehmen zu wollen.
„Du bist ganz schön gewachsen in den Ferien, weißt du das? Echt unfair, wie ihr alle so frech groß werdet.“, entkam es ihr murmelnd und ihre Unterlippe schob sich leicht nach vorne, was deutlich ihren typischen Schmollmund zeigte.
**Tendou**
Ungeduldig wartete Tendou, bis jeder der gierigen Spieler seine Wasserflasche abgeholt hatte. In diesem Moment kam ihm die Anzahl an Spielern unglaublich groß vor, als hätten sie sich verdoppelt oder gar verdreifacht. Dabei war es einfach nur seine pure Ungeduld, die ihm diesen Gedanken gab.
Bei der Reaktion von Kishimoto, als diese ihre gemachten Notizen verstecken wollte, blinzelten seine Augen verwundert und fragend wippte er mit seinem Kopf hin und her, als würde er sie für eine Weile mustern wollen.
„Tolle Skizzen. Sag bloß du bist Zeichnerin. Ist ja unglaublich cool!“, sprach er das ganze nun freudig an und seine Hände ballten sich zu Fäusten, die er auf und ab bewegte, wie ein kleines Kind, was gerade seine Pokémon Karten auspackte und eine unglaublich tolle, vielleicht sogar seltene Karte erwischt hatte.
Ein anderes Detail mochte er an der ganzen Sache dann sogar noch lieber. Seine Skizze wirkte mit viel Liebe gemacht, so als hätte sie eine kleine Weile daran gesessen, auch wenn dies nur eine Vermutung von ihm war, als er die saubere Zeichnung entdeckt hatte.
Ein warmes, schönes Gefühl breitete sich in seiner Magengrube aus. Es war als würde jemand ihn zum ersten Mal - direkt nach dem ersten kennenlernen - nicht nur nach seinem monströsen Aussehen bewerten. Ein zufriedenes Lächeln setzte sich auf sein Gesicht, während er ihr interessiert über die Analyse lauschte.
Sie hatte alles bedacht. Jegliche Bewegung von ihm, die er in diesem Spiel getan hatte, war durch diese Analyse von ihr deutlich geworden. Echt unglaublich wie präzise es war. Hatte sie überhaupt auf andere geachtet, wenn sie solch einen großen Teil bei ihm hatte? Vielleicht war sie aber auch einfach unglaublich gut darin so viel wie möglich aufzunehmen und sich auf so ziemlich alles gleichzeitig zu konzentrieren.
Seine Augen blinzelten leicht, als ihm ihre Frage auffiel. Fast als hätte sie ihn aus seiner Trance geworfen, in welcher er sich gerade befand. „Mir gehts gut. Bin super drauf! So ein Finger Problem hält mich doch nicht davon ab gut zu spielen.“, versicherte er ihr beruhigend, auch wenn er sich selbst damit vielleicht ein wenig motivieren wollte. Seitdem sie seinen Finger erwähnt hatte spürte er den Schmerz klar und deutlich. Wieso konnte ihm sein Finger nicht auch vorher schon Bescheid geben?
Die auftretende Strenge überraschte ihn dann aber wieder und nun war er wirklich am überlegen für ein Spiel auszusetzen. Sein Blick schweifte zu seiner Hand, die er leicht gehoben hatte und musterte seine Finger, die zusammengeklebt waren, damit sie sich nicht verletzten. Auch jetzt waren sie noch am zittern und schienen nur mit dem letzten Rest ihre Kraft zusammenzuhalten.
„Gut, du hast recht. Ich werde mich wohl für dieses Spiel auf die Bank setzen müssen. Vielleicht kannst du mir dann noch ein paar weitere Analysen zeigen, die du während des Spiels gemacht hast. Und ich würde gerne auch die nächsten sehen. Du scheinst ziemlich viel Ahnung zu haben.“, grinste er die Kleinere kurze Zeit später an. Seine Hände stemmten sich in seine Hüften und als hätte er etwas zu zeigen, streckte er seine Brust leicht heraus.
Semi spürte, wie sich die kleinen, geschmeidigen Finger von Shina auf seinen Rücken legten. Da entspannte sich auch endlich seine stocksteife Haltung. Gerade seine Rückenmuskeln lockerden sich, als seine Fäuste sich entballten, und ließen in nur noch deutlicher die Wärme an der Stelle spüren, an der die Managerin ihn berührte. Würde er es nicht sehen, wenn er an sich hinabblickte, hätte er schwören können, er hätte kein T-Shirt an, so prominent spürte er diese Berührung trotz des indirekten Kontakts. Gerade wollte er noch sagen, wie verschwitzt sicher seine Klamotten waren und das Shina die sicher noch dich unbedingt anfassen wollte. Doch er brachte keinen Ton heraus, und ertappte sich dabei, wie er sie Situation erneut unheimlich genoss.
Schließlich konnte er sich dem Drang, sich Shina zuzuwenden, nicht mehr länger unterdrückten. Langsam drehte Semi sich um. Shinas Hand blieb auf ihrer Höhe verharren und wanderte so, während er sich umwandte, mit über seinen Rücken, seitlich über den Oberarm, bevor sie schließlich auf seiner Brust zum stehen kam. Der Weißhaarige fühlte sich sogar wohl genug, dass er einen kurzen Schritt auf die Managerin zuging und dabei wie so oft von oben auf sie herabsah. "Jetzt schon 178,2 Zentimeter. Mit viel Glück, und nächstes Jahr komme ich sogar noch über die eins achtzig", erklärte er stolz, als er seine Messungen von heute morgen kundgab.
Semis Hände pendelten leicht hin und wer, doch das war schon genug, dass seine eine Hand unwillkürlich die von Shina streifte und es ihn wie einen Blitz durchzuckte. Warum war er denn heute auch so empfindlich? Und sein Hirn konnte auch nicht wirklich richtig funktionieren, als er sich dabei ertappte, wie er folgende Wort sprach: "Und du bist sogar noch hübscher geworden über die letzten Wochen. Echt unfair, uns damit zu foltern~..." hauchte er, als sich seine Finger in Richtung ihres Gesichtes stahlen, bevor sie eine er wild durcheinander hängenden Strähnen hinter Shinas Ohr streifte. Diese wäre einer dieser Momente gewesen, den so viele Geschichten als 'perfekt' bezeichneten. Nur leider war es das laute Rufen des Coaches, der ihre Zweisamkeit unterbrach und verkündete, das Training würde fortgesetzt.
Ein entnervtes Seufzen entglitt Semi. Es bot sich ihm einmal die Gelegenheit, um mit Shina einen Moment alleine zu verbringen, und schon wurde alles wieder über den Haufen geworfen. Bevor er sich jedoch zurück aufs Spielfeld begab, hastete er über den Gang hinweg in die andere Umkleide und zog seine Trainingsjacke aus dem Spind. Zurück im anderen Raum, zog er rasch den Reißverschluss auf und hing die mehrere Kubikmeter zu große Jacke sanft über Shinas Schultern. "So, mit dem Kragen nach oben solltest du dir auf keinen Fall eine Erkältung einfangen", stellte er mit einem zufriedenen Lächeln fest. Anschließend rieb er der Managerin noch zugleich wärmend, als auch aufmunternd über den Oberarm, bevor er sich seinen Teamkollegen wieder auf dem Feld anschloss.
**Kishimoto**
War es ihr peinlich, das gerade Tendou nach ihren Notizen fragte, die mit am ausführlichsten waren? Ja, ganz definitiv. Und auch wie er ihre schlampigen Karrikaturen komplimentierte, wurde ich doch gleich etwas unangenehm. "Jeder braucht ab und an einmal ein neues Hobby...", nuschelte sie unter vorgehaltener Hand, die sich peinlich berührt vor ihren Mund gelegt hatte.
Sie bemerkte durchaus, wie die Finger zitterten. Womöglich war neben der Verrenkung des Knochens auch noch die Muskeln leicht beschädigt, die jetzt aufgrund der Überbelastung das Zittern begannen. Ihre Gesichtzüge wichen abwechselnd der Strenge, bevor sich erneut die Sorge breit machte und sie anschließend wieder die peinliche Berührtheit packte, weil sie das Gefühl hatte, zu sehr zu starren. "Wenn du dich wirklich fit fühlst...", begann sie zunächst, doch Tendou entschied sich dafür, fürs erste Auszusetzten.
Kishimotos Augen fielen auf Ushiwaka, der sich schon wieder bereits für das nächste Spiel war. Hatte die Schwarzhaarige soeben noch Bange vor ihrem inneren Auge das Szenario eines zu Boden gehenden Mittelblockers gesehen, der sich mit schmerzerfüllten Gesicht an seinen Fingern festhielt, erreichte sie nun die Welle der Erleichterung und sie atmete hörbar erleichtert aus. "Alles klar, ich red gleich einmal mit dem Coach", mit zufriedenem Lächeln verschloss Kishimoto die Tasche mit den Getränken und stellte sie am Rand ab, ehe sie sich zu Washijos Stuhl aufmachte.
"Ähm... Washijo-sensei?", die buschigen Augenbrauen des alten Coach hoben sich kaum bedächtlich. "Tendou hat sich eine Fingerverletzung zugezogen, die sich durch das Spiel nur verschlimmert hat. Ich würde ihn zur Schulärztin bringen und dafür sorgen, dass er sobald wie möglich auf dem Feld stehen kann", erklärte sie dimplomatisch, aber immer noch mit minimaler Furcht vor dem Lehrer. Dieser schien zunächst sie gründlich zu mustern, bevor sein Blick auf den rothaarigen Mittelblocker fiel, der noch immer an dem Ort stand, an dem Kishimoto ihn stehen gelassen hatte. "Tsk, das hätte dieser Trottel doch von vornherein sagen sollen. Sorg dafür, dass er ordentlich versorgt wird. In so einem Zustand kann ich ihn nicht brauchen", Washijo machte eine Handbewegung, die bedeutete, dass die beiden gehen konnten.
Dankbar verbeugte sich die Schwarzhaarige kurz, bevor sie ihre Sachen zusammensammelte. Shina erwischte sie ebenfalls noch, als sie warm angezogen und abgetrocknet wieder in die Halle kam. Auch ihr gab Kishimoto ein kurzes Update über Tendous Zustand, bevor sie hinzufügte: "Ich hab ein bisschen Zeit gefunden, etwas zu notieren. Also... ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen? Wir... können uns aber auch noch darüber austauschen, wenn du möchtest, aber.. ich muss jetzt los!", verkündete sie kurz angebunden, bevor sie zu Tendou aufschloss und sie gemeinsam die Halle verließen und sich zurück zum Hauptgebäude aufmachten.
"Ein Glück, dass es deine linke Hand ist. Sonst hätte noch jemand für dich die Hausaufgaben mitschreiben müssen, hm?", als sie bloß noch zu zweit in der kühlen Herbstluft waren, entspannte sich Kishimoto merklich. Von einer Person angestarrt zu werden war immer noch besser, als vom ganzen Team. Und sie hatte bereits bemerkt, dass Tendou zwar ebenfalls interessierte Blicke zuwarf, es aber noch in grenzen hielt und so eine angenehmere Atmosphäre zwischen ihnen beiden schaffte.
**Shina**
Bereits an seinen Muskeln, die anfingen sich leicht zu bewegen, konnte sie erahnen, dass er sich langsam zu ihr herumdrehen würde, doch dass er ihre Hand nicht wegstoßen würde - nicht einmal ihren Platz änderte - damit hatte sie nicht im geringsten gerechnet, es sich nicht einmal erträumen lassen. Vorne an seiner Brust war es noch deutlicher spürbar, dass Semi in den Ferien einiges an Muskeln zugenommen hatte.
Als er einen Schritt auf sie zumachte musste Shina ihren Kopf leicht in den Nacken legen, um zu ihm aufschauen zu können. Ihre Augen erfassten dabei die seinen und wie schon zuvor verlor sie sich sofort in der Farbe, die sie jedes Mal in seinen Bann zogen.
„Ganze dreizehn Zentimeter..“, murmelte sie leise vor sich hin und zeichnete dabei den großen Unterschied zwischen ihren Größen aus. Ausgerechnet bei Semi schien es ihr aber ganz und gar nichts auszumachen so klein zu sein, selbst wenn sie sich in Zukunft noch mehr den Nacken verrenken müsste, nur um ihn anschauen zu können.
Shinas Reaktion auf das Kompliment von Semi konnte nur sie verspüren. Ihr Blut begann vor lauter Aufregung zu brodeln und ihr Magen fühlte sich ungesund hopsend an, als würde es gerade durch ihren Bauch tanzen. Ihr Herz drückte sich so sehr an ihre Brust, dass Shina fast schon Angst hatte es würde gleich von alleine aus der Brust springen, um Semi so nah wie möglich zu sein. Nie hatte sie solch ein Kompliment des Jungen bekommen und vermutlich war es auch besser so, dass es vereinzelt blieb, denn sonst würde der Junge sie noch umbringen.
Seine Geste, ihre Strähne hinters ihr Ohr zu streichen, machte das ganze nicht besser. Seine Fingerspitzen, die bei dieser Bewegung leicht ihre Haut berührten hinterließen ein angenehmes Kribbeln, dessen Anwesenheit sie nur allzu gerne mehr verspürt hätte.
Ihre freie Hand wollte sich gerade erheben, um Semis Hand zu erhaschen, als die strenge Stimme von Coach Washijo in ihre Ohren drang. Es war als wurde sie aus einem schönen Traum gerissen und durch einen nervigen Wecker zurück in die Realität geholt. Sämtliche Gefühle von vorhin verschwanden schlagartig und versteckten sich in ihren üblichen Verstecken.
Doch anstatt Semi dabei zu beobachten, wie er zurück aufs Feld ging, erwischte sie ihn dabei, wie er seine Trainingsjacke holte und diese über ihre Schultern legte. Die sofortige Wärme erfüllte sie mit einem Glücksgefühl und der Duft des Jungen stieg in ihre Nase, wodurch sich ihr Gesichtsausdruck sofort entspannte.
„Danke, Semi.“, hauchte sie sanft.
Lächelnd nickte sie und schmiegte sich sanft in den Kragen der Jacke, während sich ihre Augen entspannt schlossen, um alles von diesem Moment in sich aufnehmen zu können. Lange konnte sie jedoch nicht davon träumen für immer in dieser Position zu bleiben, denn die Spiele mussten weitergehen. Also folgte sie Semi kurzerhand aus der Kabine, wo sie auf Kishimoto traf, die ihr rasch das Notizbuch gegen die Brust drückte und erklärte, wieso sie nun gehen musste. Tendou war also verletzt und sofort stieg die Sorge in dem Körper von Shina auf, während ihre Augen sich auf den Rothaarigen legten. „Danke, Kishimoto. Kümmer dich gut um ihn!“, rief sie ihr hinterher. Nebenbei öffneten ihre Hände das Notizbuch und wenige Sekunden später blickte sie auf das geschriebene hinunter. Sie war erstaunt. Kishimoto hatte alles zusammengefasst, viel ordentlicher und ausführlicher, als Shina es womöglich jemals könnte. Auch die Skizzen gaben ein gutes Gesamtbild ab, um die Informationen abzurunden. „Wahnsinn..“, flüsterte sie leise, während sie sich langsam zurück zur Bank begab, um sich neben den Coach zu setzen. Vielleicht war es Zeit ihren Posten an jemanden abzugeben, der es mehr verdient hatte. Kishimoto schien Erfahrungen zu haben, also könnte sie den Jungen durchaus mehr helfen, als Shina und das war es, was am Ende zählte. Sie würde das Mädchen später darauf ansprechen.
**Tendou**
Tendous Blick folgte dem von Kishimoto, der sich kurz auf Wakatoshi richtete. Er konnte sehen, wie der Größere den Blick erwiderte und nicht allzu erfreut darüber schien, dass ausgerechnet einer der besten Spieler nun vom Feld gehen musste. Doch er kannte Wakatoshi nur allzu gut und wusste, dass er sich innerlich Sorgen darüber machte und niemals den Volleyball über einen seiner Mitglieder stellen würde.
Mit einem Nicken, dessen Erwiderung nicht lange auf sich warten ließ wandte er sich wieder an Kishimoto, die gerade mit dem Coach zu sprechen begann.
Mit einem Ohr lauschte er all den Worten und sofort kicherte er in sich hinein, um keine große Aufmerksamkeit auf sich zu schieben. „Ouch.. tolle Worte.“, hauchte er leise vor sich hin, sobald die letzten Worte des Coaches die Lippen des Mannes verlassen hatten. Aber er hatte Recht. Mit allem. Tendou war in diesem Augenblick nicht mehr wert, als ein Anfänger, der noch nie einen Volleyball auch nur gesehen hatte. Er würde dem Team nur im Weg stehen und keinen einzigen Punkt für sie holen, sollte er seine Finger nicht bald wieder gesund bekommen. Auch wenn es nur ein Trainingsspiel war, so hatte er noch immer ein Pflichtbewusstsein.
Mit ein paar Schritten war er bereits vorgegangen, um aus der - mittlerweile stickigen Halle - zu entfliehen, als Kishimoto kurze Zeit später zu ihm aufholte.
„Tja, dann hätte ich Semi wohl dazu verdonnern müssen meine Hausaufgaben zu machen. Der macht das bestimmt gerne. Vielleicht werd ich das wirklich tun.“, erwiderte er grinsend und zum Schluss wurde er ein wenig nachdenklich, um seinen Plan zu verfeinern. „Danke für die Idee!“
Zusammen mit Kishimoto stapfte er über den Schulhof und verschwand - glücklicherweise - wenig später im Hauptgebäude, wo ihm die angenehm warme Luft entgegen trat. Er konnte jedoch nicht verleugnen, dass er nicht doch noch gerne ein bisschen der kalten Luft in seinem Gesicht verspürt hätte, die seinen Schweiß ein wenig vertrocknete. Vermutlich besser, sonst würde er sich noch zusätzlich eine Erkältung holen und noch länger ausfallen. Dann würde es ganz schnell Ärger mit Wakatoshi geben.
Die Treppen hinauf und den Gang links, schon waren sie da. Das Krankenzimmer. Ein Raum, den Tendou letztes Jahr fast gar nicht gesehen hatte. Jetzt aber war er hier. Seine Hand wanderte zu den Fingern, die vom Tape zusammengeflochten waren und öffnete es, damit sie sich wieder entfalten konnten.
„Ich möchte dich nicht zu lange hier aufhalten. Solltest du also wieder zurückgehen wollen, dann mach das. Ich werd schon klarkommen.“, fing er nun, um auch sicherzustellen, dass sie sich nicht dazu gezwungen fühlte hier bei ihm zu sein. Als medizinische Hilfe war das zwar ihre Aufgabe, dennoch..
An seinem ganzen Körper kribbelte es, als würden tausende kleine Insekten auf seiner Haut Tango tanzen. Er versuchte das Gefühl abzuschütteln, als er joggend zurück auf seinen Platz auf dem Spielfeld kehrte, doch es haftete sich an ihm fest wie klebriger Honig. Es war nicht unangenehm, ganz im Gegenteil sogar. Doch es würde ihn jetzt im zweiten Satz alles andere als konzentriert zurücklassen.
Er beobachtete einen niedergeschlagenen Tendou, der von Kishimoto nach draußen begleitet wurde. Wakatoshi fing seinen Blick auf: "Anscheinend hat er sich den Finger gebrochen" erklärte er dem Weißhaarigen, dem wohl ein Fragezeichen bei dem Abgang des ungleichen Duos ins Gesicht gestanden hatte. Wissend schlich sich ein Lächeln auf Semis Lippen: "Ha, hätte nicht gedacht, dass er das Ganze durchzieht und sich gleich das Frischfleisch schnappt", proklammierte er , als er sich mit einem kopfschütteln wieder dem Netz zuwandte.
"Im Gegensatz zu dir, etwa?", kam die tiefe Bassstimme von Ushijima von hinten an sein Ohr, was ihm einem eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Alle anderen Zweit- und Drittklässler, die das ganze gehört hatte, brachen in ein unterdrücktes, gedämpftes Kichern aus, was Semi peinlich berührt den Schweiß auf die Stirn trieb. "Kö... können wir jetzt nicht endlich mal anfangen?!?", rief er energisch aus, während er schmollend die Fäuste ballte und die Maschen des Netzes vor ihm fokussierte.
Noch während des Spiels erwischte er sich immer wieder dabei, wie sein Blick auf die Managerin in der Übergroßen Jacke glitt. Es mag für jeden anderen komödiantisch ausgesehen haben, doch Semis Herz schwellte vor Stolz auf die doppelte größe, wenn er sich daran erinnerte, wessen Jacke sie um ihren zierlichen Körper geschlungen hatte. Das schien auch an seiner Konzentration zu nagen. Doch ohne Tendou auf der anderen Seite, hatte ihr Team leichtes Spiel. Der Satz ging erneut an sein Team.
"Pah, das war wie zu erwarten schlecht", raunzte der Trainer die Spieler an, bevor er jeden mit einem funkelnden Blick bedachte. Kollektives seufzen erklang von den Spielern, die wirklich alle versucht hatten, ihr bestes zu geben. "Seht zu, dass ihr für heute Land gewinnt, ehe sich noch jemand den kleinen Zeh verstaucht." Washijo - Abgang.
Den Spielern blieb jetzt nur noch das Dehnen zum Abschluss, bevor sie sich alle zum Umziehen und Duschen in die Kabine verzogen. Das Gespräch war angeregt und drehte sich hauptsächlich darum, das sich ihr Trainer kein bisschen zum Vorjahr verändert hatte, und er weiterhin den Anspruch hoch hielt. Semi war allerdings nur froh, dass sich sein Spiel heute bewährt hatte und ihre Mannschaft gewonnen hatte. Sein Platz war wohl aufs erste gesichert, wenn gleich er sich sicher war, dass dieser Shirabu nicht zu unterschätzen war.
Zurück in der Halle waren nur doch die Erstklässler, die den Boden scheuerten, und Shina, die ihrerseits ihre Sachen verräumt hatte. Kurz schoss ihm die Hitze ins Gesicht, als er an die Situation in der Pause dachte. Doch er fing sich auch wieder schnell und ging ohne Umschweife auf die Managerin zu. "Und? Was gab es für neue Erkenntnisse, die du heute in deinem Buch der Schande festhalten musstest?", fragte er grinsend, während er eine lockere Haltung annahm. Er hatte ein sauberes T-Shirt an, doch ihm fehlte die markante Jacke des Teams, die noch immer im Besitz der Managerin war. Stattdessen hatte er das Jackett seiner Uniformjacke darübergezogen, was eine seltsame Kombi zusammen mit der Trainingshose darstellte.
**Kishimoto**
Auch wenn Tendou es sich nicht anmerken ließ, fiel Kishimoto der leichte Stimmungsbruch des Rothaarigen auf. Das, was der Coach über ihn gesagt hatte, war wirklich nicht nett gewesen. Jeder blinde mit Krückstock hatte sehen können, dass Tendous zurückhaltung im Spiel keinesfalls gespielt war. Auch wenn es zum Teil sicher Placebo-Effekt gewesen war, dass dem Mittelblocker überhaupt so schnell die Schmerzen bemerkt hatte, war es durch und durch respektlos, jegliche Art von Verletzung als ein leichtes abzutun.
Nichtsdestotrotz war seine gute Laune noch nicht ganz verflogen, was Kishimoto ein zufriedenes Lächeln aufs Gesicht zauberte. "Nun, Semi hatte wohl nicht den Eindruck gemacht, als würde er gerne Mehrarbeit bevorzugen. Auch wenn er nach dem ersten Satz ziemlich zufrieden mit sich aussah...", dachte Kishimoto ihrerseits über den Zuspieler nach. "Überhaupt, ihr wirkt alle ziemlich entspannt, wenn der Teufelscoach euch mit seinen Stieraugen am liebsten ungespitzt in den Boden rammen wollte. Im ernst, wäre das damals mein Coach gewesen, wäre ich sicher nicht nur einmal schreiend davon gelaufen" sie stimmte in ein Lachen ein, das jedoch Sekundenbruchteile später durch die Erkenntnis getrübt wurde, was sie gerade gesagt hatte. Zum Glück hatten sie soeben die letzte Treppe überwunden und konnte das Thema wieder auf das Offensichtliche leiten.
"Zurückgehen, nur um mir von Washijo womöglich den Kopf abreißen zu lassen, warum die nicht sofort wieder auf dem Feld stehst? Hälst du mich für Lebensmüde?!?", mit lauter Stimme und mit herumfuchtelnden Armen, um ihren Standpunkt zu untermauern, antwortete sie dem Mittelblocker, als dieser seine Finger 'enttapte'. "Keine Sorge, so schnell bekommst du mich nicht los. Was wäre ich für eine angehende Ärztin, wenn ich meinen ersten Patienten einfach so im Stich lassen würde, hm?" sie klopfte zunächst Tendou auf die Schulter, bevor sie mit der gleichen Hand die Tür zum Krankenzimmer aufstieß.
"Hm?", verwundert sah die Schulärztin sie an. "Was? Kaum der erste Schultag und schon landet einer von euch auf meiner Pritsche? Was um himmels Willen treibt Herr Washijo da draußen mit euch in der Halle?" tadelnd trocknete sich die ältere Frau die Hände, bevor sie Tendou an beiden Schultern herbei schob und auf die Liege drückte. "Und wo genau drückt der Schuh?" fragte sie den rothaarigen Spieler, bevor sich Kishimoto über ihre Schulter hinweg einschaltete. "Ich vermute eine Luxation am phalanx distralis des Digitus anularis an der linken Hand. Anscheinend schon eine Verletzung vom letzten Jahr, die aber aufgrund fehlender Algesie nicht bemerkt wurde" Die Fachsprache ging ihr locker von den Lippen. Die zunächst erhobenen Augenbrauen der Schulärztin wandelten sich bald schon in wissendes nicken.
Sie wandte sich um und kramte in einer der vielen Schubladen, bevor sie sich einen Stuhl heranzog und selbst den Finger begutachtete. "Hm, das scheint zu stimmen. Da muss ich wohl kurz Hand anlegen. Achtung, kurzer Schmerz~..." es machte einmal laut Knack, doch kurz darauf sah Tendous Finger zum Glück wieder normal aus. "...~ so, jetzt schiene ich dir Mittel- und Ringfinger noch kurz zusammen... und fertig."
Interessiert hatte Kishimoto zugesehen. Sie hatte noch nie selbst Gelenke wieder eingerenkt und war froh, das nicht selbst hatte tun müssen - denn die Theorie war häufig komplett anders als die Praxis. Die ältere Frau wandte sich erneut an sie "Eigentlich sollte alles wieder im reinen sein. Sollte es deinem Freund wieder erwartend schlechter gehen, seht zu, dass ihr erneut zu mir oder zu einem anderen Arzt geht. Leichte Schmerzen sind normal, das könnt ihr durch Kühlen wieder ausgleichen. Sonst soweit alles klar?" Wandte sie sich zuletzt noch einmal an Tendou, der noch immer auf der Pritsche saß.
**Shina**
Desto mehr sie sich in die Texte einlas, desto besser verstand sie jegliche Begründung der Neuen, was genau die Jungs bei ihrem Spiel falsch gemacht hatten und noch verbessern könnten. Die Beschreibung selbst war auch so leicht aufgeschrieben, dass jeder es hätte verstehen können.
Erst das erste Aufprallen des Balls, dessen Geräusch den Anfang des Spiels verriet, riss sie aus dem Notizbuch und ihr Blick wandte sich zum Spielfeld. Fast schon ein bisschen Mitleid bahnte sich bei ihr an, als das gegnerischen Team von Wakatoshi und Semi gnadenlos platt gemacht wurde. Keiner der Spieler traute sich auch nur annähernd einen Ball anzunehmen, geschweige denn zu blocken. Und mal ehrlich? Shina verstand es sogar. Wer sich solch einem Biest entgegenstellte hatte definitiv entweder einen Todeswunsch, oder war selten dämlich.
Die Punkte schossen nur so zum Team des Asses und wirklich etwas aufschreiben musste Shina dank ihrer Kollegin nicht mehr. Die gleichen Fehler wurden begannen, also konnte sie später jedem einen Zettel machen, damit sie immer wieder drauf schauen konnten und es dadurch verbesserten.
Der letzte Punkt fiel und die kurze Ansprache des Trainers hallte durch die Halle. Schlecht, ja, so war ihr lieber Coach nun mal. Verlegend lächelnd schaute sie ihm hinterher, als der Mann die Halle verließ und das Team verzweifelt, aber womöglich auch erleichternd zurückließ. Ein leises Seufzen entkam ihrer Kehle, bevor sie aufstand und die Notizen an die Seite legte. Gerade als sie anfangen wollte dem Team beim abbauen zu helfen, stellte sich ein bekanntes Gesicht vor sie. Fast wäre sie in den Größeren hineingelaufen, was wohl damit geendet hätte, dass die ganz schöne Schmerzen in der Nase bekommen hätte, hätte ihr Gesicht jemals den puren Muskel Semis getroffen.
Verlegen legte sie eine Hand an ihren Hinterkopf und blickte dabei zur Seite, wo sie die Spieler in die Umkleide treten sah.
„Na ja, wenn ich ehrlich bin hatte ich heute eigentlich keine wirkliche Aufgabe. Kishimoto hat euch das erste Spiel über gut beobachtet und ihre Analyse war wirklich überragend. Ich glaube, dass sie selbst mal Erfahrung im Volleyball hatte und daher um einiges mehr hinzufügen konnte, als ich es jemals könnte. Ich werde es euch morgen auf Papier mitbringen. Dann könnt ihr es euch anschauen“, gab sie ehrlich zu und kurze Zeit später biss sie sich unsanft auf die Unterlippe, um den Mund zu halten. Solch ein negatives Gerede war nicht gut, besonders nicht in so einem Team. Sie wollte die Laune nicht vermiesen, weshalb sie wenig später die Hände in die Hüfte stemmte und streng zu dem weißhaarigen hinaufschaute. „Aber ich kann dir durchaus sagen, dass sich dein Zuspiel über die Ferien verbessert hat! Und wenn Tendou erstmal wieder fit ist, dann wird dieses Team die anderen ganz sicher aus den Turnieren kicken!“, sprach sie, ein wenig lauter als sonst und hob dabei einen ihrer Arme, als würde sie ihm ihre Muskeln zeigen, die nicht einmal vorhanden waren. Ihre andere Hand landete oben drauf. Ein bisschen erbärmlich, wenn sie so darüber nachdachte. Einzig und allein die Jacke von Semi machte ihren Arm ein wenig dicker als sonst und das nur, weil sie unglaublich groß war und ihrem Arm komplett schlabberig davon hing.
Trotz all dieser Entschlossenheit konnte Shina ihre eigene Nutzlosigkeit, die sich ein wenig in ihr ausbreitete, nicht unterdrücken. Sie musste sich durchaus überlegen, ob es nicht noch andere Wege gab, wie sie die Jungs unterstützen konnte.
„Gute Arbeit heute! Bis morgen!“, ertönte die Stimme von Reon, welcher sich als erster umgezogen hatte. Gefolgt wurde er von Wakatoshi und ein paar der Erstklässler, die mittlerweile mit den aufräumen und umziehen fertig waren. „Bis morgen!“, rief Shina lächelnd und gab ihnen ein kurzes Winken als Abschied. Da sie die Ersatzschlüssel zur Halle hatte machte es ihr überhaupt nichts aus als letzte hier rauszugehen. Sie würde sowieso auf Tendou und Kishimoto warten müssen, damit der rothaarige seine Kleidung und Schulsachen mitnehmen konnte. Ihr Blick wanderte wieder zu Semi herauf. „Ah, ich sollte dir noch deine Jacke wiedergeben. Wenn du möchtest kann ich sie natürlich auch waschen.“, faselte sie schnell drauf los und schon landete ihre Hand an dem Reißverschluss, um ihre Wärmequelle zu öffnen.
**Tendou**
Wie sie über den Coach sprach war etwas, was viele auf dem Feld wohl stets über ihn dachten, aber keiner Mut genug hatte um es auszusprechen. Ein leises Lachen entfuhr der bebenden Kehle von Tendou, während er ihr lauschte.
„Das mit Semi hat wohl einfach mit seinem Selbstbewusstsein zutun. Er braucht diese Bestätigung von sich selbst, aber auch von unserem Ass, um vernünftig spielen zu können. Es wäre fatal würden wir nicht an uns selbst glauben.“, fing er an zu erzählen, während er die Tür für eine kurze Zeit musterte. „Na ja und unser Coach mag zwar ein echter Muffel sein, aber ich glaube der hat sich im Alter bloß eine harte Wand gebaut, damit er so streng sein kann. Er steht auf große Spieler und ist total versessen darauf. Er möchte mit uns so weit wie möglich kommen und dafür muss man eben Opfer bringen. Selbst wenn das heißen würde, dass man eine gewisse Nettigkeit ablegt.“
Mit diesen Worten war er zufrieden. Es waren zwar bloß seine eigenen Gedanken zu dem ganzen Thema und er könnte auch völlig falsch liegen, doch manchmal machte selbst Washijo den Eindruck, als würde er nur das beste für seine Spieler wollen. Auf den ersten Blick meinten immer viele, dass er bloß an sich selbst denken würde, an den Fame, den er bekommen würde, sollte er mit überragenden Spielern gewinnen. Doch auch er war früher mal jünger gewesen und wusste genau, wie manche Spieler sich fühlten. Natürlich machte ihn das ganze noch lange nicht einfühlsam. Sonst wäre das Team vermutlich auch nicht so überragend, wie es jetzt schon war.
Ihre Art zu zeigen, dass sie bei ihm bleiben wollte brachte ein leises Glucksen aus ihm heraus und nickend betrat er zusammen mit ihr das Zimmer der Krankenschwester, die von all dem bereits ziemlich ermüdend aussah. Die Teammitglieder des Jungen Volleyball Teams. Stammkunden zum verarzten. Sie musste sich freuen!
Noch bevor Tendou überhaupt etwas sagen konnte, um zu erklären, dass nicht der Coach Schuld war, wurde er schon auf die Liege gedrückt und lauschte den verwirrenden Worten der beiden Ärztinnen. Was zur Hölle wurde hier eigentlich gebrabbelt? Sowohl seine Augen, als auch sein Mund formten sich zu schwarzen Punkten. Mehr Verwirrung konnte in dem Gesicht eines Mannes wohl nicht stecken. „Lux.. Phal.. wie bitte?“, fragte er kurz hervor, was in diesem Moment wohl auch das einzige war, was er aus seinem Mund bekam. Dieser war viel zu beschäftigt damit überrascht aus der Wäsche zu schauen. Sein Gehirn ratterte und jegliche Arbeiter dort drinnen versuchten das entfachte Feuer zu löschen. Es war als würde sein Kopf qualmen und das ganze Zimmer mit Rauch verpesten. Dabei versuchte er einfach zu verstehen, was gerade vor sich ging.
Das ‚Achtung, kurzer Schmerz‘, war das einzige, was Tendou noch zu hören bekam, bevor das Knacken seine Ohren durchbohrte. Doch anstatt zu Zucken, gar einen Schrei von sich zu geben, blieb der Junge Stumpf liegen und musterte neugierig den Finger, der nun wieder in seiner normalen Position lag. „Das wars?“, fragte er verwirrt. Da war es wieder. Das typische anders sein, als so manch andere Patienten, die die Krankenschwester wahrscheinlich darum gebeten hätten den Finger ja nicht anzurühren. Doch Tendous Schmerzempfinden war anders und jetzt schien der Finger durch das knacken schon fast erleichtert aufzuschreien.
Bewundernd musterte er die zusammengepackten Finger, die er nun vorerst nicht bewegen könnte.
„Jawohl! Vielen Dank!“, gab er zufrieden von sich, als die Krankenschwester nach seinem befinden fragte. Er schien überaus glücklich darüber, dass er hier sein durfte, was wohl an dem harten Training lag, was eigentlich angekündigt wurde. „Das heißt.. wie lange darf ich nun kein Volleyball spielen?“
Er konnte den bösen Blick seines Coaches und von Wakatoshi bereits erkennen. Wenn Tendou morgen von der Brücke geworfen wurde, dann waren es die beiden. Er musste unbedingt Beweise zusammensuchen, damit die ganze Welt erfahren würde, dass er unnötig sein Leben gelassen hat.
Etwas misstraurisch lauschte er Shinas Schilderung über ihr neues Teammitglied, das mit der Niedergeschlagenheit der Oranghaarigen einherging. Am liebsten hätte er Shinas Tasche aufgerissen und sich die Notizen selbst angesehen, so viel besser konnten sie ja nun wirklich nicht sein. Er widerstand nur knapp dem Drang, mit seinem Finger Shinas Kinn anzuheben, damit er ihr in die Augen sehen konnte, auch wenn er es wirklich gerne gemacht hätte. "Hey...~", wandte er sich dennoch mit sanfter Stimme an sie. "...~ sie wird dich nie ersetzten können. Kishimoto ist erst seit einem Tag da, du hältst es schon seit einem Jahr mit uns aus" Jetzt wanderte seine Hand doch an ihre Schulter, wo er sie bestätigend drückte. "Keiner kennt uns so gut wie du. Und solange ich dabei bin, soll es keiner wagen, dich aus dem Team zu drängen" sein Griff wurde von mal zu mal fester, bis er irgendwann von selbst merkte und peinlich berührt wieder los ließ.
Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, als er das Lob hörte. "Ach, findest du~? Ich muss sagen, das ich mich ganz schön gehen gelassen habe und wenig trainiert hat... und wenn dieser Shirabu erst richtig loslegt...", den Satz ließ er unvollendet, denn es graute ihm vor der Realität, die dieses Satzende womöglich beinhaltete.
Der Stoff der Jacke war viel zu weit und die Ärmel zu lang, was das ganze komödiantischer machte, als vermutlich beabsichtigt. Bildete Semi sich das gerade ein, oder fand er das ganze schon... sexy, wie Shina sich mit seiner Jacke so in Pose setzte und diese alberne Geste machte. Und als sie dann die Lider niederschlug, ihre Hand sich wie in Zeitlupe in Richtung des Reißverschlusses hob und ihn laaaaangsam nach unten zog, entfuhr Semi dieses äußerst männliche quieken, bei dem er beide Hände ruckartig nach vorne streckte, während sie selbst nun an dem Verschluss fummelten, um die Jacke wieder gänzlich zu schließen.
"Ach, quatsch lass mal, sonst holst du dir noch den Tod da draußen bei der Kälte", stammelte der Weißhaarige, während seine Stimme eine Oktave höher erklang. Wie bei einem Thermometer schoss die Röte zunächst seine Arme, anschließend sein Gesicht empor, bis sie auch die grausten seiner Haarspitzen erreicht hatte. 'Da, schon besser, einfach zu lassen', dachte er innerlich, bevor er den Verschluss noch einmal tätschelte und sich dann einen Schritt zurück begab.
Um sich abzulenken sah er sich nach seinen Mitspielern um, doch er musste feststellen, dass keiner mehr da war. Mit fragendem Blick wandte er sich Shina zu, doch sie klimperte bloß mit den Schlüsseln, um anzudeuten, dass sie heute diejenige war, die abschloss. Das sollte für Semi eigentlich das Stichwort sein, zu gehen. Doch irgendwie wollte er Shina nicht alleine hier zurücklassen. Das wäre nicht nur unsportlich, sondern würde ihn auch noch als einen richtigen Scheißkerl zeigen. So nutzte er die Gelegenheit, zog sich noch einmal das Jackett von den Schultern und schnappte sich einen der verirrten Bäller, der wohl vorhin vom Wagen heruntergerollt war. Wer weiß, wie lange Tendou und Kishimoto noch brauchen würden...
Für sich selbst begann er jetzt nocheinmal zu trainieren. Nichts gravierendes, nur ein bisschen den Ball sich selbst zuspielen und zwischen den verschiedenen Annahmen wechseln. "Sag mal, hast du eigentlich jemals gespielt?", fragte er Shina, als er das Spiel für einen Moment unterbrach. "Ich könnte... es dir beibringen, wenn du möchtest?", Semi strahlte bis über beide Ohren, als wäre es für ihn ein Lottogewinn, würde er der Mangerin das Spielen beibringen. Auf einer Hand balangierend hob er ihr den Ball hin und wartete auf ihre Reaktion.
**Kishimoto**
Ihr klappte kurz die Kinnlade herunter, als Tendou eigentlich überhaupt keine Regung während des Einrenkvorganges zeigte. Entweder hatte er in der Vergangenheit seine Nervenenden so stark beschädigt, dass er das überhaupt nicht mehr merkte, oder er war einfach noch taffer, als Kishimoto zunächst den Anschein hatte. Vor allem als er wie ein verrückter grinste, als sein Gelenk wieder in die Verankerung geschoben wurde, bot er einen ziemlich seltsamen Eindruck.
Natürlich fragte er sofort wieder nach Volleyball, was sogar die Krankenschwester mit dem Kopf schütteln lässt. "Du, mein lieber, bist jetzt erst einmal krank", verärgter warf Kishimoto die Hände in die Luft, bevor sie nach vorn stapfte, Tendou am dürren Arm packte und ihn auf die Füße zog. "Du siehst zu, dass du deine Finger jetzt erst Mal nicht belastest und wenn noch irgendetwas sein sollte, sagst du mir sofort Bescheid, verstanden?" Wow, jetzt klang sie ja schon fast wie ihr Vater. Die Strenge, die er beim Diagonstizieren und verarzten immer ausstrahlte, schien ihrer Reaktion in keinster Weise nachzustehen.
"Vielen Dank!", erklärte die Schwarzhaarige nun ihre eigene Dankbarkeit, bevor sie Tendou an der Hand fasste und ihn hinter sich aus dem Zimmer zog. "Die Schiene kannst du deinem Freund morgen wieder abnehmen", rief die Krankenschwester noch hinterher, als Kishimoto die Tür hinter sich zuziehen wollte. "Habt einen schönen Abend, ihr beiden...", warum hatte die Ältere einen so wissenden Blick auf dem Gesicht. In Kishimotos Gedanken bildete sich ein großes Fragezeichen, und sie überlegte, ob sie in den letzten Minuten, als sie im Sanitäter-Modus war, irgendetwas verpasst hatte.
Die Tür fiel ins Schloss, und Kishimoto atmete hörbar aus. "Morgen solltest du noch einmal aussetzten, aber danach sollte eigentlich nichts mehr dagegen sprechen. Vielleicht kannst du morgen eine große Strecke joggen gehen? Das sollte deinen Finger wohl kaum belasten... und anschließend...", Kishimoto brabbelte vor sich hin, während sie noch immer direkt vor dem Krankenzimmer standen.
Wie ein nach Luft schnappender Karpfen schloss sie da plötzlich ihren Mund. "Ah... tschuldige, ich geh dir mit meinem gebrabbel sicher auf die Nerven", entschldigend senkte die Schwarzhaarige den Kopf und betrachtete ganz interessiert ihre Hand, die mit ihrem Rockzipfel spielte. "Ich kann nicht so wirklich gut mit Menschen... außer ich kann sie mit langweiligem Wissenskram zutexten" erklärte sie weiterhin, und wagte er noch immer nicht, wieder aufzusehen.
Sie war genau der Mensch, der sie nie sein sollte. Denn das war genau der Mensch, den Kishimoto Akito gerne sehen würde. Die perfekte Schülerin, die in die Fußstapfen ihres alten Herren treten würde und der beste Facharzt der Stadt werden würde. Ein Mensch ohne wirkliche Freunde, da sie alle nur langweilte und mit ihrem unendlichen Wissen, das viel mehr war, als man von ihr verlangte, angab. War sie eine Angeberin? Sie hatte sich heute in das Team gedrängt, die Spieler angeschrien, sich wichtig damit gemacht, zu sehen, dass Tendou sie Verletzung hatte, und sogar Shina um ihre Arbeit beraubt. Was war sie bloß für ein Mensch, der sich so gegenüber den anderen verhielt? War das auch der Grund, warum sie keiner in ihrem alten Team gemocht hatte? Weil sie immer alles besser gewusst hatte und jeden korrigiert hatte, dessen Haltung und Spielstil falsch war?
Kishimoto fühlte, wie ihre Augen sich mit Tränen füllte. Sie klammerte sich noch fester an ihre Tasche, bevor sie den Oberkörper zu einer Verbeugung senkte. Vielleicht hatte Tendou sie deswegen gefragt, ob sie nicht zu den anderen zurück wollte, weil er schon jetzt genug von ihr hatte. "Entschuldige, Tendou, ich werde dir heute nicht mehr auf die Nerven gehen. Komm' gut nach Hause und ruh dich schön aus", sanft war ihre Stimme, doch das zittern konnte sie auch so nicht komplett herausfiltern. Sie traute sich nicht in seine Augen zu sehen, wie sie es noch vorhin getan hatte, aus Angst dort jetzt etwas zu entdecken, was sie nicht sehen konnte und wollte. Weiter starr auf den Boden kuckend drehte sich Kishimoto um und begann, den Gang zurückzulaufen, aus dem sie gekommen waren.
**Shina**
Noch bevor sie den Reißverschluss überhaupt aufziehen konnte, hatte Semi bereits seine Hand dazwischen geschoben und ihre Rückgabe verhindert. Seine Art, die er dadurch zeigte war eine Seite, die sie an ihm noch nie zuvor gesehen hatte. Er wirkte fast.. weiblich. Dies war jedoch nicht unbedingt das entscheidende, wieso sie schlussendlich aufgab es überhaupt zu versuchen ihm die Jacke zurückzugeben, nein. Es waren die Worte, die er zuvor noch zu ihr gesagt hatte, als sie kläglich versucht hatte nicht über das negative nachzudenken. Nicht, dass sie es irgendwie schlecht finden würde, sollte sie wirklich abgelöst werden - im Gegenteil. Sie wäre ein super Ersatz, deshalb wäre Shina nicht einmal sauer. Das einzige, was ihr wollt Probleme bereiten würde wäre, dass sie die Mannschaft unglaublich vermissen würde.
Trotzdem erfüllte sie eine angenehme Wärme, als Semi seine Gedanken ihrer Sache gegenüber ansprach.
„Wenn es heißt, dass sich das Team dadurch zusammen verbessern kann, dann lass ich mich gerne davon drängen.“, gab sie schmunzelnd zu, beließ das Thema aber, als er auf Shirabu zu sprechen kam. Nachdenklich legte sie ihren Zeigefinger an ihr Kinn und schien eine Weile darüber nachzudenken. Sie hatte ihn durchaus beobachten können und all seine Bälle hatten trotz seines Alters einen sehr guten Einfluss auf das Spiel.
„Shirabu ist ein ziemlich guter Spieler. Immerhin hatte er bereits ein Talent dafür, als er noch zur Mittelschule ging, aber ihm fehlt sowohl die Verbindung zum Team, als auch Erfahrung. Es wäre mir ein Rätsel, würde Washijo jemanden wie dich aus dem Team holen, nur um Shirabu einzusetzen.“, lächelte sie, sobald sie genügend darüber nachgedacht hatte. Auch wenn dieses Thema bereits durch seine überraschen quietschende Art überspielt wurde, so wollte sie dennoch, dass er wusste wie sehr sie an ihn glaubte und dass sie dachte, er würde auch die nächsten zwei letzten Jahre an der Oberschule dafür sorgen, dass Wakatoshi ein gutes Zuspiel bekam.
Die Schlüssel der Turnhalle ließ sie zurück in die Jackentasche wandern, als sie Semi klar gemacht hatte, dass sie diejenige war, die warten würde. Das leichte Klimpern der Schlüssel war trotz der Dämpfung durch die Jacke deutlich zu hören.
Fast hätte sie schon gesagt, dass er doch gefälligst nach Hause gehen soll nach solch einem Training, doch der weißhaarige hatte sich kurze Zeit später einen der Volleybälle geschnappt, um damit ein wenig herumzuspielen.
„Gespielt? Nicht wirklich. Mein Bruder hat früher einmal Volleyball gespielt und mich daher immer als Spielpartner ausgenutzt, aber wirklich von nutzen war ich ihm damals wohl nicht.“, antwortete sie ehrlich, während sie in Erinnerungen schwelgte, die sie tief im hintersten Bereich ihres Kopfes verbannt hatte. Während sie darüber nachdachte war sie auf ihn zugetreten und nahm den Ball nachdenklich entgegen - ihre Augen dabei auf das runde Etwas gerichtet.
„Damals hat er mir volle Kanne mit einem Ball ins Gesicht geschlagen. Meine Mutter kam damals durch das laute Geräusch rausgerannt in den Garten und hat mich mit meiner, blutenden, gebrochenen Nase gesehen, während ich noch immer versucht habe weiterzuspielen. Das gab vielleicht Ärger.“, schmunzelte sie, als sie die Erinnerung laut aussprach. Ihr Gesicht verzog sich leicht. „Ich glaube danach habe ich eine kleine Angst bei Bällen entwickelt. Verwunderlich, dass ich dem Club überhaupt beitreten konnte. Scheint, als hättet ihr meine Angst gebändigt. Deswegen wäre es mir eine große Ehre, wenn einer der besten Spieler des Teams mit Volleyball beibringen würde.“, endete sie ihren Gedanken und sanft lächelnd schloss sie ihre Augen, während sich ihr Kopf leicht seitlich legte. Bei Semi brauchte sie keine Angst haben und auch die anderen gaben ihr nie einen Grund dafür. Ihr Bruder hatte es damals immerhin auch nicht extra getan, also war diese Angst völlig unberechtigt. Und zusammen mit dem weißhaarigen fühlte sie sich sowieso um einiges stärker.
**Tendou**
Krank?! Er war so tot. Sowas von. Adios, Sayonara. Jegliche Verabschiedungen schossen ihm durch den Kopf, als sein Körper sich plattend auf die Liege niederließ und versuchte sich mit seinem Schicksal abzufinden. Er war zu jung zu sterben. Er wollte doch noch Wakatoshi gewinnen sehen. Und Semi und Shina endlich zusammen. Und etwas aus sich selbst machen. Aber jetzt war es Wakatoshi, der ihn umbringen würde und Washijo noch obendrauf.
Seine Seele verließ für einen kurzen Moment seinen Körper. Die weiße Rauchwolke mit Tendous Gesicht verabschiedete sich bereits von dieser Welt, als er ruckartig von Kishimoto auf die Beine gezogen wurde. Unglücklicherweise zog sich seine Seele zurück in seinen Körper und Tendou schien voll und ganz zurück in seinem Bewusstsein zu sein. „Verstanden Madame.“, antwortete er leblos. Sein Gesicht war ein wenig blass geworden, blasser als es vornherein eh schon war. Doch Sorgen machen musste sich hier keiner. Die Gedanken waren das einzige, was ihm gerade ein wenig zu schaffen machten. Da kamen sie gerade aus den Ferien und er musste sofort aussetzen.
„Auf Wiedersehen! Sie auch!“, gab Tendou gerade so zurück, als die Tür hinter ihm zugeschlagen wurde und sie zu zweit auf dem leeren Flur standen, der verriet, dass es lange Zeit war zurück in die Halle zu kehren. Tendou war sich nicht einmal sicher, ob die anderen bereits aufgehört hatten, oder noch hart am trainieren waren. Für ihn war es im Endeffekt auch völlig egal. Er konnte sowieso nicht mitmachen.
„Ja, joggen wäre vermutlich eine gute Idee..“, antwortete er, wurde zum Ende hin aber leider und verwunderter, als Kishimoto sich für ihre Art entschuldigte, die ihm bis jetzt überhaupt nichts ausmachte. Im Gegenteil. Er fand sie wirklich belustigend und lehrreich. Sie quasselte viel und endlich hatte Tendou dadurch jemanden - außer Shina - gefunden, die ebenso viel am reden war wie er selbst. Selbst wenn es über Dinge war, die er noch erlernen musste. Die Entschuldigung war also überhaupt nicht nötig gewesen.
Schreckhaft schritt er mit einem Fuß zurück, als Kishimoto sich auch noch anfing zu verbeugen. Was war denn jetzt los? Hatte er vielleicht den Eindruck gemacht, dass sie ihn nervte? Rasselnd durchflutete er all die Erinnerungen der letzten Stunden und versuchte den passenden Moment zu finden, der all dies ausgelöst haben könnte. Er konnte ihn nicht finden. Irgendwas war falsch. Es roch nach etwas unangenehmen, etwas was er gar nicht ausgraben wollte.
Das Zittern in ihrer Stimme tat dem rothaarigen schon fast leid und als sie sich zum Aufbruch bereit machte zerbrach in ihm etwas, was man mit einer Vase vergleichen konnte, die gerade zu Boden ging. Mit einem großen Schritt war er hinter sie getreten und hatte sanft seine, langen, schmalen Finger um ihr ebenso dünnes Handgelenk gelegt, um sie in ihrer Bewegung zu stoppen. „Oi, Oi. Nun warte aber mal, meine Liebe. Ich weiß nicht, ob ich etwas falsch gemacht habe, dass es dir den Eindruck gemacht hat du würdest nerven, aber dem ist ganz sicher nicht so. Haben dir Leute etwa jemals die Stirn geboten und dir sowas dummes eingeredet?“, fing er sofort an zu sprechen, sobald er sie berührt hatte. Ohne sie loszulassen schritt er an ihr vorbei, nur um sich vor sie zu stellen und zu ihr herunterzuschauen. Dass sie ihn noch immer nicht anschaute war für ihn ein Zeichen dafür, dass sie sich mit ihrem eigenen Charakter noch nicht allzu gut verstand. Er war wohl derjenige hier, der sie in diesem Moment am besten verstehen würde, hatte er doch das gleiche durchgemacht. Trotzdem ließ er sich von solchen Idioten nicht beirren und sollte wirklich jemand, jemals in ihrem Leben etwas gegen ihre Fakten und ihr Gerede gesagt haben, dann würde Tendou alles geben, dass auch sie darüber stehen konnte.
Seine Hand wanderte langsam ihren Arm hinauf, bevor sie sich behutsam auf ihr schwarzes Haar, oben auf ihrem Kopf legte. Sanft strich er einige Male darüber, um ihr ein Gefühl von Geborgenheit zu geben. „Solltest du über sowas reden wollen, dann tust du das. Solltest du dir Sorgen machen und jemandem helfen wollen, dann tust du das. Solltest du jemanden im Team, oder mich streng dazu bitten müssen auf sein Wohlsein zu achten, dann tust du das. Halt dich nicht zurück, selbst wenn man dir etwas anderes sagen sollte. Manche Menschen haben nun mal nichts besseres zutun. Aber bei uns im Team brauchst du dich für nichts entschuldigen. Sei einfach du selbst und hab ein bisschen Spaß.“, floss es aus seinem Mund heraus, als sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen legte, welches er vermutlich nur Leuten schenkte, die ihm viel wert waren.
So durcheinander konnte er sie nicht nach Hause gehen lassen. Erst recht nicht, wenn sie diejenige war, die ihn überredet hatte aus dem Training zu gehen. „Lass uns zur Halle zurückkehren und dann bringe ich dich nach Hause, ja? Natürlich ja! Ich akzeptiere kein nein!“
Es gefiel ihm gar nicht, dass Shina so von sich und ihrer Leistung sprach, gar über einen Austausch sprach. Konnte sie denn etwa nicht sehen, wie wichtig sie für das Team war? Wie viel sie auf ihre ganz eigene, spezielle Weise dazu beitrug, das Team erfolgreich zu machen? Vielleicht zeigten sie alle auch einfach bloß nicht, wie Wert sie das ganze schätzten. Semi nahm sich vor, das ganze später einmal mit Tendou zu besprechen. Vielleicht hatte er eine Idee, wie er die Managerin in dieser Hinsicht wieder aufbauen konnte.
Es rührte ihn zwar, dass Shina ihn als Spieler so wertschätzte, doch wenn Shirabu sich die nächste Zeit verbessern würde, würde Washijo sicher ihn erst einmal Ushijima zuspielen lassen und dann konnte Semi kucken, wo er blieb. Es zählte für den Coach nicht, wie lange Semi schon ihm Team war und wie herausragen seine Leistung im letzten Jahr. Konnte der Weißhaarige nicht mithalten, wurde er ausgetauscht und - wenn überhaupt - vielleicht nur noch für Aufschläge aufs Spielfeld geholt.
Der Weißhaarige kicherte leise. "Keine Sorge, ich passe schon auf, dass dir nichts passiert" Er hatte gar nicht gewusst, das Shinas Bruder auch Volleyball gespielt hatte. War das im letzten Jahr wirklich noch nie Thema gewesen oder hatte er das inzwischen schlichtweg vergessen? Normalerweise erinnerte er sich an jedes Detaill, das mit der Oranghaarigen zusammenhing.
Während er so darüber nachdachte, stellte er sich hinter Shina und begann mit seinen Anweisungen. "Erste Technik: Pritschen, die Standardpassform." Semi streckte seine Arme über Shinas Kopf hinweg, sodass sie von unten sehen konnte, wie er seine Hände hielt. "Wichtig ist, dass der Ball lediglich deine Fingerspitzen berührt, wenn du ihn schlagen willst, sieh her..." Seine langen Finger schlossen sich um Shinas Handgelenke und bewegten ihre Hände samt dem Ball so über ihren Kopf, wie er es ihr gerade gezeigt hat.
"Fühlst du, wie einfach der Ball sich balancieren lässt? Jetzt hast du das richtige Gefühl..." zufrieden stemmte er seine Hände in die Hüften, als er sich neben die Managerin stellte und hier und dort noch Befehle gab, wie sie ihren Stand verbessern konnte. Er nickte zufrieden: "Siehst du? Du bist jetzt schon ein halber Profi. Jetzt probiere einmal, dir den Ball zunächst ein paar Mal selber zuzuspielen. Wenn du dich sicher genug fühlst, pass ihn zu mir rüber!", führte er die Instruktionen weiter, als er einige Schritte zurück ging um dort seine Position einzunehmen.
Ein glückliches Lächeln huschte über Semis Gesichtszüge. Er kostete diesen Moment der Zweisamkeit zwischen ihnen beiden vollends aus. Die kleinen Berührungen, die erfolgten, wenn er Shinas Haltung korrigierte, diese behutsame Weise, mit der sie miteinander umgingen - so viel anders, als wenn die Jungs untereinander trainierten. Es wurde draußen immer dunkler, das Licht fahler und es entstand eine fast schon romatische Stimmung, als nichts anderes als ihre leisen Stimmen, sowie das ab und anne quietischen ihrer Schuhe auf dem Holzboden zu vernehmen war. Und jetzt durfte Semi seiner Managerin auch noch Volleyball beibringen! Sicher, er hielt sich jetzt nicht für den besten Trainer und sie war auch nicht die beste Schülerin, die er haben könnte in dieser Hinsicht. Doch das war es, was diesen Moment so besonders machte. Das der Spaß am Spiel und die Freude am zusammensein überwog.
**Kishimoto**
Sie fühlte sich niedergeschlagen und klein, als sie zügigen Schrittes sich von Tendou verabschiedet hatte und sich auf den nach Hause weg machen wollte. Hastig versuchte sie sich dir Tränen wegzuwischen, die immer wieder von neuem aus ihren Augenwinkeln entwischten. Sie sollte nun nach Hause gehen und sich regenerieren. Wenn ihr Vater schon daheim ist, würde er von ihr erwarten, dass sie sich gleich noch zum lernen hinsetzte, ehe sie sich ins Bett legte. Und morgen würde das ganze Spiel von neuem los gehen...
Es durchzuckte sie wie einen Blitz, als der Körperkontakt zwischen ihr und Tendou hergestellt wurde. Es hatte auch keinen Sinn zu versuchen, ihre Hand zu entziehen, selbst wenn sie es versuchen würde, das wusste Kishimoto. Doch etwas in ihrem Inneren sagte ihr auch, dass sie gar nicht wollte, das dieser Kontakt jetzt abbrach. Es war wie eine Reisleine, die sie über Wasser hielt, während sie dabei war, erneut in ihrem Alltagstrott zu versinken. Seine Worte, die halb wie eine Frage formuliert waren, ließen sie erneut unruhig werden. Da war sie wieder, die Erinnerung an das vergangene, das Kishimoto am liebsten wieder vergessen wollte. "Nein", kaum wie ein wispern bahnten sich die Worte aus ihrem Mund. "du hast gar nichts falsch gemacht, Tendou..."
Er stand plötzlich vor ihr. Seine Geste, so plötzlich und so ganz intim, als würde sie nur dem Mädchen alleine gelten, ließen die Tränen fürs erste versiegen. Kishimotos Aufmerksamkeit schien wie Geschärft, als sie Tendous Hand auf ihrem Haar spürte und wie er mit beruhigenden Worten auf sie einsprach. Es war, als würde jemand sie Stück für Stück zurück in die alten Tage versetzten. Wie es früher war, als Kishimotos Mutter an ihrem Bett saß und beruhigte, wenn sie einmal wieder von einem Albtraum erwacht war. Die Worte sickerten langsam in ihr Hirn und beruhigten das Schwarzhaarige Mädchen ungemein.
Eine Weile standen sie so da. Nur sie beide zusammen auf den sonst leergefegten Gang, und nur die sich langsam beruhigende Atmung von Kishimoto war zu hören. Da endlich fasste sie den Mund und hob den Blick. Tendous Ausdruck war das schönste, was sie seit langem gesehen hatte. Sie hätte nie für möglich gehalten, dass ein Mensch jemanden ein so sanftes Lächeln schenken konnte. Selbst seine sonst raubtierhaften, schalkhaften Augen strahlten aus, das alles, was er soeben gesagt hatte, wirklich ernst gemeint hatte. Kishimoto war kurz davor, gleich wieder in Tränen auszubrechen. Doch stattdessen gab sie ihrem inneren Instinkt nach, der sie schon seit Beginn plagte, und schloss ihre Arme um den dürren Körper des Mittelblockers. Ihren Kopf an seiner Schulter ablegend, das Gesicht nach außen hin gewandt, gab sie sich dem Körperkontakt hin. Im Moment steckte für sie in dieser Umarmung überhaupt nichts sinnliches, sondern es war diese Art von zuwendung, die sie in ihrem aktuellen Gemütszustand einfach brauchte.
Nach einigen Sekunden löste sie sich bereits wieder von ihm und konnte dem Rothaarigen ein deutlich zuversichtlicheres Lächeln schenken. "Danke, Tendou. Falls ich je über etwas reden will, dann...", sie unterbrach sich kurz, sah verlegen zur seite, bevor sie ihn wieder ansah, "... dann komme ich zu dir"
Sie nickte zustimmend. Seine Sachen waren immer noch in der Halle und sicher wartete Shina noch immer darauf, dass sie endlich zurückkamen. Und das sie jetzt auch noch eine Begleitung nach Hause hatte, freute sie ebenfalls. Die Chance, so wieder in ihre trübsinnigen Gedanken zu verfallen, schien in Tendous Anwesenheit deutlich geringer zu sein.
Es dämmerte, als die Halle in sichtweite kam. Das Licht von drinnen warf einen Schein zu ihnen hinaus. Verwunderlicherweise konnten sie beide Stimmen von drinnen bemerken. Entweder führte Shina Selbstgespräche, oder... Kishimoto steckte seitlich den Kopf hinter der Tür hervor und hielt sich dort mit beiden Händen fest. Mit großen Augen beobachtete sie das Spektakel, das sich ihr bot.
**Shina**
Sorgen, dass Semi ihr mit dem Ball eine ins Gesicht hauen würde hatte sie ganz sicher nicht. Dafür empfand sie ihn auch als zu nett und fürsorglich. Wobei.. Wenn sie so über Tendou und ihn nachdachte, dann würde das Ganze womöglich anders aussehen. Aber dieser war ja gerade nicht hier.
Verwundert beobachtete sie Semi dabei, wie er sich in Bewegung gesetzt hatte und sich schlussendlich hinter sie stellte. So nah, dass sie seinen Atem spüren konnte. Das war aber nicht das einzige. Durch seine Anweisungen konnte sie auch seinen Oberkörper an ihrem Rücken spüren, der ihrem Körper ein blitzartiges Gefühl durch die Knochen schoss. Unbewusst biss sie sich auf die Unterlippe, um die ansteigende Hitze in ihrem Gesicht zu unterdrücken. Sie wollte diesen Moment einfach genießen, ohne Sorgen darüber haben zu müssen sich wie einen Idioten zu verhalten.
Durch ihre Gedanken hatte sie kaum Zeit seiner Erkältung zu folgen und für einen kurzen Moment ratterte ihr Gehirn, um ja auch nichts zu verpassen.
Noch schlimmer wurde es, als sie die sanften Finger von Semi an ihrem Handgelenk spürte und er ihr half die richtige Position einzunehmen. Automatisch legte sie den Kopf leicht in den Nacken, um ihre Arme dabei zu beobachten, wie sie ihre Position einnahmen.
Immer wieder erwischte sie sich selbst dabei, wie sie dabei auf die länglichen Finger von Semi schaute. Welch peinliches verfangen.. Wo war sie hier nur reingeraten?
„Halber Profi ist gut. Du machst ja wohl Witze!“, meckerte sie verlegen und nahm den Ball langsam wieder runter, um ihr Gesicht für einen kurzen Moment dahinter verstecken zu können und ihre Röte unter Kontrolle zu bekommen. „Mach dich nicht über mich lustig..“, nuschelte sie hervor und richtete den Ball dabei leicht zur Seite, wodurch die eine Hälfte ihres Gesichtes zum Vorschein kam. Ihre Augen hatten sich zu Strichen verzogen. Sie wusste innerlich, dass Semi sich nicht über ihre Art und ihren kläglichen Versuch ein bisschen Volleyball zu üben lustig machen würde, doch ein bisschen ärgern konnte sie ihn dafür dann aber schon.
Da sie ihn als Lehrer aber bloß nicht enttäuschen sollte konzentrierte sie sich wenige Sekunden später wieder darauf die Position einzunehmen, die er ihr beigebracht hatte und es schien fürs erste wirklich gut zu laufen. Ihr selbst zuzuspielen klappte gut und sie hatte direkt ein Gefühl dafür den Ball oben zu halten, ohne irgendwelche Abstecher zum Boden zu machen. Vielleicht lag es aber auch an der Anstrengung, die sich gerade in ihr ausbreitete, was wohl ihre zusammengezogenen Augenbrauen verrieten. Bereits jetzt schmiedete sie einen Plan ihren Bruder dazu zu bringen ihr ein wenig mehr beizubringen, damit sie den Jungs besser helfen konnte und vielleicht irgendwann sogar mit Semi ein bisschen mehr spielen konnte, als dieses lächerliche zuspielen.
Da sie ihn nicht einfach so dort stehenlassen wollte entschieden sich ihre Finger wenig später dem weißhaarigem den Ball zuzuspielen. Klar.. es war nicht das beste Zuspiel, dafür war sie noch zu unsicher, doch für ihr erstes Mal schien es nicht schlecht und Semi war sowieso ein Profi, der jegliches annehmen könnte.
„Bei so einem Lehrer sollte ich vielleicht überlegen, ihn zu überreden mir in den nächsten Wochen noch mehr beizubringen.“, grinste sie den Jungen schief an, als der Ball zu ihm herüber geflogen kam.
**Tendou**
Erleichterung breitete sich in ihm aus, als er zu verstehen bekommen hatte, dass er nichts falsch gemacht hatte. Das wäre ein fataler erster Tag in der Schule gewesen, wenn er sich jetzt schon Gedanken darüber machen müsste. Auch wenn ihn sowas normalerweise nie störte..
Die plötzliche Stille war nichts, was ihm irgendeinen Druck gab. Jemand wie er war an sowas sowieso gewöhnt, doch er empfand diese Ruhe als wirklich angenehm. Die letzten angespannten Muskeln verweichlichten sich langsam und der Junge konnte sich zum ersten Mal so richtig entspannen. Dabei hatte er selbst nie daran geglaubt, dass er überhaupt angespannt war. Tja, dieser Moment bewies so einiges anderes, was er nicht über sich selbst wusste.
Noch bevor er überhaupt realisieren konnte, was als Nächstes passierte, spürte er den warmen Körper des Mädchens an seinem. Das kurze Kribbeln, dessen intensive Art sich nur noch vermehrte, als die Arme um seinen schlaksigen Körper gelegt wurden konnte Tendou überhaupt nicht einschätzen. Dieses Gefühl, was seine Beine ein wenig wie Wackelpudding wirken ließ war etwas, was er zuvor noch nie verspürt hatte.
Seine Hand ruhte noch immer auf ihrem Kopf und etwas, tief in seinem inneren verriet ihm, dass er sie noch nicht runternehmen wollte. Wie besessen darauf ihr weiterhin diesen Schutz und die Geborgenheit zu geben, die das Mädchen verdiente, ließ Tendou sie machen. Wenn Semi ihn gerade sehen würde, dann würde er ihm einen dummen Spruch geben.. Nicht, dass all dies Tendous Plan war, aber es lief so ziemlich von alleine, ohne, dass der rothaarige überhaupt etwas machen musste. Ihm ging es auch nicht um irgendwelche Mädchen aufreißen, viel mehr darum, dass er hier in dieser etwas sah, was er nur allzu häufig in sich selbst gesehen hatte.
Seine Augen musterten die schwarzen Haare, die ihm ein wenig im Gesicht hingen und beinahe seine Nase kitzelten. Nur angestrengt konnte er ein Niesen vereiteln. Das Mädchen löste sich von ihm und für seinen Geschmack war das ganze ein wenig zu schnell verlaufen. Er würde sie aber niemals zwingen ihn weiter zu umarmen, nur um seine eigenen Bedürfnisse zu stillen.
„Ja, immerhin bin ich der beste Ansprechpartner! Die anderen sind sowieso alle zu engstirnig und Semi ist meist mit Shina beschäftigt.“, fing er direkt wieder an zu reden, als wäre bis vorhin nichts passiert, was die Stimmung hätte runterziehen können. Bei Tendou war es sowieso schwierig seine Laune in zwei Teile zu schlagen, zumindest solange, bis kein alter Mann mit dem Namen Washijo auftauchte und selbst dann schien die mentale Stärke des rothaarigen zu siegen.
Zufrieden von seinem Beistand begleitete er das Mädchen zurück zur Halle. Draußen spürte er die leichte Kälte gegen seine Haut prasseln und kurz schaute er sich um. Der Schulhof war gut beleuchtet und gab der Dunkelheit nur wenig Spielraum. Einige Schüler, die noch einen Club hatten schienen sich auch gerade zu verabschieden.
Bei der Halle angekommen blickte er verwundert zur offenen Tür. Es war leise, zu leise. Abgesehen von den Stimmen zweier bekannter Personen, die ihm sofort ein Grinsen ins Gesicht drückten. Sein Kopf erschien seitlich über dem von Kishimoto. Solch ein Szenario hätte er sich noch lange nicht erträumen lassen. Wann waren die beiden so mutig geworden sich allein in der Halle zu befinden und Volleyball zu spielen?
„Tja, da ich meine Sachen brauche muss ich das jetzt wohl unterbrechen.“, meinte er leise an Kishimoto gewandt und schon schritt er zur Tür herein, mit seiner Brust weit heraus und seine Arme hinausgestreckt. „Aber, aber~ meine beiden Süßen spielen also alleine Volleyball. Deine Künste als Lehrer sind wohl nicht allzu schlecht, was Semi?“, rief er in die Sporthalle hinein, dessen Wände seine Stimme ein wenig hallen ließen. „Falls du jemals einen neuen Lehrer brauchst, sag Bescheid. Vielleicht kann ich dir einiges mehr beibringen, als der da.“
Mit einer Handbewegung deutete er auf Semi, der ihm gleich womöglich den Kopf abreißen wird, da Tendou den Moment gestört hatte, den er so auskostete.
**Semi**
Belustigt, dass ihr Semis Kompliment so nahe ging, hob der weißhaarige ebenfalls zwei Finger und drückte den Ball dann so weit zur Seite zurück, dass er Shinas komplettes Gesicht sehen konnte. Die Röte war ihr deutlich ins Gesicht geschossen, was der größere mit einem Grinsen quittierte. "Quatsch, das würde ich nie wagen. Glaubst du, ich bin scharf darauf, morgen Extrarundem zu rennen?", amüsierte klopfte er der Oranghaarigen gegen den Oberarm. Viel zu oft hatte er es entweder am eigenen Leib erfahren und beobachten können: wer glaubte, ihre kleine, süße Managerin könne sich nicht wehren, hatte sich geschnitten. Zusätzliche Sit-Ups, extra Runden um die Halle... in dieser Hinsicht war Shina kreativ... und gnadenlos.
Wir ein stolzer Papa, dessen Tochter das erste Mal alleine und Hilfe gehen konnte, begutachtete er das Werk seiner vorherigen Lektion. Als der Ball schließlich in hohem Boden zurück zu ihm kam, musste er lediglich einen kleinen Ausfallschritt machen, um ihn wieder auf seine Höhe baggern können, bevor beide Hönde den Ball schließlich stoppten. "Okay, meinst du, du kannst auch einen Ball von mir annehmen?", schlug der Weißhaarige anschließend vor, während der Ball kreiselnd auf seinem Finger balancierte.
Doch Shina kam zu keiner Antwort, denn es war Tendous flötende Stimme, die die Halle durchquerte und Kishimotos Blick von außerhalb der Halle, der ihre Zweisamkeit unterbrach.Verärgert über letztere Worte, setzte Semi zum Aufschlag an. Mit einem lauten "Arrgghh", donnerte er den Ball übers Spielfeld und spielte dabei direkt auf den Rothaarigen. Doch der Ball sollte diesen nie erreichen. Eine schwarzhaarige Silhouette warf sich direkt zwischen Spieler und das Gescjoss. Es erfolgte ein sauberer Block, der zurückprallte und...~
Semi wurde plötzlich schwarz vor Augen, als seine Hände ein Stockwerk tiefer wanderten und schmerzerfüllt die Stelle festhielten, die der Ball soeben fast Tierschützern hatte. Sterne waren das nächste, was Semi sah. Und war das etwa sein Geist, der soeben einen Körper verließ und ihn hämisch von oben musterte, da er selbst nichts von dem körperlichen Schmerz spürte? Jedenfalls ging der weißhaarige in die Knie, bevor er seitlich zu Boden kippte und mit einem gleichbleibenden, verzerrten Gesichtsausdruck so liegen blieb und darauf wartete, die Welt würde sich aufhören zu drehen.
**Kishimoto**
Nachdem es draußen doch ein wenig zu kalt geworden war - denn ohne Tendoud schlackigen Körper direkt neben sich wurde es Kishimoto doch etwas zu kühl - hatte sie sich ebenfalls in die Halle geschlichen und leicht seitlich hinter dem Mittelblocker positioniert. Sie wollte schon erwidern, Tendou solle nicht so gemein sein, da hörte sie auch schon den röhrenden Aufschrei von Semi und sah in ihrer peripheren Vision den blau-gelben Volleyball auf die zuspringen.
Jetzt handelte ihr Körper aus Instinkt. Zwei kurze Ausfallschritte, schon hatte sie den rothaarigen umrundet. Sie hob die Arme zum blicken, wartete den richtigen Moment ab: zwei, drei... Sprung! Und blockte den Ball in einer einzigen, fließenden Bewegung ab. Als sie landete, konnte sie schon das knirschen in ihrer Kniescheibe hören, das gleich darauf einen unangenehmen Schmerz auslöste. So kam Kishimoto leicht schief auf, ließ sich aber nicht durch die aktuelle Situation nicht beirren. "Gehts dir zu gut, Semi?!? Wir kommen gerade vom Arzt und müssen jetzt nicht noch wegen einer gebrochenen Hand den Notarzt rufen?!?", aufbrausend und wild gestikulieren, vermehrte Kishimoto in ihrer Rage zuerst nicht, wohin der Ball geflogen ist. Ihre Haare stoben nun einem Hurrikan gleich um ihr Gesicht, doch daher dumpfe Aufschlag ließ sie Aufsehen und sich die Strähnen aus dem Gesicht streichen.
"Ihhh, das tut mir leid!", sie spurtete neben den Setter und viel hinter seinem Rücken auf die Knie, um ihn leicht an der Schulter zu schütteln. "Ahh, na komm schon, leb wieder! Komm schon, sonst sagt ihr auch immer, ihr habt alle Eier aus Stahl, na los Semi, aufstehen!!", das war wirklich alles andere als professionell, doch das bemerkte Kishimoto in diesem Moment gar nicht.
Sicher würde Semi jeden Moment auch wieder aufstehen, sobald der erste Schmerz verebbt sein, zwar noch nicht wirklich von allein stehen oder laufen können, aber es würde völlig okay sein, denn der Schlag sollte nicht der härteste gewesen sein, der ihn getroffen hatte.
**Shina**
Okay, vielleicht hatte sie ihn unterschätzt. Vielleicht machte er sich doch gerade über sie lustig und mal ehrlich? Sie konnte es ihm bei ihrer Reaktion nicht verübeln. Bei ihm war sie viel zu leicht aus der Fassung zu bringen. Sie musste lernen ruhiger zu sein, konzentrierter, denn sonst könnte sie sich jegliche Konversationen mit ihm sparen. Jeder andere, der sich ihr Problem angehört hätte, hätte ihr wahrscheinlich geraten sich einfach ihren Gefühlen hinzugeben, doch so einfach war das Ganze nun mal nicht.
Nun fixierten ihre Augen wieder den Ball und bei der Frage von Semi wollte sie sich gerade dazu bereit machen in Position zu gehen. Eine Position, die sie gut kannte und tatsächlich sogar beherrschte. Es war etwas gewesen, was Shina ohne die Hilfe von Semi hätte machen können, doch noch bevor sie ihren ganzen Stolz des Volleyballs zeigen konnte, ertönte die, in diesem Moment absolut nervige Stimme des Mittelblockers. Sofort zogen sich Shinas Augenbrauen zusammen und ihre Augen verengten sich gedemütigt. Dieser Kerl war das ganze Training über fort und nun hatte er den Nerv hier mit solch einer lauten Klappe aufzutauchen. Ein wenig Schreck fuhr durch ihren Körper, als Semi den Ball auf Tendou zu rasen ließ, der mit dieser Situation genauso gelassen umging, wie mit allen anderen auch. Noch bevor er Tendou erreicht hatte, hatte jemand anderes den Ball abgeblockt und ihn mit voller Wucht zurückbefördert. Das laute Krachen des Aufpralls mit Semis Heiligen Kugeln war ein ziemlicher Schmerz in Shinas Ohren und sie besaß nicht einmal solche Dinger. Erschrocken schlug sie die Hände vor den Mund und besorgt hatten sich ihre Augen geweitet. Sofort hatte sie sich in Bewegung gesetzt und war neben Semi auf die Knie gegangen.
„Semi! Alles in Ordnung?“, fragte sie sofort und legte eine Hand an seine Wange. Das musste unglaublich schmerzen und gerade jetzt fragte sie sich, ob dieser Kerl später überhaupt nochmal Kinder haben könnte. Wahrscheinlich hatte Kishimoto gerade ein Todesurteil unterschrieben, doch sie machte dem Mädchen keine Vorwürfe. Die Verletzung von Tendou musste schwerwiegender sein, als sie alle erwartet hatten, sonst hätte sich die schwarzhaarige wohl nie vor ihn gestellt und den Ball für ihn abgeblockt.
Noch bevor irgendwer wieder einen kühlen Kopf bekommen konnte und dem leidenden weißhaarigen helfen konnte, war Tendou neben sie getreten und kniete sich zu ihnen. Langsam beugte er sich zu seinem Kumpel herunter und an seinem Gesichtsausdruck konnte Shina erkennen, dass er nichts gutes vorhatte. Das Grinsen lag ihm über das ganze Gesicht. Vor dem Ohr von Semi war er ins stoppen geraten und flüsterte ihm etwas ins Ohr, was Shina nicht verstand, da der Junge viel zu leise sprach. Was hatte der rothaarige nur wieder vor?
**Tendou**
Da war es. Das wütende Gesicht seines Freundes. Ein Gesicht eines verletzten Mannes, der gerade seine Chance vertan hatte und vermutlich daran glaubte nie einen Treffer landen zu können. Zufrieden stemmte Tendou die Hände in die Hüfte und präsentierte stolz sein vollendetes Werk. Er nannte es ‚Gescheiterte Liebe‘.
Verwundert öffnete sich sein Mund, als er den Ball auf sich zufliegen sah. Er hatte keine Chance und keine Zeit zu reagieren, seine Hand überhaupt zu heben und in die richtige Position zu bringen, um den Ball abzuwehren. Allein beim dem Gedanken daran solch einen Ball, gefüllt mit der Wut des weißhaarigen überhaupt zu blocken hinterließ starkes Stechen in seinem verletzten Finger. Verschreckt trat er einen Schritt zurück und hob wie ein Wasserfall schoss ihm der Schweiß über das Gesicht.
Ein Schatten legte sich aber vor ihn. Sein schützender Schatten, der ihn wenig später vor seinem Untergang schützte. Überrascht weiteten sich die Augen des Rothaarigen und beobachteten das Mädchen dabei, wie sie in perfekter Position den Ball abwehrte. Erstaunt stand sein Mund offen. Jetzt war sie nur noch interessanter. Neugierig folgte er mit seinen Augen den Weg des Balles, der seine Flugbahn zurück zu seinem Aufschläger führte und kurze Zeit später sein Ziel erreichte. Wie eine Rakete, die gerade auf dem Mond landete, war der Ball zwischen die Beine von Semi geflogen. Zischend hielt sich Tendou sofort seine eigene Stelle und unterdrückte den Phantomschmerz, der sich ausbreitete. Das hat gesessen. Lange konnte er aber kein Mitleid mit seinem Teammitglied haben, denn wenige Sekunden später prustete der Junge laut los und verfiel in ein hysterisches Lachen. „Was war das denn? Mano man, Semi! Du musst an deiner Position arbeiten, wenn du wirklich weiterhin Lehrer sein möchtest!“, rief er den am Boden liegenden Leidenden zu und schritt wenig später gelassen auf die Gruppe zu. Die Mädchen waren besorgt, doch hinter Kishimoto klopfte er ihr bloß stolz auf die Schulter. Grinsend hockte er sich zu ihnen hin und beugte sich zu Semis Ohr herunter, wo er nur knapp davor zum stoppen kam.
„SemiSemi~ Fall doch nicht so zu Boden. Brauchst du etwa eine Mund zu Mund Beatmung? Hier kommen die Lippen!“, flüsterte er leicht stöhnend in sein Ohr hinein. Seine Lippen schoben sich nach vorne und schmatzend kam er den Lippen des weißhaarigen näher. Eigentlich hatte sich Tendou überlegt etwas mit Shina zu erwähnen, doch da hatte er die Vermutung, dass Semi nur noch bewusstloser wurde und der Welt auf Wiedersehen sagen würde.
**Semi**
Er lag auf einer Wiese. Sandiges grünes Gras schmiegte sich an seine Haut, während Schmetterlinge und Vögel um ihn herumschwirrten. Wunderschöne Schmetterlinge, schwarz glänzende Schmetterlinge, während die orangenen Federn der Vögel immer wieder ebenfalls seinen Blickwinkel durchkreuzten.
Einer der Vögel landete Zwitschern neben seinem Kopf und stupste ihn an seiner Wange an. Sanft glitten die Federn über seine Haut, während besorgtes Zwitschern in sein Ohr drang. Der Schmerz verebbte langsam aber sicher, während er sich der Berührung hingab und mehr und mehr in diesem Traum versankt.
Doch die Ruhe wurde jäh gestört, als ein kleiner, nerviger roter Käfer mit einem hühnergackern von oben auf ihn zuflog, während sich sein Grisen wie ein brandmahl ins Semis Gedächtnis brannte. Sofort fuhr Semis Hand nach oben, um den Störenfried zu entfernen. Durch das klatschen von Haut auf Hand fuhr er plötzlich hoch, blieb auf zittrigen Beinen stehen, bevor er sich des immer noch vorhandenen Schmerzes bewusst wurde und seine Knie unter ihm nachgaben.
"Du~... du verdammter Scheißkerl", mit zusammengebissenen Zähen fuhren die Worte aus Semis Mund, während seine Hände immer noch sein bestes Stück hielten. Der Schwarzhaarigen schon er dabei keinerlei Schuld zu. Und eigentlich war Semi auch bewusst, dass das ganze ganz allein Karma für seine Tat sei. Aber natürlich produzierte Tendou das ganze auch noch mit seiner nervigen Art und ließ sich von den sorgenvollen Blicken ihrer Mitschüler keinesfalls beeindrucken.
Schließlich biss sich Semi auf die Zunge, rappelte sich auf, während sein Gesicht noch immer zu einer Grimasse verzerrt war, und machte sich mit einem "Hmpf" daran, seine Tasche aufzusammeln und Richtung Ausgang zu stampfen. "Bis morgen", knurrte er dabei, während er breitbeinig seinen Gsng antrat, was ziemlich merkwürdig aussah, wenn er so mit schiefen Beinen dahinstackste.
**Kishimoto**
Die ganze Zeit über hielt sie Hände über ihrem Kopfzusammengeschlagen. Vor ihrem inneren Auge konnte sie schon Shinas Tränenüberströmtes Gesicht sehen. Zusammen mit Semi saß sie beim Doktor, der mit seiner dicken Hornbrille sich seine Notizen ansah, bevor er mit traurigem Gesicht den Kopf schüttelte. Sowohl Shina, als auch Semi heulten niedergeschlagen auf, bevor sie sich in den Armen lagen und Bäche von Tränen aus ihren Augen liefen. Der Arzt riss das Papier von seinem Klemmbrett und wie eine Feder taumelte es zu Boden. Das Bild von einem Baby, das mit einem großen X durchgestrichen war, wurde sichtbar.
Ruckartig kehrte Kishimoto wieder in die Realität zurück, als Semi Tendou gerade eine Ohrfeige verpasste. Sie warf dem rothaarigen einen Blick zu, der fragte, was er jetzt schon wieder gesagt hatte, dass er eine Schelle verdient hatte. Aber sie schien auf jeden Fall gerecht fertigt.
Semi taumelte davon, und das schlecht gewissen kehrte zu Kishimoto zurück. "Shina...", sie fasste der Oranghaarigen an die Schulter, "... es tut mir unendlich leid, deinen unerfüllten Kinderwunsch so eben zerstört zu haben." Danach erhob sie sich und zog Tendou mit sich auf die Füße. "Ich glaube, wir sollten auch langsam nach Hause, komm Tendou."
Kurz bevor sie endgültig verschwand, wandte sie sich jedoch noch einmal an Shina: "Vielleicht solltest du nach Semi sehen. Nicht, dass er auf halben Weg noch draußen umkippt. Ich glaube nämlich nicht..." sie sah zu Tendou hinüber, "... dass er gerade auf keinen von uns gut zu sprechen ist. Tut mir wirklich leid, dass wir euer Date ruiniert haben" ein letztes Mal verbeugte sie sich, bevor sie sich von hinten gegen Tendou stemmte und ihn hinaus aus der Tür schob.
**Shina**
Tendou hatte also wirklich einen Plan gehabt, um Semi zurück ins Leben zu katapultieren, doch dieser erfreute die Managerin ganz und gar nicht. Ihre Hand hatte sich bereits erhoben, um den Rothaarigen von Semi wegzuschlagen, als dieser seine Verteidigung selbst übernahm und dem Jungen eine Ohrfeige gab. Das laute Klatschen war vermutlich auch noch draußen zu hören. Ruckartig hatte Shinas Hand inne gehalten und geschockt blickte sie zwischen den Parteien her. Noch bevor irgendeiner reagieren konnte war Semi bereits aufgestanden und schien beleidigt davon zu stapfen.
„S-Semi!“, versuchte sie ihn aufzuhalten, aber so aufgewühlt und pulverisiert, wie er in diesem Zustand war, würde das selbst für sie als Managerin kaum möglich sein.
Verwundert blickte sie zurück zu den anderen beiden, als Kishimoto sie mit ihrer Hand berührte. „Eh?“, fragte sie verwirrt, während ihre Augen anfingen zu blinzeln. Im Gehirn fing an an zu rattern und langsam schien das Mädchen zu verstehen worauf Kishimoto hinaus wollte. Die Hitze schoss in ihren Kopf und vor Schreck schlug sie die Hände an ihre eigenen Wangen, um die Röte zu verstecken. „W-Was sagst du denn da? Wir.. wir haben doch nicht einmal was miteinander!“, versuchte sie nervös lachend das Thema abzuwenden. Das Thema, was sie in den letzten Monaten stets begleitet und belagert hatte. Das Thema, was sie immer im Kopf hatte, sobald sie abends im Bett lag und versuchte Schlaf zu finden. Shina fing an heftig den Kopf zu schütteln, als würde sie etwas loswerden wollen, was sich aber zu sehr an ihr festklammerte.
Dabei bemerkte sie gar nicht, dass die anderen beiden aufgestanden waren und sich von ihr verabschiedeten. Erst, als völlige Stille herrschte erwachte sie aus ihren Gedanken und schaute sich um. „Huh..“, entkam es ihr fragend, doch die letzten Worte von Kishimoto, die sie nur bedingt mitbekommen hatte ertönten in ihrem Kopf und verklickerten ihr, was nun ihre Aufgabe war. Zwar glaubte sie nicht, dass Semi sie gerade bei sich haben wollte und ein bisschen Sorge und Panik stieg dadurch in ihrem Körper auf, dennoch musste sie versuchen ihn von seinem Schmerz abzulenken. Sofort stand sie vom Boden auf, schnappte sich ihre Tasche und rannte zum Ausgang, wo sie die Tür der Halle schloss. Sofort schoss ihr Blick nach links und rechts, suchend nach dem weißhaarigen, der es in dieser kurzen Zeit nicht weit geschafft haben könnte. Besonders nicht mit dem, was in ihm gerade vorging.
Ihre Augen erblickten den Jungen in der Dunkelheit und sofort joggte sie zu ihm herüber. Neben ihm angekommen versuchte sie ihren schweren Atem zu unterdrücken. Besorgt um seinen Zustand schaute sie zu ihm auf, versuchte ein Zeichen zu finden, dass er noch ein klein wenig gute Laune in sich trug, damit Shina nicht gleich heulend darum beten musste ihr nicht diese Seite von ihm abzugeben.
„Ist alles in Ordnung? Tut es noch sehr weh?“, fragte sie vorsichtig und ihre Hand legte sich sanft auf den Rücken des Größeren, als wolle sie versuchen ihn ein wenig zu beruhigen. Jetzt wirkte es wohl eher so, als wäre der Junge vollkommen betrunken und müsste sich gleich übergeben - Shinas Job? Ihm den Rücken streicheln, damit es ihm besser ging. Das könnte man von den beiden wohl gerade meinen.
„Wenn du möchtest können wir morgen ja weitermachen, dann schließe ich auch ab, damit Tendou nicht reinkommen kann.“, lachte sie leicht nervös. Wieso musste auch gerade jetzt ihr Mut einen Abgang machen? Sie wusste, dass man es bei dieser Seite an Semi nicht verscherzen sollte, also schien auch sie sich ein bisschen zurückzunehmen, ohne es überhaupt zu wollen.
**Tendou**
Es hatte doch tatsächlich geklappt. Seine Lieben, wundervollen, zuckersüßen Worte hatten den Jungen zurück in die Realität katapultiert. Triumphierend wollte Tendou seinen Sieg feiern, indem er die Arme in die Lüfte schlug, konnte sein freudiges Gesicht aber nicht lange aufrechterhalten, als Semi ihm eine scheuerte und er das pochende Gefühl in der Wange spürte. Murrend legte er eine Hand über den Abdruck, der genau zu Semis Hand passte, würde er seine darauf legen. „Was soll das denn? Hab es doch nur gut gemeint mit dir..“, nuschelte er schmollend, als sich seine Augen verengt hatten und den anderen mürrisch musterten. Wer wollte denn nicht gerne einen Schmatzer des einzigartigen Tendou? Er hätte sich ruhig mal bedanken können.
Doch stattdessen stand er auf und ließ sogar Shina alleine. So ein Trottel. Seine Welt musste in diesem Augenblick unglaublich verschwommen sein, sodass keiner einen Weg hindurch finden würde und ehrlich gesagt hatte Tendou leichte Zweifel, dass Shina es bewältigen könnte. Wenn Semi in Rage geriet, dann war es schwer ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen.
Wenig später wurde der rothaarige auf die Beine gezogen und von Kishimoto zum Ausgang der Halle geschoben. „Bye, bye Shina. Komm gut nach Hause.“, meinte er nun wieder freudig an seine Managerin und wank ihr einige Male zu, als hätte man ihm gerade nicht gefühlt die Hälfte seines Gesichtes weggeschlagen. Als die beiden an Semi vorbeikamen blieb Tendou kurz stehen und vergrub seine Hände lässig in der Hosentasche.
„Ich weiß ja, dass du wie ein Vulkan bist, solltest du in dieser Laune sein, aber ein Mädchen alleine nach Hause lassen? Tze tze.. und dann auch noch unsere Managerin. Sollte ihr was passieren, während du hier völlig vernebelt nach Hause läufst, dann gibt es was.“, sprach Tendou ihn an. Seine Tonlage und auch die Stimmung um ihn herum hatte sich verändert. Er wirkte ernst, fast schon bedrohlich. Um die beiden herum war es still geworden, als hätte sich die Szenerie verändert. Fast als wären sie gerade gefangen in einem Glas, wo keiner etwas von außen hören könnte. In diesem Moment wurde der Rothaarige zu dem Monster, als dass er sein ganzes Leben lang beschrieben und öffentlich bezeichnet wurde. „Also dann! Bis morgen, SemiSemi!“, durchbrach er die ungewöhnliche Stimmung fröhlich und schlenderte schnell Kishimoto hinterher, welche wenig später seinen Arm um die Schultern gelegt bekam, um die Sache locker weiterzuführen.
„Das war vielleicht ein Spaß, oder? Wie würdest du deinen ersten Schultag einordnen? Von super, bis.. super toll und super hammer toll?“, fragte Tendou in die Stille herein, als die beiden sich ein wenig von der Schule entfernt hatten und endlich die Ruhe genießen konnte, die sie vorhin im Gang erlebt hatten. Nur ungerne würde Tendou seinen Arm von ihren Schultern nehmen, also ließ er diesen locker darüber hängen.
Einige Meter von der Halle entfernt, blieb Semi letztlich in der kühlen Nachtluft stehen. Stoßartig atmete er vor sich hin, während der Schmerz nach und nach verebbte, aber durchaus noch präsent war. Das Training - oder wie auch immer er das, was zwischen Shina und ihm stattgefunden hatte, bezeichnen konnte - war nun nichts weiter als eine Erinnerung. Ein weiterer, bedeutungsloser Moment in seinem Leben, den er nicht genutzt hatte. Er mochte Shina, mehr sogar noch als eine einfache Mitschülerin. Das merkte er vor allem jetzt, da er hier alleine draußen ins nichts starrte und versuchte, seine Wut unter Kontrolle zu bringen.
Süffisant war Tendous auftreten. Das es der Mittelblocker aber auch einfach nicht sein lassen konnte. Am liebsten hätte Semi erneut ausgeholt, doch er war sich nicht sicher, ob er das schaffen würde, ohne gleich wieder Gesicht voraus auf den Boden zu klatschen. Stattdessen beließ er es bei einem erneuten "Tsk.." und wandte dem Rothaarigen seinen Rücken zu. Aber die genugtun einer Antwort, oder einem erneuten Ausbruch aufgrund der Nutzung von Semis nur allzu verhasstem Spitznamen, gab der Weißhaarige ihm nicht. Stattdessen stand er schmollend unter dem Nachhimmel und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. Wer war hier immerhin derjenige, der gerade mit halben Fuß im Grab gestanden hatte.
Hinter sich hörte er, wie sich der Schlüssel im Schloss der Hallentür drehte. Das sanfte Klackern von Schuhsohlen auf dem Asphalt, die immer näher kamen, drang an seine Ohren. Als Shina neben ihm stand und ihn besorgt musterte, hob er seinen Blick. Schwach war das Grinsen, das er ihr schenkte: "Keine Sorge, alles noch dran. Ich glaube, mein Stolz hat mehr abbekommen", beruhigte er die Managerin. Doch eben dieser Stolz war es, der eben nicht zugeben wollte, das es noch immer höllisch weh tat. Der Griff um seine Tasche verstärkte sich, und langsam setzten sie sich in Bewegung, als sie beide sich langsam in Richtung des Schultores aufmachten.
Andächtig brummte Semi bei ihrem Vorschlag, es morgen noch einmal zu versuchen: "Du brauchst dir wirklich keine Gedanken darüber machen, wie du mich aufheitern kannst. Ich bin ein großer Junge, weißt du?", winkte er ab und Vergrub seine Hände in den Hosentaschen. So gerne er das ganze morgen nocheinmal wiederholen würde, die Magie des heutigen Abends würde nicht wieder herstellbar sein. Und auch mit der Aussicht, das Tendou sie dieses Mal nicht wieder unterbrechen sollte, hatte das ganze für ihn irgendwie den Reiz verloren.
Der restliche Weg verlief im unangenehmen Schweigen. Es dauerte einige Minuten, dann gabelte der Weg sich an der bekannten Stelle. "Okay...", begann Semi, die Stille zu durchbrechen, denn hier war die Stelle, wo sich ihr Heimweg trennte. "Wir sehen uns morgen, ja?" Er schenkte der Managerin ein halbherziges Lächeln, bevor er sich umdrehte und seinen Weg dahinstapfte.
Da erinnerte er sich allerdings, was Tendou ihm gesagt hatte, und drehte sich nach einigen Metern noch einmal um. "Hey, Shina...~", er versuchte, ihren Blick zu fangen, "~... du schreibst mir, wenn du gut daheim angekommen bist, okay?" Dann erst ging er wirklich seines Weges.
Noch als er vor seiner Haustür stand und den Schlüssel im Schloss drehte, ging ihm das Bild seiner oranghaarigen Schönheit nicht mehr aus dem Kopf. Sie hatte einfach perfekt ausgesehen, wie sie mit seiner Jacke, leicht in die Hocke gehend, ihm den Ball zugespielt hatte und sich darüber gefreut hatte, wie gut sie sich doch angestellt hatte.
Sofort zog Semi sein Handy aus der Tasche und tippte darauf los: <Bist du gut angekommen?>
**Kishimoto**
"Der Tag war ein Desaster!", rief sie niedergeschlagen aus, als sie mit Tendou den Weg entlangging. Es hätte sich seltsam anfühlen müssen, dass er ihre Nähe suchte. Den Arm um ihre Schultern legte, als würden sie sich schon ewig kennen und jeden Tag so nach Hause gehen. "Semi hätte dich glaube ich am liebsten umgebracht. Und Shina? Oh Gott, wie soll ich ihr morgen unter die Augen treten?!?" Sie schluchzte auf und vergrub peinlich berührt ihr Gesicht in den Händen.
Wie konnte sie am ersten Tag denn so ein aufsehen erregen? Noch heute morgen startete sie ohne etwas böses zu ahnen ihr neues Schuljahr an der Shiratorizawa. Ohne Probleme meisterte sie den ersten Unterricht und schrieb tadellos alles mit, hatte kein Problem mit ihren Lehrern und erwartete, gegen Abend in ihrem Bett zu legen und stolz das Geschehene revue passieren zu lassen. Doch stattdessen? Sie wurde ohne es vorherzusehen in das Volleyball-Team aufgenommen, hatte sich vor dem Coach blamiert, die Mitschüler angeschrien, Tendou aus dem Training geschleift und Semi einen Ball in die Eier geschossen!!! Wie viel Unheil konnte man an einem Tag bloß anrichten?!?
Doch das ganze machte ihr nur halb so viel aus, wie sie zunächst angenommen hatte. Was vielleicht daran liegen konnte, das Tendou sie erneut mit seiner fröhlich hüpfenden Persönlichkeit neben ihr und der Wärme, die er ihr soeben schenkte, schon wieder von oben bis unten einlullte. Apropos Wärme...
Als hätte sie sich verbrannt, starrte Kishimoto den Rothaarigen von oben bis unten an. Entsetzt packte sie ihn beim Unterarm, wo sie statt auf Stoff nur auf seine Haut traf. "Satori Tendou, hast du etwa deine Sachen in der Halle vergessen?!?", sie schlug sich eine Hand vor die Augen und massierte sich die müden Lider. "Vielleicht ist das die Strafe, dass du Semi schon wieder geärgert hast." Ließ sie seufzend verlauten, bevor sie sich suchend umsah. "Aber so lasse ich dich ganz sicher nicht nach Hause laufen" - wo auch immer das sein sollte. Tendou war ihr so selbstverständlich gefolgt, dass sie sich gar nicht sicher war, ob er überhaupt in dieser Richtung wohnte.
Und nun knurrte auch noch ihr Magen. Es war ja auch schon spät, sicher war ihr Vater schon längst mit dem Essen fertig und mit seinen eigenen abendlichen Studien beschäftigt. Doch das Gefühl war jetzt so prägnant und hartnäckig wie den ganzen Tag noch nicht. Da sie nichts anderes zu fassen bekam, schleifte sie Tendou am Saum seines Shirts in Richtung des nächsten Imbisses, der auf ihrem Weg lag. "So, wir holen uns jetzt beide etwas zu essen und dann ruf ich dir ein Taxi. Unglaublich, wie du überhaupt ohne Jacke einfach nach draußen rennen konntest. Du holst dir doch bei diesen Temperaturen den Tod.
**Shina**
Semis Gesichtsausdruck hatte sich zwar ein wenig verbessert, doch für Shina war das ganze nur noch erdrückender. Er strahlte keine Freude aus, die ihm eben in der Sporthalle noch deutlich ins Gesicht geschrieben war. Er strahlte nichts positives aus. Shina wusste es. Auch sie würde hier in diesem Augenblick nicht viel ausrichten können. Ihre Magengrube fühlte sich aus dem Nichts unglaublich schwer an, als hätte sie sich mit einem Seil bewaffnet und wäre von einem hohen Absatz Bungee jumping gegangen.
„Verstehe. Dann bin ich beruhigt.“, antwortete sie leise und ihr Blick schweifte automatisch zu Boden, denn Semi anschauen konnte sie in diesem Augenblick nicht. Sie fühlte sich unglaublich schlecht. Schlecht dafür, dass sie ihm keine Stütze sein konnte und ihn nicht beruhigen konnte, als er in seiner eigenen Welt schwirrte.
Seine nächste Aussage versetzte ihr dann einen Schlag ins Gesicht. Auch ihr Herz war von dieser Erwiderung nicht begeistert. Wäre sie alleine gewesen, dann hätte sie gewusst, dass ihre sentimentale Seite sie übernommen hätte und sie vermutlich in Tränen ausgebrochen wäre, doch mit Semi hier an ihrer Seite biss sie bloß auf ihre Zunge und unterdrückte jegliche Gefühle.
Sie wollte immerhin weiter mit ihm trainieren und das nicht, um ihn aufzumuntern. Sie wollte mit ihm trainieren, um diese Zweisamkeit zu haben, die sie bis eben noch hatten, doch das konnte sie wohl vergessen.
Die Stille zwischen den beiden machte das ganze nicht besser. Vielleicht wäre es doch besser gewesen alleine nach Hause zu gehen, damit jeder von ihnen den Gedanken nachschleifen konnte. Ein wenig Erleichterung, aber auch Traurigkeit breitete sich in ihr aus, als der Weg sich spaltete und ihnen somit mitteilte, dass es Zeit war sich zu trennen.
Nun traute sie sich zum letzten Mal für heute zu dem Jungen hinauf zu schauen.
„Ja, bis morgen..“, antwortete sie betrübt, als Semi sich nicht einmal vernünftig bei ihr verabschiedete und schon in der Dunkelheit verschwand, die ihn komplett in sich hineinzog. Ihre Hände festigten sich um ihre Tasche und mit gesenktem Kopf trat sie niedergeschlagen ihren eigenen Heimweg an. Emotional auf solche Dinge zu reagieren war für Shina nichts ungewöhnliches. Sie war eine Heulsuse, genau wie ihr Bruder sie damals bereits immer genannt hatte. Doch bei diesem Grund nervte es sie unglaublich, dass plötzlich die Tränen in ihre Augen schossen, sobald sich die Einsamkeit um sie stahl. Geräuschlos tropften einzelne Tränen zu Boden. So hatte sie sich den ersten Tag zurück an der Schule nicht vorgestellt. Aus der Entfernung konnte sie verschwommen ihr Haus entdecken, als sie aus ihrer bemitleidenden Laune durch den Klingelton ihres Handys herausgerissen wurde. Ihre Hand wanderte in ihre Tasche und nahm das Gerät heraus, wo sie die Nachricht von Semi entdeckte. „Idiot.. wieso verabschiedest du mich so und fragst mich dann solche Sachen, als wärst du besorgt um mich? Hättest mich auch gleich begleiten können..“, hauchte sie in die kalte Nacht, jedoch schrieb sie ihm diese Dinge nicht und antwortete stattdessen mit.
<Noch nicht, aber ich sehe mein Haus schon. Also keine Sorge! Bist du schon Zuhause?>
**Shina hat ein Bild gesendet.**
Abgeschickt. Seufzend steckte sie das Handy zurück in die Tasche und öffnete erschöpft die Haustür, aber nicht ohne sich noch einmal über die Augen zu wischen. Schweigend trat sie ihre Schuhe zur Seite und stapfte geradewegs nach oben in ihr Zimmer, wo sie die Tür schloss. Wieder ertönte ihr Handy, welches sie zurück in die Hand nahm und sich damit aufs Bett warf.
**Semi hat ein Bild gesendet.**
<Gerade die Schuhe ausgezogen.>
<Meine Mom hat mich gerade angeschrien warum ich heute so lange gebraucht habe -.- scheinbar hat heute keiner Mitleid mit mir…>
„Von wegen.. hatte ich doch. Du wolltest es ja nicht.“, sprach sie erschüttert mich sich selbst, bevor sie die nächste Nachricht schrieb.
<Ehh? Wirklich? Wenn du jemanden brauchst der dich aufmuntert, dann sag Bescheid! Ich komme sogar noch vorbei, wenn nötig. Würde auch Snacks aus dem convenient Store mitbringen, hehe~>
Die Nachricht schickte sie ab, bevor sie ihr Handy kurz zur Seite legte und sich aufsetzte, um die Jacke zu öffnen, die sie noch immer von Semi an hatte. Der Duft stieg ihr wieder in die Nase und sofort füllten sich ihre Augen erneut mit Tränen.
**Tendou**
Der laute Schrei vor Verzweiflung von Kishimoto brachte den Größeren zum Lachen. Entspannt lehnte er den Kopf dabei nach hinten und schloss belustigt die Augen, während er ab und an in seiner Freude das Lachen unterdrücken musste, um ein wenig Luft holen zu können.
„Mach dir mal nicht so viele Gedanken! Semi möchte mich am Tag mindestens zehn - wenn nicht sogar mehr - umbringen! Da macht es mir ganz sicher nichts aus wieder solch eine Wut abzubekommen. Es ist wirklich belustigend.“, erwähnte er lässig nebenbei und öffnete entspannt seine Augen, die von all dem dennoch ein wenig müde wirkten. Ein anderer Grund dafür war vielleicht seine Verletzung, die sein Körper nun zu heilen versuchte.
„Und über Shina musst du dir auch keine Sorgen machen. Ich glaube nicht, dass sie dich für all das irgendwie beurteilt. Wahrscheinlich zerreißt sie sich gerade eher darüber den Kopf, wie sie Semi wieder zur guten Laune verhelfen kann.“
Tendon atmete tief ein und schnappte so viel von der frischen Luft wie möglich, damit sein Körper ein wenig wacher wurde - vergeblich.
Eigentlich hatte er erwartet nun in Ruhe mit den Mädchen nach Hause gehen zu dürfen, doch ausgerechnet sie war es, die diese Stille unterbrach und ihn an seinem Arm packte. Verwundert schaute er zu der Kleineren und legte fragend den Kopf schief. Gurgelnd gab er ein paar Töne von sich, bevor er den Mund schlussendlich aufmachte, um sich zu beschweren. Die Momente des heutigen Tages durchdrangen allerdings seinen Kopf und er wusste bereits jetzt nur allzu gut, welch eine Strenge das Mädchen eigentlich hatte, deshalb fiel es ausgerechnet Tendou ein wenig schwer sich dagegen zu wehren.
„Du hast mich doch einfach so rausgeschoben. Da konnte ich mich doch nicht gehen wehren.“, antwortete er ihr nun aber dennoch belustigt und hob dabei unschuldig die Arme, als müsste er sich gegen sie wehren. Man könnte meinen, sie sei seine Partnerin und hatte ständig auf ihn aufzupassen.
„Huh? Nur mir? Aber ich hab dir doch gesagt, dass ich dich nach Hause bringe. Ich kann dich nicht einfach nach Hause gehen lassen. Immerhin bin ich nicht so unhöflich wie unser lieber Setter.“, summte er vor sich hin, hatte sich bei dem Wort ‚Essen‘ aber schon in Bewegung gesetzt, da auch er seinen Magen deutlich spüren, aber auch hören konnte. Ramen wäre durchaus eine gute Option. Oder Sushi. Onigiri vielleicht. Zufrieden tänzelte Tendou vor sich hin, als er vorausging. Ob er sich so leicht hingab, weil er den Abend noch ein wenig hinauszögern wollte wusste er nicht, aber er konnte eines mit Sicherheit sagen: Er hatte unglaublich viel Spaß.
„Außerdem ist es gar nicht so kalt. Aber Ramen oder so zum aufwärmen wären natürlich trotzdem gut. Was magst du denn so am liebsten? Hast du ein Lieblingsgericht?“, fragte er drauf los und fast hätte er sich mit seinen Worten überschlagen, als er sie so ausfragte. Trotzdem schien er sich davon nicht beirren zu lassen und wirklich interessiert hatte er seinen Blick zurück auf die schwarzhaarige gewandt, die von seiner Art womöglich schon genug hatte.
Krachend viel die Tür ins Schloss, damit Semi so auch seiner Familie zeigte, dass er zu Hause war. Sein Handy brummte in seiner Hosentasche, als er sich gerade seinen Klamotten entledigt hatte. Beruhigt ausatmend begutachtete er das Bild von Shinas Haus im fahlen Licht der Straßenlaterne. Eilig schoss er ein eigenes Bild und tippte einige Worte, bevor polternd eine Frau um die Ecke kam. "Eita Semi, was zur Hölle fällt dir ein so spät zu kommen und dann so einen Krawall zu veranstalten? Deine kleine Schwester schläft schon!", seine Mutter fuchtelte mit schaumüberzogenen Händen und einer Bratpfanne bedrohlich in seine richtung. Instinktiv wich er Weißhaarige zurück, als sich erste Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. "Tut mir leid, Mom. Aber das Training hatte heute länger gedauert", rechtfertigte er sich kleinlaut. Nicht die ganze Wahrheit, aber auch nicht komplett gelogen...
Grummelnd verzog sich die Ältere in die Küche und deutete auf die Anrichte, wo in Alufolie noch sein Abendessen auf ihn wartete. Spurtend schnappte er sich das Päckchen und eilte die Treppen nach oben. In seinem Zimmer angekommen, ließ er sich an der verschlossenen Zimmertür hinabgleiten. Sein Handy glitt aus der Tasche, und er hob es auf, um Shina erneut eine Nachricht zu tippen. Eigentlich wollte er sich bloß erkundigen, ob das Mädchen schon zu Hause war. Stattdessen antwortete er ihr jetzt erneut und jammerte sich bei ihrer Managerin aus.
Er began an seiner aktuellen, sitzenden Position sein Essen auszupacken und mampfte munter den gebratenen Reis, als promt die nächste Nachricht ankam. Er verschluckte sich leicht, bevor er mit einem Grinsen zurücktippte:
< :OOO >
<Hm, vielleicht sollte ich dann wirklich noch ein bisschen mehr jammern~...>
Dieses Mal ließ er das Display an, legte es auf seinen im Schneidersitz positionierten Schenkeln ab und hob erneut die Stäbchen auf. Es dauerte eine Weile, bis die Antwort eintraf. Bis dahin hatte Semi bereits sein komplettes Abendessen hinuntergeschlungen. Er hatte wohl doch mehr Kohldampf gehabt, als vermutet. Ganz ordentlich kratzte er auch noch das letzte Reiskorn aus der Schüssel, bevor er das Geschirr vor seiner Zimmertür abstellte. Dann las er Shinas Antwort.
<Frech! Du willst also, dass ich um diese Zeit jetzt noch alleine zu dir komme, was? Hättest du mal gleich was gesagt, dann wäre ich direkt mitgekommen..>
Er schickte ihr einen Smiley zurück.
< ^^ >
Vielleicht war das genau das, was er jetzt wirklich wollte? Er stellte sich vor, wie auf seinem Bett die bekannte Silhouette Platz nahm und sehensüchtig auf ihn wartete... Wach auf, Semi, was hast du denn da für Gedanken? Er antwortete:
< Nein, keine Sorge. Ich gönne auch dir deinen wohlverdienten Feierabend. Außerdem hat Tendou gesagt, er bringt mich um, wenn ich nicht nach Hause bringe. Wie sollte ich denn erklären, dass du noch zu mir kommen musstest? Der verbreitet dann doch bloß wieder unwahre Gerüchte...>
Und Semi würde sie nicht dementieren können, da sie alles andere als unwahr waren. Sie wären sogar so wahr gewesen, dass Semi puterrot angelaufen wäre, gestammelt hätte und sich vor der ganzen Klassengemeinschaft blamiert hätte.
<Pff! Du hast mich doch gar nicht nach Hause gebracht, so wie er es dir befohlen hat. Den restlichen Weg bin ich immerhin alleine gegangen ಠ_ಠ>
Oho, dieser böse Augen-Smiley. Ganz instinktiv duckte sich Semi, als er auf besockten Füßen den Raum durchquerte und vor seiner Gitarre stehen blieb. Er seufzte. Auch die sollte er endlich mal wieder in die Hand nehmen, falls er es doch jemand zu etwas bringen wollte. Wiederwillig nahm er das gute Stück also von seiner Halterung und begann zu stimmen. Nicht jedoch, bevor er Shina noch einmal antwortete.
<Ähm... naja, nicht ganz... aber sonst wäre ich ja noch später nach Hause gekommen. >.< Und dann hätte ich bestimmt nicht einmal mehr Abendessen bekommen. Und dann würde ich jetzt mit einer Unterzuckerung im Bett liegen und mich nicht mehr rühren können... und meine Hausaufgaben :O die hättest dann du für mich erledigen müssen!<
**Kishimoto**
Mit einem Schmollmund und den Armen vor dem Körper verschränkt, richtete sich Kishimoto zur vollen Größe auf und bot dem Mittelblocker die Stirn. "Ja wer musste denn auch schon wieder einen Mitschüler provozieren, anstatt einfach mal seine Klappe zu halten und sich friedlich in die Umkleide zu begeben? Genau, ein gewisser Satori Tendou!! Wer weiß, mit was du sonst noch gekommen wärst, hätte ich dich nicht einfach rausgeschoben", mit einem leisen *pff* beendete Kishimoto ihre Schimpftirade, doch da war sie auch vorn weg davongestampft.
Sie antwortete nicht auf die Bemerkung, dass er sie nach Hause bringen wollte. Denn jetzt wurde ihr klar, wie es für ihren Vater aussehen würde, wenn sie am ersten Tag schon mit einem Jungen nach Hause käme. Vor allem mit einen, der womöglich in einem ganz anderen Teil der Stadt wohnte und womöglich einen Kilometerlangen Umweg einschlagen musste, sodass er selbst er weit nach Mitternacht daheim ankam, völlig ausgelaut vom langen Fußmarsch und dem harten Training, das er sogar noch auf der Türschwelle zu seinem Haus zusammenklappte.
In dem kleinen Imbiss an der Straßenecke suchten sich beide eine kleine Ecke, wo sie sich niederlassen konnten. Kishimoto band sich in einer fließenden Bewegung die Haare mit einem der vielen Haargummies an ihrem Handgelenk zu einem lockeren Zopf nach hinten, bevor ihr Gesicht interessiert in der ausliegenden Karte versank. Die Auswahl war wirklich groß, auch wenn es Kishimoto egal war, was sie zwischen die Kiemen bekam, solange das unangenehme ziehen in ihrer Magengegend endlich verschwand.
"Huh?", machte sie und sah verwundert zu Tendou hinüber, als hätte er gerade gefragt, was die ultimative Antwort auf den Sinn des Lebens war. Zumindest wurde sie derartig aus dem Konzept geworfen. "Ich... keine Ahnung, ehrlich gesagt." Ihre Wangen verfärbten sich leicht rosa, "Zugegeben.. das hat mich vorher noch nie jemand gefragt, also hab ich mir darüber auch noch nie Gedanken gemacht." Denn die Wahrheit war, dass sie erzogen wurde, alles zu essen. Klar, sie hatte bestimmte Dinge, die sie lieber oder eher weniger mochte. Aber über so etwas triviales, wie ein Lieblingsessen, wurde sie noch nie ausgefragt.
So deutete sie einfach wahrlos auf irgendetwas, als die Bedienung ihre Bestellung aufnehmen wollte und schob eilig wieder die Karte von sich. Leicht beschämt faltete sie die Hände vor sich auf dem Tisch und fummelte an ihren Fingern herum. "Ich muss dir wohl wirklich komisch vorkommen...", begann sie, ihre Aussage von vorhin fortzuführen. Zum ersten Mal machte sie sich wirklich Gedanken, wie ihr verhalten wohl auf andere wirken könnte. Vor allem, da sie jetzt in einer derartigen Zweisamkeit beisammen saßen.
Ihr kam das Gespräch bei der Therapeutin in den Kopf, das sie letztes Jahr zu diesem Thema hatte. "Du sagtest, du tust dich schwer, ein Gespräch anzufangen und Smalltalk zu führen. Das ist ganz normal, Yoshida. Wenn du das nächste Mal vor einem solchen Problem stehst, versuch es doch einfach einmal mit...~"
"Was hälst du von einer Runde: '20 Fragen'?", schlug sie vor, während sie auf das Essen warteten. "Ich weiß nichts von dir, und du nichts von mir. Und so haben wir beide gleich viel Gelegenheit, etwas übereinander herauszufinden!"
**Shina**
Ihr Handy ließ ein Vibrieren hören, als Shina gerade dabei war die Jacke von ihren Schultern zu stülpen und sie für eine Weile zu mustern. Seufzend vergrub sie ihr Gesicht darin und kuschelte sich eine Weile darin ein, bevor sie sich rückwärts auf das Bett fallen ließ. Die Jacke fiel ihr dabei auf den Bauch und deckte sie halb zu. Trotz ihrer niedergeschlagenen Laune hatte sie wie eine süchtige nach dem Handy gegriffen, um die Nachricht zu lesen.
Sofort schmollte sie und ein leises Seufzen verließ ihre Lippen. Die Sache mit dem Essen konnte sie zwar verstehen, doch sie hätte sich durchaus um ihn gekümmert, damit auch er heute mit vollem Mangen ins Bett gehen konnte.
<Die Hausaufgaben hätte ich für dich übernommen.. und Essen hätte ich dir vielleicht auch noch mitgegeben.. pff>
Die Antwort des weißhaarigen ließ nicht lange auf sich warten und für einen kurzen Moment stoppte Shina ihr Spiel, dessen App sie gerade erst geöffnet hatte.
<:-(>
<…>
< Bist du jetzt sauer auf mich? :-( >
Immer und immer wieder lag sie sich diese Nachricht durch, versuchte nicht ihren Gefühlen die Oberhand zu geben. Ja, sie war sauer. Aber nicht, weil er sie alleine hat nach Hause gehen lassen. Sie war sauer auf sich selbst, weil sie es nicht geschafft hatte ihm sein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und die gute Laune zurückkehren zu lassen, die er doch eigentlich verdient hatte.
Ihre Finger fingen bereits an die nächste Nachricht zu tippen. Die Tastatur ihres Handys war im Raum zu hören.
<Nein.. bin ich nicht. Dann mach aber jetzt auch deine Hausaufgaben und dann ab ins Bett! Immerhin musst du morgen für das Training ausgeschlafen sein :-)>
Während Shina auf die Nachricht wartete hatte sie das Spiel von vorhin geöffnet, doch anstatt es zu spielen hatte sie es nach kurzer Zeit wieder geschlossen und den Stundenplan für morgen geöffnet. Mathe.. Eines ihrer schlechtesten Fächer, obwohl sie selbst eine gute Schülerin in absolut jedem Fach war. Ugh.
Die Nachricht von Semi riss sie aus ihren Gedanken.
<:-)>
<Ja, Mommy ich habe mich sogar schon umgezogen..~>
*Einige Minuten später*
<Und was machst du heute noch so?>
Ja.. was machte sie heute noch? Nachdenklich blickte sie im Raum umher und entdeckte dabei ihren Laptop, der auf ihrem Schreibtisch seinen Platz gefunden hatte. Vermutlich würde sie versuchen ein paar Pläne zu schmieden.
<Mommy? So siehst du mich also? ╥﹏╥ schon verstanden..>
<Ich werde mir noch ein paar Videos von euren letzten Spielen anschauen und ein bisschen darüber aufschreiben, damit Washijo mit euch alles besprechen kann. Vermutlich werte ich auch noch ein paar andere Spiele von anderen Teams aus.. mal schauen! Und du?>
Damit legte sie das Handy kurz zur Seite, um sich den Laptop ins Bett zu holen. Die Müdigkeit überspielte sie dabei ein wenig und Shina hatte Schwierigkeiten überhaupt auf den Bildschirm zu schauen. Semis angenehmer Duft machte das ganze nicht leichter. Seufzend nahm sie die Jacke wieder ein wenig höher und kuschelte sich an diese. Ihre Augenlider wurden schwer, doch noch quälte sie sich damit wach zu bleiben, um weiter mit dem Jungen schreiben zu können. Nur noch ein wenig.. Nur ein wenig, nachdem sie solch eine Niederlage vorhin einstecken musste, die sie sogar zum weinen gebracht hatte.
**Tendou**
Ausgeschimpft von einer Erstklässlerin. So hatte sich Tendou das zweite Jahr nicht vorgestellt und erst recht nicht damit gerechnet so in die Schranken gewiesen zu werden, doch konnte er mit voller Überzeugung sagen, dass es ihn störte? Nein. Denn das tat es nicht und die Erklärung dazu konnte er sich selbst nicht einmal zusammenreimen. Wann immer Kishimoto ihn durch ihre strenge Art auf einen Fehler, oder auf seine Gesundheit zurechtwies schien Tendou seine eigentliche Art andere zu ärgern ein wenig zurückzukurbeln und sich verdammt hart auf die Zunge zu beißen.
Belustigt verschränkte er seine Arme hinter dem Kopf und folgte dem Mädchen zum Imbiss, dessen Geruch sofort in seine Nase stieg. An diesen erinnerte er sich gut! Hier hatte die Mannschaft ihr erstes Essen gehabt, als sie ihren Sieg nach Hause getragen hatten. Damals waren sie noch Erstklässler gewesen, hatten sich aber dennoch einen Stammplatz ergattern können. Semi und er hatten es irgendwie geschafft die damaligen Drittklässler zu überreden für das ganze Team das Essen auszugeben. Was die Armen damals nicht gewusst hatten war, dass die Erstklässler einen guten Hunger hatten und somit waren sie für den Monat wohl um einiges ärmer. Das war vielleicht ein Spaß gewesen.
Mittlerweile wirkte der Imbiss ein wenig heruntergekommener, als damals, doch Tendou wusste, dass man solche Läden danach nicht bewerten sollte.
Dass er keine Antwort auf seine Anfrage bekam sie zu begleiten störte ihn eher weniger. Jeder hatte seine Gründe nicht auf ein gewisses Thema antworten zu wollen. Tendou war zwar in den meisten Fällen offen, aber auch er hatte Sachen, die er lieber für sich behalten wollte, auch wenn er jemand war der wusste, dass es besser für jede Partei sein würde einfach alles preiszugeben.
Tendou ließ sich entspannt auf den Stuhl fallen und nahm seine Karte entgegen, die er neugierig musterte. Seine Augen blieben jedoch nicht allzu lange auf den vielen Gerichten, die dieser Imbiss zu bieten hatte. Über den Rand der Karte hatte er das Gesicht von Kishimoto erblickt, welches er durch ihr zusammengebundenes Haar nun sogar noch besser erkennen konnte. Jetzt hatte er die Zeit und Lust ihr Gesicht mal so richtig zu mustern. Es wirkte ziemlich weich und rein, fast als hätte sie keine Probleme mit irgendwas zu kämpfen. Pickel zum Beispiel. Die waren vielleicht nervig und man musste immer sehen, dass sie unauffällig blieben. Doch Kishimoto machte nicht den Eindruck, als müsste sie mit solchen Sachen arbeiten. Auch ihre Augen hatten eine schöne Farbe, die Tendou nun trotz ihres Blickes nach unten zur Karte deutlich erkennen konnte.
Ein wenig verträumt stützte er sich mit dem Kopf auf die Hand, wodurch die Karte zurück auf den Tisch sank und völligen Einblick auf ihn gab.
Für ihn gab es in diesem Moment nur die beiden. Andere Besucher hatte der Imbiss sowieso kaum. Doch für Tendou erschien die Welt um ihn herum gerade ein wenig wie ein Traum. Um sie herum schien es ein wenig verschwommen und in einer hellen Farbe. Ob es wohl seine Neugier auf sie war, wieso er so reagierte und vor sich hin träumte?
Verwundert schüttelte er sich aus seiner Trance, als Kishimoto ihre Antwort äußerte. „Eh?“, entkam es ihm überrascht. „Du hast nichts, was du gerne magst? Aber jeder hat doch etwas.“, sprach er seinen Gedanken laut aus und lehnte sich langsam und dem Stuhl zurück, während seine Hand an sein Kinn wanderte, um seinen nicht vorhandenen Bart zu streicheln und wie ein alter Mann in seinem Sessel zu wirken, der versuchte das Geheimnis des ganzen Universums herauszufinden.
Gab es denn tatsächlich Menschen, die.. nichts mochten, oder anders gesagt - einfach alles mochten? Unmöglich!
Tendou zeigte ebenfalls auf eines der Gerichte, als die Bedienung nach ihrer Bestellung fragte, ohne seinen Blick von Kishimoto zu nehmen, fast als wüsste er jegliches auswendig. Zugegeben.. das tat er auch.
„Nicht wirklich. Mit komisch und all diesen Dingen brauchst du mir gar nicht kommen. Ich war bis vor ein paar Jahren selbst immer der komische, also sind andere Leute für mich einfach normal.“, antwortete er ehrlich, als seine Schultern mit einem kurzen Zucken die Gelassenheit über dieses Thema zeigten. Vielleicht wirkte er in diesem Moment wirklich so als könne ihm nichts mehr anhaben und vielleicht war es auch so, doch Tendou war noch immer menschlich und hatte daher einen guten Einblick in die Gefühle anderer.
Bei anderen wollte er genau diese nur brechen sehen, doch bei Kishimoto schien es ihn durchaus zu interessieren, dass sie unbedingt ehrlich zu sich selbst war und ihren Spaß haben konnte.
„20 Fragen?“, fragte er neugierig auf die Idee hin, sich dadurch ein bisschen besser kennenzulernen. Nachdenklich wippte er mit dem Kopf hin und her, bevor er ein leichtes Nicken von sich gab. „Bin sowieso ein offenes Buch, aber sag mal.. wie genau funktioniert das genau?“
Oh, oh, Shina klang beleidigt. Vielleicht hätte Semi sie doch noch bis an ihre Haustür begleiten sollen. Er wollte dich nicht, dass die Rotharrige ihn jetzt deswegen ignorierte. Seine 'Ausrede' klang, jetzt wo er sie nochmal durchlass, wirklich wie eine Ausrede.
Die nächste Antwort ließ etwas auf sich warten. Der Weißhaarige nutzte die Gelegenheit, um die Saiten seines Instruments in Schwung zu setzten. Sein Herz war nicht wirklich bei der Sache. Das merkte er daran, dass die ersten Töne von 'Nothing Else Matters' ständig schief waren und ihnen die gewissen Melancholie fehlte - wahrscheinlich verbrauchte Semi die gerade für sich selber, dass er für seine Gitarre keine mehr übrig hatte.
Dir nächste Nachricht hellte seine Laune sofort wieder auf. Er musste leicht grinsen, als er die gespielte stenge in Shinas Unterton wie aus ihrem Gesicht direkt aus der Nachricht heraus lesen konnte. Schnell stand er auf, und wechselte die Shiratorizawa Trainingsklamotten gegen seine Nachtwäsche, damit er ihr zurückschreiben konnte.
Suefzend setzte er sich schließlich an seinen Schreibtisch, wo schon sein Irdner drohend auf ihn wartete. So wirklich lust, anzufangen hatte er keine. Aber ihm blieb die Wahl zwischen sofort in die Kiste, oder brav sich auf morgen vorzubereiten. Er entschied sich für letzteres, nicht ohne aber nicht eine kurze Textnachricht an die Managerin zu schreiben.
Promt kam die Antwort zurück, und ihm blieb nichts anderes, als sofort zurückzuschreiben:
<:$>
<Ich hab gerade noch ein wenig Gitarre geübt. Aber - wie du schon so schön meintest - wartet jetzt noch Stapel Papier auf meine Schreibtisch -.- >
Suefzend knallte er mit der Stirn auf die Schreibtischplatte. Das würde das Jahr über nicht besser werden. Er würde immer spät abends heim kommen und sich erst einmal durch seinen schulkram quälen müssen, bevor er endlich zu Ruhe kommen konnte. Wie es jemand wie Shina schaffte, zusätzlich noch für das Team Informationen zu suchen, zeigte ihm bloß, wie sehr sie sich in ihre Arbeit reinging - und, das sie nicht so leicht zu ersetzten war.
<Huuuh.. du übst fleißig und zeigst mir nie deinen Fortschritt. Wie gemein~..>
Kam ihre Antwort zurück. Semi lief puterrot an. Natürlich hatte sie ihn noch nie spielen gehört. Wo denn auch? Hätte er sie denn einfach so locker flockig zu ihm einladen sollen, a la: hey, komm rüber, lass mir dir meine neuen coolen Moves auf der Akkustikgitarre zeigen?
< So gut bin ich ja nun auch wieder nicht... aber wenn es dich wirklich interessiert, musst du nächstes Wochenende vorbeikommen. Da sind meine Eltern nicht da uns es laufen außerdem die Volleyball-Nationals im Fernsehen *-*>
Oh Gott. Er hatte es gerade wirklich getan. Als hört Semi sich verbrannt, warf er das Handy auf die Seite und drückte ein Kissen darauf. Er fürchtete sich vor der Antwort. Shina würde bestimmt nicht zusagen. So wie er das formuliert hat... 'Meine Eltern sind nicht zu Hause' wow, da konnte man überhaupt nichts missverstehen. Er wollte doch bloß damit sagen, dass sich Shina keine Sorgen machen musste, seinen Alten über den Weg zu laufen und sie ganz ihre Ruhe hatten.... Argh, das hörte sich auch nicht besser an.
Semi rief sich zur Ordnung, raufte sich ein paar mal durch das eh schon verstrubbelt Haar, bevor er sich endlich - und dieses Mal wirklich - um seine Hausaufgaben kümmerte.
**Kishimoto**
Die blicke, die Tendou Kishimoto zuwarf, blieben der schwarzhaarigen - zum Glück - unbemerkt. Denn ihre Gedanken würden dann bloß noch mehr um das Thema kreisen, dass sie sich jetzt gerade lieber mit einem Kerl, den sie seit heute Mittag erst kannte, in einem Schnellimbiss verkroch, anstatt sonst - brav wie sie war - pünktlich nach Hause zu gehen.
Sie fragte sich ohnehin, warum der rothaarige sich noch nicht längst entschuldigt hatte und auf eingebe Faust nach Hause gegangen war? Schließlich hatte er sich sicher auch besseres zu tun, als sich mit ihr zu unterhalten. Selbst nach der Sache, die sich außerhalb des Krankenzimmers abgespült hatte. Aber vielleicht war der Drang, seinen Hunger zu stillen, doch größer als das Verlangen, in Ruhe nach Hause zu gehen, und so erklärte Kishimoto das zumindest selbst.
Sie zuckte bei der Frage die Schultern. Kaum merklich, weil ihr das ganze noch immer irgendwie peinlich war. "Naja, es gab bei uns zu Hause immer das, was es eben gab. Klar, manche Sachen mochte ich eventuell auch nicht so gerne... aber ich sollte lernen, nichts abzuschlagen und das zu essen, was gesund für mich war", versuchte sie ihre wahrlich seltsame Situation zu erklären.
Ihr Blick hob sich langsam wieder, und mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen funkelte die Schwarzhaarige ihn an. "Wirklich? Aber... du scheinst doch so beliebt bei allen zu sein", hob sie verwundert eine Augenbraue. Ja, selbst mit Ushijima verstand er sich doch blenden, obwohl ihre Persönlichkeiten anders nicht sein konnten.
Ein Strahlen setzte sich auf ihre Lippen. Irgendwas hatte zwar Zweifel in ihr geweckt, dass dieser Vorschlag in der Theorie zwar super klang, es aber in der Realität sicher nicht so einfach sein konnte, jemanden zum mitspielen zu bewegen. "Klingt eigentlich schwieriger als es ist", Kishimoto setzte sich aufrechter hin, sodass sie mit Tendounwieder auf einer Augenhöhe war und ihn noch von unten her ankucken musste. "Jeder von uns beiden bekommt 20 Fragen. Ab jetzt hast du die Möglichkeit, mich alles zu fragen was du willst. Du musst dir auch nicht alle fragen für heute Abend aufheben, sondern kannst sie so lange behalten, wie du willst. Die einzige Regel..." sie kniff die Augen zusammen und näherte sich mit ihrem Gesicht dem von Tendou, "... du darfst nie lügen!"
Es war albern, sie wusste es. Schließlich konnte sie nie wissen, ob Tendou wirklich die Wahrheit sagte oder sie anlog. Und auch für Kishimoto könnte die Sache ziemlich schnell ziemlich unangenehm werden, wenn sie fragen ausbuhtet Vergangenheit beantworten sollte. Aber vielleicht war es genau das, was sie endlich tun sollte. Sich jemanden offenen, der sie womöglich nicht wegstoßen, sondern sogar verstehen könnte.
"Okay, warte. Meine erste Frage lautet", die schwarzhaarige Kniff die Augen zusammen und musterte Tendous Gesicht. Dann fragte sie: "Ist das deine echt Haarfarbe oder sind die gefärbt?"
**Shina**
„Dein Essen.“, ertönte es plötzlich an der Tür und schon fast erschrocken - als hätte man sie gerade bei etwas unanständigem erwischt - fiel ihr das Handy auf die Nase. Mit einem ‚Ugh‘ nahm sie das Gerät langsam von ihrem Gesicht und blickte zu dem Übeltäter herüber, der sie erschreckt hatte. Ihr Bruder hatte ihr das Essen auf den Schreibtisch gestellt, schloss aber schon wenige Sekunden später wieder die Tür. Dieser Kerl war wie ein Geist, er tauchte immer unscheinbar und leise auf und ausgerechnet Shina war es, die sie dadurch stets erschrecken musste.
Während sie das Handy wieder aufnahm und von dem Bett aufstand, um die Kleinigkeit zu essen, die ihr übergeben wurde, tippte sie die nächste Nachricht.
<Gut, dann komme ich vorbei. Soll ich irgendwas mitbringen? Kann auch für uns kochen oder so ૮ ´• ﻌ´• ა>
Sie legte das Handy neben sich auf den Tisch und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder, bevor sie die Schüssel mit Reis an sich nahm und diesen mit ihren Stäbchen ein wenig umrührte. Kurze Zeit später landete der erste Bissen in ihrem Mund. Noch immer waren ihre Gedanken gefüllt mit dem Augenblick von eben und immer wieder erschien der niedergeschlagene Blick von Semi in ihrem Kopf. Leise seufzend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück, stellte die Schüssel zur Seite und blickte auf ihr Handy, als eine Nachricht eintraf.
<Uhhh, du kannst kochen?*-* Also wenn es dir keine Umstände macht…?>
Sofort verengten sich ihre Augen. Der Typ hatte sie doch nicht mehr alle. Sie hatte ihm letztes Jahr ein bento mitgebracht und jegliches Essen davon hatte sie sich hart in der Küche erarbeitet, nur damit dieser Kerl etwas gutes in den Magen bekam.
Murrend tippten ihre Finger schnell auf der Tastatur herum.
<Natürlich kann ich kochen! Du glaubst doch nicht wirklich, dass das Bento, was du letztes Jahr bekommen hast von meiner Mutter war, oder?._.>
Der restliche Reis landete in ihrem Mund und auch das Fischstück wurde schnell vernascht. Bevor sie die nächste Nachricht des weißhaarigen beantwortete.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie einem Treffen zugesagt hat, wo sie mit ihm alleine sein würde. Die Röte stieg in ihr Gesicht und sofort war sie nervös aufgestanden und lief wie wild durch ihr Zimmer - den Blick dabei glotzend auf die Nachricht gerichtet.
„Ich bin erledigt!“, schrie sie durch das ganze Haus, was ihre Familie unten nur mit einem Kopfschütteln abtat. Nervös warf sie sich ins Bett und schaukelte heftig hin und her. Ihre Beine bewegten sich dabei in der Luft, als würde sie gerade um ihr Leben kämpfen. Sie war eindeutig erledigt!
**Tendou**
So ist das also. Das ganze klang nach einem ziemlich strengen Haushalt, wenn Tendou es so bewerten durfte. Das ließ ihn kurz über seine eigene Familie nachdenken. Seine Eltern schienen im Gegensatz zu anderen deutlich gelassener und auch ihre Erziehung konnte mit der von anderen überhaupt nicht mithalten. Sein Vater strahlte stets eine gewisse Ruhe aus und schien sich nicht viel aus anderen zu machen, geschweige denn jemals sein Temperament zu verlieren. Daher hatte Tendou wohl auch seine Art in gewissen Dingen ruhig zu bleiben und nicht auf die Leute loszugehen, sollten sie wieder etwas schlechtes über ihn sagen und ihn niedermachen. Besonders in Spielen war dies wohl ein großer Vorteil, da seine Ohren ausgerechnet dort die Gespräche der Zuschauer hörte.
Das nächste Thema war etwas, worüber Tendou mittlerweile gut reden konnte und es ihn auch nicht mehr störte darüber nachzudenken. Alleine hatte er es geschafft sich seiner Vergangenheit zu stellen und die Wut und Verzweiflung auf die Personen, die stets über ihn geredet haben, einzustellen.
Ein belustigtes Lachen entfuhr ihm, als er die Worte von Kishimoto zu hören bekam. „Ich fühle wirklich geehrt, dass du so über mich denkst, aber beliebt bin ich ganz sicher nicht. Zumindest bei den meisten nicht. Wenn du mal mit zu einem Spiel kommst, dann wirst du sehen was ich meine.“, antwortete er glucksend, doch in seiner Tonlage schien ein wenig Ernsthaftigkeit zu stecken, die er ihr unbedingt mitteilen wollte. Er stützte seinen Kopf zurück auf die Hand und legte diesen dadurch leicht schief, während seine Augen das Mädchen vor sich musterten. „Bis dahin.. Behalte ruhig das Bild von mir als beliebter Junge.“
Ihre naive Art schien ihn zu interessieren und neugierig zu machen. Tief im inneren spürte er, wie er ihr unbedingt näherkommen wollte, um sie besser zu verstehen und sehen zu können, was sie mochte, was sie störte und was sie gerne tat. Klang ziemlich lächerlich nach einem Tag, aber so war Tendou nun mal. Auch bei Wakatoshi hatte er sich einfach an die Fersen gehangen und seither nicht mehr losgelassen. In diesem Sinne war Tendou extrem stur und hatte große Durchhaltevermögen. Das alles trotz seiner miserablen Vergangenheit.
Ihr plötzliches Strahlen riss seinen Kopf von seiner Hand und für einen kurzen Moment hatte er die Angst, dass er mit seiner Stirn auf den Tisch aufprallen würde. Allerdings konnte er kurz davor stoppen und legte stattdessen sein Kinn auf dem harten Untergrund nieder, um sie von unten anschauen zu können.
„Ich darf mir Fragen aufheben? Interessant. Dann darfst du aber auch bei keiner meiner Fragen auch nur ansatzweise ans lügen denken. Sonst wäre es ja unfair, wenn du alles ehrlich beantwortet bekommst. Und dann ist es auch egal, wie peinlich, oder unangenehm die Frage ist!“, schoss es wie eine Pistole aus seinem Mund, da er diese Sache unbedingt geklärt haben wollte, um auch wirklich sicherzugehen, dass er sie nun besser kennenlernen durfte. Spannung machte sich in ihm breit und freudig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her, als er darauf wartete die erste Frage gestellt zu bekommen. Jegliches ging durch seinen Kopf. Was würde es für eine Frage sein? Würde es über sein privat Leben sein? Sein Liebesleben? Vielleicht seine Vergangenheit? Oh.. über.. seine Haare?
Verwundert blinzelten seine Augen, als hätte er gerade nicht richtig verstanden, was sie gefragt hatte. Langsam hob er den Kopf. „Du hast 20 Fragen, um mich alles zu fragen, was du möchtest und du gibst mir.. eine Frage her die Echtheit meiner Haare?“, entkam es ihm leise, wodurch seine Verwirrung in der Tonlage nur noch deutlicher wurde. Kurz darauf schlug er aber mit seiner Handfläche laut auf den Tisch - mehrmals, sehr schnell und ein tiefes Lachen entkam seiner Kehle.
„Mano man. Du hast jegliche Chance alles herauszufinden und nimmst meine Haare. Aber um dir die Sache zu beantworten - Ja, meine Haarfarbe ist echt. Ich bin so geboren.“, antwortete er belustigt, aber dennoch ehrlich, damit sie sich nicht komplett unwohl fühlen musste, während Tendou hier versuchte auch nur einen kurzes Schnappen nach Luft zu tätigen.
„Okay, okay! Ich bin dran!“, rief er freudig aus und lehnte sich dabei leicht über den Tisch zu ihr herüber. Seine Augen hatten sich dabei glücklich geweitet, als würde er alles auskosten müssen, um sie vernünftig sehen zu können. „Welche Position hast du damals im Volleyball gespielt?“
Semi versuchte wirklich sich auf die Schularbeiten zu konzentrieren. Fein säuberlich arbeitete er die Kanji aus, die er für den japanisch Unterricht lernte und versuchte ja darauf zu achten, keinen Fehler zu machen. Doch wie konnte er fokussiert bleiben, wenn neben ihm das schwarze Geärt lag, das jeden Moment zu vibrieren beginnen konnte? Anstatt also brav weiter zu üben, begann der Weißhaarige, seinen Blick vollzukrizeln. Die Spannung hielt er kaum noch aus.
Da endlich kam die Antwort von Shina an. Hastig griff er über den Schreibtisch hinüber, doch der Schwung war zu groß. Gerade noch so erwischten seine Fingerspitzen das tragbare Gerät, da bekam Semi - samt seines Drehstuhls - das Übergwicht und zusammen knallten sie seitlich auf den Boden. Schützend hielt er beide Hände über das Handy, während das scheppern des umfallenden Stuhls vermutlich durch das ganze Hause echote. Ein kurzes: "Autsch" entfuhr ihm, bevor er hastig die Hände hob und das Display nahe vor sein Gesicht hielt.
Oh. Mein. Gott.
Sie hatte ja gesagt.
Fassungslos starrte Semi die Buchstaben an, die offensichlich erst langsam in ein Gehirn einsickern mussten. Mit aufgeklappten Mund starrte er noch einige weitere Minuten wie erstarrt auf sein Handy, während er noch immer - halb begraben unter seinem Schreibtischstuhl - auf dem Boden ausharrte. Schließlich schüttelte er einige Mal den Kopf, um seinen Fokus zurückzugewinnen und antwortete.
Schließlich ließ er das Handy sinken und ließ dabei den Kopf auf den Dielenboden zurücksinken. Semi hatte ein Date! Verträumt schloss er die Augen, als rote Herzchen begannen, wie wild um seinen Kopf herum fangen zu spielen. Auch ein kleiner Cupido war mit von der Partie, der mit erhobenen Bogen versuchte, eben jene wieder einzufangen. Vogelgezwitscher war in der Ferne zu hören - die Welt war einfach schön.
"Nii-chan?", plötzlich gelang er dem kleinen Engelchen, alle Herzen mit seinem Pfeil aufzuspießen, bevor er hämisch grinsend und triumphierend davonflog. Der Weißhaarige öffnete zuerst nur ein Auge, während er den Kopf weiter nach hinten neigte, um kopfüber in Richtung der Stimme zu sehen, die von seiner Zimmertür kam. "Mami sagt, ich soll dir sagen, das ich heute Nacht bei dir schlafen darf" das freudige Quieken seiner kleinen Schwester ertönte, als sie mit einem Knall die Tür in ihre Fassung zurückschlug und Semi anschließend auf seinen Bauch sprang, was er lediglich mit einem gequälten "Uff" quittieren konnte.
"Nozumi~..", stöhnte der Ältere auf, "ich muss morgen doch wieder früh raus, und überhaupt..." "Genau! Mami sagte, dass du dich deswegen jetzt mit mir hinlegen sollst und sie keinen Ton mehr von oben hören will" Das Grinsen seiner kleinen Schwester wies mehrere Zahnlücken auf, doch es war einfach unwiderstehlich süß. Seufzend rappelte sich der Weißhaarige auf, bevor er seine kleine Schwester - die doch um einiges schwerer war, als sie aussah - und platzierte sie schon mal auf seinem Bett. "Ich muss hier noch schnell etwas fertig machen", meinte er, als er das Handy vom Boden aufsammelte und peinlich berührt auf Shinas Nachricht starrte.
<Ehhh... natürlich nicht! Und vielen Dank dafür nochmal, sollte ich mich noch nicht ausreichend dafür bedankt haben!>
Und eilig tippte er hinterher:
<So, aber jetzt muss ich wirklich ins Bett. Ich wünsche dir eine gute Nacht und angenehme Träume,...>
Er zögerte für einen Moment, bevor er den Satz vervollständigte:
<... Inaba.>
"So, und jetzt mach mal ein wenig Platz, sonst pass ich ja da gar nicht mehr rein", mit einer verscheuchenden Handbewegung wieß er seine Schwester zum aufrücken an, bevor er sich selbst neben ihr auf der Matraze plazierte.
**Kishimoto**
Sie musste gestehen, dass Tendou ihr bisher, sollte sie jemals Videos von Spielen der Shiratorizawa angesehen haben, nie aufgefallen war. Ganz dunkel erinnerte sie sich an den roten Haarschopf, allerdings war Wakatoshi eigentlich der Spieler, auf den alle Augen sich unwillkürlich richteten, sobald er ins Spielgeschehen eingriff. Irgendwie machten Kishimoto seine Worte traurig. Das Ganze klang für sie nur allzu bekannt, so als würde sie gerade ihrer eigenen Geschichte zuhören. Als sie schließlich seinen Blick erwiderte, empfand sie ein tiefes Mitgefühl gegenüber dem Mittelblocker und auch sie wurde jetzt von der unstillbaren Neugierde gepackt, mehr über den mysteriösen Jungen ihr gegenüber herauszufinden.
Überrascht zog Kishimoto beide Augenbrauen so weit in die Höhe, sodass sie beinahe unter ihrem Haaransatz verschwanden. "Keine Sorge, gleiche Konditionen für beide Seiten", erklärte sie langsam nickend. Da nahm aber jemand das 'Spiel', das sie vorgeschlagen hatte, ziemlich ernst. Wieder wurde die Schwarzhaarige daran erinnert, das auch für sie ziemlich schnell ziemlich ernst werden konnte. Tendous glitzernde Augen wießen sie darauf hin, dass seine Fragen sicher nicht nur von harmloser Natur waren. Eh... also sicher kaum etwas intimes. Aber ihr Verhalten heute den Tag über gab sicher einige Hinweise darauf, dass sie einiges zu verbergen hatte, was den Rothaarigen sicher interessierte.
Rot wie eine Tomat lief Kishimotos Gesicht an, als auch plötzlich der ganze Imbiss sich zu ihnen umdrehte."H... hey, das ist überhaupt nicht so lustig. Und überhaupt!", beleidigt, aber immer noch mit hochrotem Kopf, verschränkte Kishimoto die Arme vor der Brust und ließ sich zurück an die Lehne ihres Stuhls fallen. "Das hat mich eben einfach interessiert! Hat dir etwa noch jemand gesagt, dass er deine Haare toll findet?", whoops, das hatte sie selber ja eigentlich auch nicht - aber durch gerade eben eben doch. "Äh... komm du doch erst einmal mit einer besseren Frage", konterte die Schwarzhaarige, während Tendou süffisant grinsend antwortete.
Ihr entglitten alle Gesichtszüge. Woher wusste er...? Ach ja, richtig, sie hatten, soweit sich Kishimoto daran erinnern konnte, sich wage darüber ausgetauscht, als sie nebeneinander auf dem Feld gestanden hatten. Und da war auch schon die erste 'intimere' Frage, die sie zu beantworten hatte. Sie fing Tendous überaus neugierigen Blick auf, der sagen zu schien: er würde alles geben, um nur diese paar kleinen Worte aus ihrem Mund zu hören. Sie atmete einmal tief ein und aus, bevor sie antwortete: "Mittelblocker. So wie du...", ein kleines Lächeln bildete sich auf ihrem Mund aus. So schwer war es doch gar nicht gewesen, zu antworten.
Sie wartete seine Antwort ab, bevor sie selbst erneut eine Frage stellte. "Okay, du willst etwas tiefgründigeres? Wenn du eine Sache in deinem Leben ändern könntest, die dich stört: was wäre es und warum?"
**Shina**
Die nächste Nachricht, die nun die letzte für heute sein würde durchdrang die Stille in ihren Raum. Es war fast schon wie Musik in ihren Ohren, doch der Inhalt der Nachricht schien sie ein wenig traurig zu stimmen. Dabei sah sie ihn doch gleich morgen früh wieder.
Ihre Augen fixierten aber wenig später etwas ganz anderes. Er hatte ihren Namen benutzt. Allerdings war es ihr Nachname gewesen, den er hier von sich gab. Verwundert rieb sie sich die Augen, aber der Nachname verschwand keineswegs. Seit wann waren sie denn bitte wieder so förmlich geworden? Er hatte sie doch letztens erst noch mit Shina angesprochen. Sofort fing ihr Körper an zu zittern, als würde ein großer Schauer hindurch jagen und sie komplett einnehmen. Semi war doch nicht wohl noch immer von vorhin angeschlagen und ließ es nun an ihr aus, weil sie diejenige war, die ihn nicht aufmuntern konnte.
Zitternd tippten ihre Finger die nächste Nachricht.
<Idiot.. also dachtest du wirklich es wäre von meiner Mutter!>
<Schlaf gut! Gute Nacht, Eita :-)>
Sobald sie auf absenden gedrückt hatte, hatte sie das Handy ausgeschalten. Im schwarzen Display konnte sie ihr zerknittertes Gesicht sehen, welches durch ein paar Strähnen verdeckt wurde. Murrend fiel ihr Arm zur Seite und prallte auf dem weichen Bett auf. Ob sie heute wohl Schlaf finden würde? Denn im Augenblick sah das ganze eher so aus, als würde sie einen Wettbewerb mit ihrer Decke halten. Der, der am längsten starten konnte. Ihre Gedanken gaben ihr langsam Kopfschmerzen. Wieso musste das alles auch so unglaublich kompliziert sein?
Ihr Handy rutschte aus ihrer offnen Handfläche und fiel mit einem lauten Plumps zu Boden. Anstatt es aber aufzuheben, drehte sie sich auf die andere Seite und drückte eine Hälfte ihres Gesichtes ins Kissen, während sie die Augen zukniff. Was für eine Managerin war sie, wenn sie es nicht einmal schaffte einen der Spieler mental zu unterstützen?
*Mein Stolz ist verletzt*
Die Worte des weißhaarigen hallten in ihrem Kopf wieder. Immer und immer wieder, bis ihr Körper einen Strich durch ihre Rechnung zog und den Power Button ausschaltete. Denn noch bevor Shina die Chance hatte sich weitere Gedanken zu machen, hatte sich ihr Körper dazu entschieden sie ins Traumland zu verfrachten. Der gleichmäßige Atem verriet, dass sie eingeschlafen war. Die Jacke des Spielers lag dabei fest umschlungen in ihren Armen und schien einen kleinen Trostpreis für sie auszumachen. Auch wenn ihr Schlaf in dieser Nacht nicht allzu gut werden würde, so hatte sie wenigstens den Duft von Semi in ihrer Nase, als wäre er wirklich bei ihr..
**Tendou**
So gefiel ihm das Gespräch. Er hatte nun endlich eine gute Chance sie besser kennenzulernen, ohne auch nur komisch zu wirken und ihr auf die Pelle zu rücken. Das Spiel gefiel ihm durchaus! Er hätte es sich mal früher überlegen sollen, dann hätte er nicht solche Schwierigkeiten mit anderen Spielern gehabt, wie zum Beispiel Wakatoshi. Wobei.. dieser hätte ihm so oder so ehrlich geantwortet, da brauchte er keine 20 Fragen, um den Jungen besser kennenzulernen.
Sein Lachen erlosch langsam, sodass sich die fremden Blicke zögernd von den beiden abwandten. Doch obwohl sein freudiges Lachen nun die Lippen verlassen hatte, so schien sein Grinsen ihn keineswegs allein lassen zu wollen. Selbst als er einen der Blicke von einem der anderen Besucher bemerkte, der sein Grinsen vermutlich etwas.. anstößig fand, schien Tendous gute Laune nicht zu verwaschen. Viel zu amüsiert war er über die Reaktion, die das Mädchen ihm gab und viel zu sehr genoss er den Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht. So mochte er es mit anderen zu reden. Reaktionen aus ihnen zu bekommen und sie in eine peinlich Situation zu bringen, das war es, was Tendou an einem Menschen so sehr liebte.
„Nein, ehrlich gesagt hat das noch nie jemand zu mir gesagt. Also fühl dich ja geehrt, denn du meine Liebe, du bist die erste!“, erwiderte er stolz, während er seine Brust leicht herausstreckte und anmutig das Kinn nach oben riss, als wäre er ein Prinz, der gerade gekrönt werden würde.
Noch bevor die Antwort des Mädchens kam, brachte die Kellnerin das Essen, dessen Duft sofort in die Nase des Jungen stieg und ihn für einen kurzen Moment in eine andere Dimension verfrachtete. Es war als würde er in dem Land seiner Träume stehen. Ein Land mit so viel Essen, dass jeder sich dran fett knabbern könnte.
Gierig griff er nach den Stäbchen, die man in einem kleinen durchsichtigen Glas auf den Tisch gestellt hatte und öffnete mit einer leichten Handbewegung die Verpackung.
Jetzt war er aber gespannt auf die Antwort und genau diese schien ihn auch überhaupt nicht zu enttäuschen. „Mittelblocker also.. deswegen hast du mich eben so gut vor Semis Ball beschützen können.“, redete er erstaunt auf sie ein, da ihm das kurze Zögern und ihr Unwohlsein nicht versteckt blieb. Dafür konnte Tendou Menschen mit Problemen zu gut einschätzen - war er doch selbst so einer. Sich jemandem anzuvertrauen konnte der Rothaarige selbst zwar sehr gut, aber das hieß nie, dass auch andere es so gut konnten. Besonders wenn es um schwierige, traumatisierende Themen ging.
Mit seinen Stäbchen fischte er die ersten Nudeln aus der heiß-qualmenden Brühe und schlang diese mit einem schlürfen in seinen Mund hinein. Die angenehme Wärme durchströmte sofort seinen Körper. Das war die beste Idee gewesen, die sie heute machen konnte - Essen gehen.
Verwundert schaute er von seinem Teller auf als er die nächsten Frage hörte. Eine seiner Augenbrauen zogen sich nach oben. Auch seine Hand war mitten in der Luft zum stoppen geraten, die Nudel um ihr Leben hängend. Kurze Zeit später rutschte sie von dem Stäbchen hinab - zurück in die Brühe, die sie in sich verschlang.
„Hmm..“, entkam es ihm nachdenklich und für einen kurzen Moment schien er wirklich überlegen zu müssen.
„Wenn ich ehrlich bin, dann glaube ich nicht, dass ich irgendeine Sache ändern möchte. Jegliche Dinge, die mir wiederfanden sind und jegliche Dinge, die ich getan habe - all das hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Natürlich gibt es noch immer Momente, wo ich durchaus meine Probleme habe, aber ich habe gelernt mit ihnen umzugehen und mit ihnen zu leben. Ich denke Akzeptanz ist ein wertvoller Freund, wenn es um diese Dinge gehen. Außerdem hab ich ja jetzt ein super Team und super Freunde. Zusätzlich bist du, als coole medizinische Kraft noch hinzugekommen! Da kann und will ich mir nicht ausmalen, was alles damit passieren würde, würde ich etwas ändern.“, die Worte schossen nur so aus seinem Mund, als hätte er sie irgendwann einmal einstudiert. Dabei sprach Tendou hier gerade aus seinem Herzen. Das Herz, welches früher solch einen Schmerz erleiden musste und jetzt glücklich vor sich hinsprang, sobald es Kontakt zu einer anderen Person haben durfte. Ein paar Probleme hat ihm sein Leben mit Sicherheit gegeben und er hat auch einige Schäden davongetragen, doch er musste damit leben und klarkommen und genau das würde er auch tun. Indem er Freunde und ein Team wie die von der Shiratorizawa hatte, konnte er vorwärtsgehen. Vorwärtsgehen und nach vorne schauen. Allein das machte jegliches erträglicher..
**Kishimoto**
Verwundert legte sie den Kopf schief. "Wirklich die erste?" Kennen die Leute denn so viele Menschen, die auf natürliche weise knallrote Haare haben? "Hm, dann fühle ich mich wohl geschmeichelt", nun war es an der Schwarzhaarigen, ihr Kinn auf ihrem Handrücken aufzulegen. Doch ihre Augen konnte sie einfach nicht vom Kopf des Rothaarigen lassen. "Sieht bestimmt nach dem Duschen urkomisch aus, wenn dir die Strähnen wie glibbrige Algen ins Gesicht hängen", Kishimoto schnitt eine Grimasse. Dabei hob sie ihre Hand kopfüber vor ihr Gesicht und immitierte die Bewegung er ihr eben beschriebenen Metapher.
Das Essen duftete köstlich. Selbst Kishimoto machte sich gierig darüber, als hätte sie bereits tagelang nichts in den Magen bekommen. Tatsächlich stapelten sich auf ihrem eigenen Teller ungefähr 10 Sushi unterschiedlicher Art. Also einmal die perfekte Gelegenheit, um alle probieren zu können. Kurz nach Tendou griff sie nach ihren eigenen Stäbchen und begann, ihr Abendessen zu genießen. Zusammen mit ein paar Tropfen Sojasauce, einem Stückchen Wasabi und einer Scheibe Inger schob sich die Schwarzhaarige den ersten Bissen in den Mund. Eine Geschmacksexplosion für sich, als sich alles auf ihrer Zunge entfaltete. Genüsslich konnte sie die Augen zusammenkneifen.
Dafür, dass es bloß ein kleiner Diner von nebenan war. befand Kishimoto die Qualität als ziemlich gut. Sie sollte sich das hier merken, vielleicht würde sie künftig öfter hier her kommen...
Sie kicherte kurz belustig auf, als sie seine Antwort hörte. "Als ob du jemals Schutz bräuchtest. Den Ball hättest du sicher locker selbst abblocken können. Denn wären vielleicht auch Semis Kronjuwelen intakt geblieben", mutmaßte sie, bevor sich - erneut an die peinliche Situation erinnert - ihre Wangen, mal wieder, sich leicht rosa färbten. Hoffentlich war der Weißhaarige morgen wieder auf den Beinen. Ansonsten müsste Kishimoto sich wirklich schuldig fühlen.
Selbst überrascht über den Redefluss von Tendou, pausierte auch Kishimoto in ihrer Tätigkeit und hörte mit leicht geöffneten Mund zu. Sie war überrascht, wie philosophisch doch die Antwort auf diese simple Frage ausfallen konnte, hatte sie doch so überhaupt nicht damit gerechnet. Auch auf ihrem Gesicht spiegelte sich das wieder. Doch schnell war dies verflogen und die Überaschung wich einem Schmollmund. "Das war jetzt irgendwie so die langweiligste Antwort, die du hättest geben könnten", meinte sie beleidigt, bevor sie sich ein weiteres Sushi mit einem 'plop' in den Mund steckte. "Du hättest auch einfach sagen können: 'oooch, ich wünschte ich wäre ein paar Zentimeter größer' - oder - 'ich wünschte, ich wäre ein Genie, dass ich mich abends nicht mehr zusätzlich hinsetzten müssen, um zu lernen' - oder - ' 'mehr Mädchen sollten sich dafür interessieren, was für ein superstarker und toller Mittelblocker ich doch bin und mir zu Füßen liegen' - irgendwas banales, weißt du?"
**Tendou**
Nach dem duschen? Kurz musste er überlegen, wie er überhaupt nach dem duschen aussah. Aber die Beschreibung traf es wohl ganz gut, auch wenn seine Haare nach kurzer Zeit direkt mit einem kurzen Ploppen ihre natürliche Form annahmen. Gut.. ‚natürlich‘ war das Ganze absolut nicht. Es wirkte eher, als hätte Tendou mit seinem Finger in eine Steckdose gepackt und so seine Haare frisiert.
„Hätte ich abgeblockt, dann hätte Semi vermutlich gar nicht erst wieder aufstehen können. Immerhin wäre genau das auch mein Ziel gewesen.“, gluckste er fröhlich vor sich hin, als die Gedanken sich zurück an den Moment erinnerten, es dieses Mal aber damit ersetzten, dass er derjenige gewesen war, der ihm den Ball zwischen die Beine geschossen hätte.
Tendou hätte heute noch um sein Leben kämpfen müssen, wäre dies der Fall gewesen. Vermutlich hätte er wie Jesus damals von der Schule gehangen - Nägel sowohl in Handflächen und Fußsohlen. Ja.. das wäre eindeutig Semis Art gewesen, wäre der Mittelblocker der Übeltäter.
Verträumt seufzend trat er in die Realität zurück und verwundert blickte er zu ihr, als er sie sichtlich nicht mit seiner Antwort zufrieden war. Der Schmollmund allein machte das Ganze allerdings weniger ernst und Tendou konnte sein leichtes Kichern nicht zurückhalten.
„Ich glaube kaum, dass ich mir solch banalen Dinge wünschen würde. So bin ich nämlich nicht. Denn langweilig..“, sprach er mystisch und hielt seine Hand vor sein Gesicht, seine Finger dabei ein wenig geweitet, damit seine Augen hindurchschauen konnten. Um ihn herum wurde es dunkel, nur von einer Seite strahlte ein Licht auf ihn hinab. Es wirkte schon fast extrem dramatisch.
„Tendou Satori! Das bin ich! Langweilig bin ich ganz sicher nicht!“, laut schallten diese Worte über seine Lippen. Man hätte meinen können, dass er eine Geste für ein Cosplay übte, um damit auf irgendeinem Event aufzutreten, doch dieses ganze Getue war Tendous wahrer Charakter. Ein wenig, als würde er für das Drama leben. Nein.. das war falsch. Er war das Drama!
Summend nahm er seine Hand wieder herunter und schnappte sich die Stäbchen zwischen seine Finger. Ein erneuter Bissen landete in seinem Mund, als er tief in die Brühe ging und die nächsten Nudeln herausnahm.
„Gut, meine nächste Frage.. Was machst du außerhalb der Schule und Volleyball noch gerne?“
Ihrer Reaktion nach, als sie den Ball vor ihm abgewehrt hatte, sprach zwar dafür, dass sie nichts mehr spielte und auch ihr kurzes Gespräch zuvor hatte bestätigt, dass Kishimoto nichts mehr damit zutun hatte, doch kein Spieler, der Volleyball gerne gespielt hatte und es geliebt hat, würde es so einfach aufgeben. Selbst wenn es nur das anschauen der Profis war, um auf dem laufenden zu bleiben.
Jetzt wo er so darüber nachdachte hätte er nur allzu gerne gefragt, wieso sie kein Volleyball mehr spielte, aber da ihr dieses Thema ein wenig zusetzte - oder es zumindest so wirkte, sparte sich der Rothaarige diese intime Frage lieber für später auf. Bis jetzt war es auch noch nicht sicher, ob sie überhaupt im Team bleiben würde, oder Tendou nach einem kurzen kennenlernen noch sympathisch finden würde, also zwang er sie besser nicht zu solch schmerzvollen Erinnerungen.
**Kishimoto**
Mit Starr geradeaus auf den Mittelblocker gerichteten Augen sah Kishimoto Tendou an. Sie hatte sogar zu kauen aufgehört und beließ den Mund wie ein Karofen halb offen stehen, als er wie ein Wahrsager den ganzen Raum für sich einzunehmen schien. Erst als er abgesetzt hatte und wieder sein 'normales' freches Grinsen aufgesetzt hatte, schoben sich allmählich ihre Mundwinkel nach oben. Und plötzlich brach Kishimoto in schallendes Gelächter aus. Und hustete das Sushi nach oben, das ihr in der Luftröhre stecken geblieben ist.
"haha, wie kann ein Mann denn nur so albern sein", mit einem Kopfschütteln hustete sie noch ein paar mal, bevor sie sich eine Serviette vor den Mund hielt, um nicht den Inhalt auf dem Tischtuch zu verteilen. Doch das Grinsen sollte für die nächsten Minuten erst einmal nicht verschwinden. Dafür hatte die Schwazrhaarige viel zu lange nicht mehr über so eine banale Sache lachen müssen.
Äusserst gerne ließ sich die nächste Frage stellen. Zuvor jedoch musste sie sich einem Gefühl der sättigtest hingeben und schob Tendou die restlichen Stücke hinüber und bedeutete mit einem Kopfnicken, dass er sich ruhig bedienen könnte.
"Hm", machte sie, denn über die Antwort musste sie tatsächlich kurz überlegen. "Eigentlich nichts so wirklich. Ich lerne viel. Die sonstige freie Zeit nutze ich zum spazieren gehen oder Musik hören. Viel mehr Zeit bleibt mir eigentlich nicht..." und umso weniger, wenn man bedachte, dass sie jetzt auch noch in einem Club war...
Das Handy in ihrer Hosentasche vibrierte. 'Hey Landei, bist du krank? Du wolltest dich doch melden, sobald du zu Hause bist' Entscjuldigend warf sie einen Blick zu Tendou. "Tschuldige, ich weiß, das ist unhöflich, aber ich muss Akaashi kurz zurückschreiben, sonst bekomme ich Ärger. Flink tippte sie einige Worte zurück.
'Keine Sorge, Eulenkopf. Ich bin noch mit einem Jungen aus dem Volleyballclub essen gegangen nach dem Training. Und habe dich ganz vergessen, sumimasen"
"So, schon fertig.", mit einem 'Plop' kam das Mobilfunkgerät zwischen den beiden auf dem Tisch zum ruhen. Doch schon kurz darauf ging er wie wild an zu vibrieren.: Akaashi Keji ruft an