ich möchte einen Hauptcharakter als Antiheldin anlegen. Insbesondere am Anfang der Geschichte soll sie einige ziemlich problematische Aktionen machen (ihren Vater und einige, die ihr nur helfen wollen, anlügen, um den eigenen Wunsch nach Rache zu befriedigen, außerdem eine gewisse Gewaltneigung besitzen), aber trotzdem sympathisch sein und eindeutig aus Gebrochenheit und dem Wunsch heraus, dass es anderen besser ergeht als ihr, handeln. Da ich generell denke, dass solche grauen Heldenfiguren beliebt sind, habe ich gedacht, mal im Forum darüber diskutieren zu wollen. Wie würdet ihr "graue Helden" oder Antihelden grundlegend entwerfen? Was denkt ihr, von was für Handlungsweisen man ausgehen muss?
Anoka-chan
Franz Kafka
Was denkt ihr, von was für Handlungsweisen man ausgehen muss?
Wie du bereits in deinen eigenen Post geschrieben hast, ist es wichtig, dass der Antiheld sympathisch wirkt oder man zumindest als Leser mit ihm mitfiebert. Am einfachsten ist es dem Leser eine Figur zu präsentieren, welche er verachten/hassen kann, sodass der Antiheld gleich mal besser dasteht. Ja, ist nicht unbedingt die feine Art, aber effektiv. 😅
Vielschichtige Charaktere sind zwar spannend, aber wenn man dem Leser nicht einen Grund liefert, interessiert an deren Erfolg oder Misserfolg zu sein, wirds schwierig. Man sollte auf jeden Fall die Motivation des Charakters nachvollziehen können. Jeder Leser hat eine eigene Schmerzgrenze, welche Taten er einem Charakter durchgehen lässt.
Ich bin Masochist.
Ich finde das Thema sehr interessant und schildere mal, wie ich es gemacht habe - vielleicht hilft das ein wenig weiter? Das ist ein rein subjektives Beispiel, ich schreib einfach runter, was einer meiner Charaktere gemacht hat, der meiner Meinung nach in diese Spalte fällt. Er ist verdammt problematisch, aber ich habe jetzt einiges an Rückmeldungen bekommen, dass er verstanden und auch sehr gemocht wird, also, Liste.
Das ist mein "Antihelden-Kochrezept":
- gib dem Charakter Leute, an denen er sehr hängt. Egal, wie schlimm er zu anderen Figuren sein mag, eine beste Freundin, ein Mentor, die Mama - irgendwer sollte ihm doch was bedeuten, es gibt diese Handvoll von Personen, zu denen er eine echte (!) emotionale Bindung hat. Und wenns nur ein Hund ist. Das "edgy Leute haben keien wahren Freunde" ist meiner Meinung nach schwierig - an wem soll man sonst die guten Seiten des Charakters zeigen? Er muss kein vollkommenes Lämmchen sein, auch seinen Leuten gegenüber nicht, aber ein emotionaler Anker hilft immer, Sympathie zu generieren und Facetten zu zeigen.
Beispiel: meine Figur hängt an seiner Mutter (auch, wenn er das nie offen zugeben würde). Als er schwer verletzt wird, ist die erste Person, nach der er fragt, seine Mama (in genau dem Wortlaut) Ihr zuliebe reißt er sich zuhause zusammen, trinkt in ihrer Gegenwart nicht so viel wie sonst, versucht, sich nicht mit seinem Vater zu streiten. Er sagt nie offen, dass er sie lieb hat, aber er denkt viel an sie und zeigt eine Rücksichtnahme ihr gegenüber, die sonst nicht da ist. In extrem schlimmen Momenten ist sein Instinkt auch, zurück zu Mama zu wollen. Zweites Bespiel: seine Freundin aus Kindheitstagen. Ihr gegenüber kann er sich mehr öffnen als sonst, erlaubt ihr, ihn mit Spitznamen anzusprechen, tröstet sie, wenn sie traurig ist. Er mag sie wirklich, und da ist auch ein gewisses Pflichgefühl. Im Zusammenspiel mit den beiden Frauen kann ich zeigen, dass meine Figur andere Seiten hat, dass sie reintheoretisch in der Lage ist, Sympathie zu zeigen und nicht von Natur aus alle Leute doof findet. Gibt es solche Figuren nicht, finde ich es immer schwer, dem Charakter random "nette Momente" abzukaufen. Menschliche Beziehungen machen viel aus.
- Humor. Ich zumindest empfinde am meisten Sympathie für einen Antiheld, wenn er nicht total verschlossen gegenüber Humor ist und lachen kann. Nicht immer, nicht überall - und nicht der obligatorische Sarkasmus, der meistens nicht rüberkommt. Aber die Fähigkeit, in einer entspannten Situation auch mal über einen dummen Witz zu lachen oder ein "jo, hab ich super gemacht, habt ihr gesehen, wie elegant das war?" nach einem schiefgegangenen Stunt finde ich in kleinen Dosen wirklich bereichernd. Das trägt unheimlich dazu bei, nicht in den verbissenen Antihelden abzurutschen, mit dem man nur MItleid hat - sondern echte Sympathie zu entwickeln.
- keine unnötige Bosheit. Das unterschiedet für mich Antiheld und Antagonist. Der Antiheld hat ein Ziel (du schreibst: anderen ein besseres Leben ermöglichen) und macht seine problematischen Handlungen nicht für the evulllz. Du sagst, deine Figur muss ihren Vater anlügen, um Rache zu nehmen. Spontan fällt mir hier ein, dass sie dann zwar ihrem "Ziel der Rache" gegenüber durchaus brutal gegenübertritt, aber bei Gewaltausbrüchen, die eigentlich nicht zum Ziel führen, zurückhaltender ist oder ein schlechtes Gewissen hat. Der Antiheld hat seine Momente, in denen er furchtbar ist, aber er ist es nicht aus reinem Selbstzweck.
Beispiel: Mein Charakter arbeitet in einem Setting mit festen Rangstrukturen (Klinik). Er erpresst und belügt die Leute auf seinem Rang oder kurz darüber/darunter, droht ihnen auch. Aber warum sollte er das tun, wenn die Personen so weit unter ihm stehen, dass er keinen Vorteil davon hat? An einer Reinigungskraft seine Wut auslassen bringt ihm nichts, keine Befriedigung, es hat auch keinen Selbstzweck. Das wäre einfach nur unnötige Boshaftigkeit. Im Gegenteil, er ist gegenüber den Leuten, die weit unter ihm stehen oder mit seinem Problem nichts zu tun haben, eigentlich herablassend-höflich bis freundlich gesinnt, und das eine Mal, wo er aus Versehen jemandem schadet, der nicht in seiner Liga spielt, tut es ihm ernsthat leid.
- wenn es zur Storyline passt: lass den Charakter anerkennen, wenn jemand anderes etwas gut kann, ihn vielleicht auch danach streben, es selbst zu lernen. Aufrichtige Wertschätzung von Leistungen, die Fähigkeit, loben zu können unterscheidet Antiheld und Antagonist. Das muss nicht sofort passieren, auch nicht im großen Außmaß, aber wenn dein Charakter konstant nur neidisch auf die Leistungen anderer ist, verspielt er Sympathiepunkte. Damit verhinderst du auch einen zu statischen Charakter: lass deine Protagonistin sehen, was andere können, es als wertvollen Beitrag sehen (ein bisschen Neid ist voll in Ordnung, gute Entwicklung, wenn er dann überwunden wird) und in Folge dessen danach streben, sich selber zu verbessern.
-Konsequenzen! Ganz wichtig. Die einzige Konsequenz für einen Antagonisten ist die Niederlage, beim "typischen" Protagonisten dagenen fehlen meistens die Konsequenzen oder driften ins Trauma ab (Antagonist erschießt minor good guy und .... ja, lacht evil und wird besiegt. Good guy schnetzelt 1000 Sturmtruppler und ... joa. Entweder wars das dann oder es folgt "wAs haB Ich GeTan"). Lass deine Antiheldin spüren,w as für Folgen die Lügerei und ihre Brutalität haben, und zwar kurz- und langfristig. Lass nicht nur sie selber darüber reflektieren, sondern lass die Welt um sie herum auf ihre Taten reagieren - das macht einen großen Teil von Glaubwürdigkeit aus, und Glaubwürdigkeit schafft Sympathie. Sie hat ihren Vater angelogen? Vielleicht hat das jemand gehört und glaubt ihr schlichtweg nicht mehr, auch, wenn sie das nächste Mal die Wahrheit erzählt. Vielleicht sagt ihre Begleitung "Du hast deine eigene Familie angelogen: woher weiß ich, dass du zu mir ehrlich bist?" Lass sie nach einem Gewaltausbruch nicht einfach weitermachen, sondern zeig ihre Erschöpfung, schildere, wie sie merkt, dass die Befriedigung nur von kurzer Dauer ist, aber die entstandenden Verletzungen sie bei ihrer eigentlichen Mission aufhalten.
Beispiel: Mein Charakter hat sich als unzuverlässig herausgestellt und eine Bekannte mehrfach versetzt. Als er dringend ihre Hilfe braucht, lehnt sie ab: warum sollte sie sich noch auf ihn verlassen? Mein Charakter hat wochenlang Raubbau an seinem Körper betrieben, getrunken, Drogen genommen - als es zum Kampf kommt, ist er nicht in der Lage, sich so zu verteidigen, wie sonst, und die erlittenen Verletzungen werden lebensbedrohlich, weil er eben in so schlechtem Zustand ist.
- ein feiner Grat: zeige die Hintergrundmotivation, erwähne sie nicht nur. Dass man eine braucht, ist klar, du hast auch erwähnt, dass deine Protagonistin anderen helfen möchte. Das ist super, aber wann man seitenlang nur liest, wie sie darüber nachdenkt oder darüber spricht UND man sieht im Kontrast dazu ihre moralisch eher verwerflichen Handlungen, hinterlässt das oft einen schalen Geschmack. Der emotionale Impact ist einfach zu unterschiedlich. Stellt man sie aber in ein, keine Ahnung, Lager voller halb verhungerter Kinder, die geschlagen werden und die Protagonistin setzt Gewalt ein, um konkret aus der Situation zu kommen, verschwimmt meiner Meinung nach die "Antiheld-Karte", denn hier denkt sich der Leser: ja, natürlich ist die GEwalt gerechtfertigt, jeder würde so handeln! Spiel also damit. Lass ihre Begleiter zweifeln, ob ihre Motivation wirklich echt ist oder ob sie sich nicht nur rechtfertigen möchte - und dann zeige schlaglichtartig einen kleine Einblick in das Leben der Leute, denen sie helfen will. Spiel mit der Balance.
Beispiel: Mein Charakter hat u.A. eine Kollegin erpresst und es begründet mit "ja, mein Vater ist so grausam". Das hat eher Ablehnung als Mitleid provoziert. Zudem lernt man wenige Kapitel später den Vater kennen. Er ist unsympathisch, ja, aber rein logisch gesehen handelt er richtig. Er begeht keine Straftat, ist ruhig und vernünftig - im Gegensatz zu seinem Sohn. Noch mehr Unverständnis für meinen Charakter - der Vater ist doch wirklich kein Grund, so zu werden, oder?
Ein Kapitel später: zum ersten Mal sieht man die Interaktion Vater-Sohn hinter geschlossener Tür. Der schwer verletzte Sohn kämpft um die Anerkennung seines Dads, auch um sein Leben - dem Vater ist das völlig gleichgültig, weil er andere Prioritäten hat. Review: "Jetzt versteh ich zum ersten Mal, warum dein Charakter zu so einem Arschloch geworden ist, und ich fühle mit ihm."
- Ich habe schon mal angesprochen, dass ein Antiheld im Gegensatz zum Antagonisten kein starrer Charakter sein soll. Hierzu passend: lass den Antihelden ruhig eingestehen, wenn er falsch lag - das tut der Antagonist nie. Nicht immer, nicht übermäßig - diene Protagonistin wird zum Beispiel wahrscheinlcih nicht bereuen, ihren Vater angelogen zu haben, wenn es sie in ihrer Misson weitergebracht hat, ABER sie könnte z.B. später realisieren, dass es gereicht hätte, ihm nur falsche Tatsachen vorzuspielen (keine Ahnung, schwer, ohne die Story zu kennen, aber z.B. dass sie von zu Huase wegwill, weil ihr dort langweilig ist) anstatt ihn dabei ernsthaft zu verletzen (z.B. dass sie von zu Hause wegwill, weil er ein schlechter Vater ist und sie sich ungeliebt fühlt)
Beispiel: Mein Charakter wird nicht bereuen, dass er Drogen genommen hat, um der Realität zu entfliehen und Spaß zu haben - das ist so, da sieht er keinen Fehler. Was er aber sehr wohl bereut und auch offen anspricht: er hat im Dienst Drogen genommen und dabei seine Kollegin alleine gelassen und in eine gefährliche Situation manövriert. Das tut ihm leid, das wollte er nicht, da weiß er, er hat falsch gehandelt. Das zeigt z.B. wie ein Antiheld zwar bei seinen problematischen Handlungen bleiben kann, aber dennnoch fähig ist, Reue zu zeigen.
- Verhältnismäßigkeit. Deine Protagonistin neigt zu Gewalt,weil sie gelernt hat, dass sie damit ans Ziel kommt? Lass sie ihre Gewalt dosiert einsetzen. Sie tritt und schießt meinetwegen auch einem Gegner in die Schulter, aber nicht aus voller Absicht in den Kopf. Sie fesselt die Minions des Antagonisten und fügt ihnen auch Schmerzen zu, um an Informationen zu kommen, aber sie tötet sie danach nicht. EIn gewisses Kosten-Nutzen-Verhältnis passt meienr Meinung nach zu Antihelden - der Oberbösewicht wird getötet, aber warum sollte man all seine Anhänger auch töten, wenn es nciht nötig ist? Die Grenze zwischen "für das größere Wohl" und "sinnlose Gewalt". SEHR eindrucksvoll und nützlich, meiner Meinung nach: Wenn in Extremsituationen das Verhältnis kippt und deine Antiheldin, die sonst immer recht vernünftig gehaldelt hat, in einem blinden Moment der Rache in einem Außmaß Schaden anrichtet, dass so gar nicht zu ihr passt und das reiner Zerstörungswut entspringt - und, fast noch wichtiger, die Konsequenzen davon.
Beispiel: Mein Charakter hat Leuten mit dem Verlust ihres Jobs gedroht, hat beleidigt und gedroht, Geheimnisse zu verraten (ohne es zu tun) - aber das war alles gegenüber Kollegen, die selber Dreck am Stecken haben. In einem Moment, wo er aufs Äußerste getrieben wird und mehrere Begleitumstände (körperlicher Zustand, Demütigung, Unsicherheit) outet er jemanden öffentlich, der ihm eignetlich gar nichts getan hat, nur, um möglichst großen Schaden anzurichten. Da sist der Punkt, an dem ihm bewusst wird, wie weit er eigentlich abgerutscht ist
So. Das sind meine Ideen und Punkte, die bei mir persönlich gut geklappt haben. Such dir davon raus, was dir vielleicht hilft - ich hoffe, du kannst damit was anfangen! Viel Erfolg mit deiner Protagonistin.
LG
aveline
Meiner Meinung nach ist vom Schreiben her gar kein großer Unteschied dabei, ob man nun über einen Helden oder einen Antihelden schreibt. Im Grunde bleibt es ja der Protagonist, oder wenn es mehrere gibt, eben mehrere Protagonisten.
Der Unterschied ist einfach nur, dass der Held ein Protagonist ist, der ein Vorbild ist. Der Antiheld dagegen, ein Protagonist, den man aufgrund seiner schlechten (fehlenden guten) Eigenschaften und/oder verwerflichen Taten nicht wirklich zum Vorbild nehmen sollte.
Wie man ihn dennoch symphatisch darstellt? Meist passiert das ganz allein dadurch, dass man seine Figuren selbst mag und das spüren dann auch die Leser. Humor ist hilfreich, selbst wenn es seltsamer Humor ist, so lange zumindest der Antiheld darüber lachen kann und dann vielleicht noch irgendeine krude beknackte Situation dazu kommt, so dass man das auch als Außenstehender lustig findet, ist alles gut.
Wenn der Antiheld Freunde hat, ist es leichter für ihn, vor allem dann, wenn diese ihn verstehen, verstehen sie ihn nicht, wird es schwer für den Antihelden, denn er muss sich mit seinen miesen Taten auseinandersetzen, um weiter bei seinen Freunden akzeptiert zu werden, das hilft dann aber auch bei der Charakterentwicklung.
Wird er akzeptiert, gibt es natürlich auch eine Charakterentwicklung, aber nicht so schnell, oder in eine andere Richtung, also zum Beispiel mehr Richtung Schurke o.ä.
Ein anderer Weg zur Akzeptanz deiner Leser geht über Erklärungen. Wenn du erlebbar machst, warum dein Antiheld so ist wie er ist, dann werden deine Leser das eher akzeptieren, als wenn du sie im Unklaren lässt. Im besten Fall fiebern sie mit und wollen unbedingt wissen wie es mit deinem Charakter weitergeht, ob er im Grunde bleibt wie er ist, doch noch zum Helden wird, oder sich gegenteilig Richtung Bösewicht entwickelt.
Es gibt viele Möglichkeiten, aber meiner Meinung nach ist es besser nicht zu viel im voraus zu planen, sondern den Charakter organisch durch die Geschichte wachsen zu lassen. Meist ergibt sich durch die Situationen alles schon fast von selbst, wenn du dich gut genug in den Charkater hineinversetzt.
Anoka-chan
Hallo,
ich möchte einen Hauptcharakter als Antiheldin anlegen. Insbesondere am Anfang der Geschichte soll sie einige ziemlich problematische Aktionen machen (ihren Vater und einige, die ihr nur helfen wollen, anlügen, um den eigenen Wunsch nach Rache zu befriedigen, außerdem eine gewisse Gewaltneigung besitzen), aber trotzdem sympathisch sein und eindeutig aus Gebrochenheit und dem Wunsch heraus, dass es anderen besser ergeht als ihr, handeln. Da ich generell denke, dass solche grauen Heldenfiguren beliebt sind, habe ich gedacht, mal im Forum darüber diskutieren zu wollen. Wie würdet ihr "graue Helden" oder Antihelden grundlegend entwerfen? Was denkt ihr, von was für Handlungsweisen man ausgehen muss?
Anoka-chan
Antihelden sind im Grunde genauso anzulegen wie Helden - sie müssen ein Ziel oder zumindest eine Grundeinstellung haben, die eben bei einem Antihelden grau bis schwarz sind. Du musst dich aber verabschieden von dem "soll sympathisch sein"-Gedanken - ob eine Figur sympathisch ist oder nicht, entscheidet jeder Leser für sich selbst und kann nicht von deiner Seite verlangt werden. Es ist auch kein Muss - Helden sind auch nicht unweigerlich immer jedem sympathisch. Viel wichtiger sind die Nachvollziehbarkeit und dass die Person interessant ist bzw. die Geschichte adäquat voranbringt.
'Cause I paid for the wrongs I did.
I'm not afraid of the things you know,
I'm just a book for the world to read.
My final words on the final page
Will be amends 'cause I believe.
- Meat Loaf, Blind as a Bat
Zudem ist übermäßige Gewaltbereitschaft bei einem Anti-Helden ja fast schon Pflicht. Ich erinnere an solche Anti-Helden wie Rorschach von Watchman der einen einen Aufzugschacht herunterwirft weil man ihn nervt. Häufig finde ich das die einfache Weise so etwas anzugehen ist es nicht als "Anti-Held gegen Antagonist" zu sehen sondern als "Antagonist gegen Antagonist" denn das ist der Anti-Held ja streng genommen auch. Er ist ein Bösewicht der sich hinter vermeintlich edlen Motiven versteckt. Der einzige Aspekt den ich beim Anti-Helden immer massiv in den Fordergrund stellen würde ist das moralisieren. Der Anti-Held hat bis zu einem gewissen Grad das Bedürfnis sich zu rechtfertigen weil sie selbst ihre Taten doch als auf die eine oder andere Weise gerechtfertig betrachten.
Zumal denke ich auch das der Anti-Held auch eher dazu geneigt ist Kollateralschäden zu ignorieren. Wenn er lügen muss um sein Ziel zu erreichen, sei es drum. Wenn er betrügen muss, sei es drum. Wenn er die drei Zivilisten wegpusten muss die im Weg stehen zum Verbrecher, sei es drum. Denn der Anti-Held ist ein Bestrafer, ihm kommt es darauf an sein Ziel unter allen Umständen zu erreichen und der Zweck heiligt die Mittel hierfür. Das hast du bei einem normalen Helden halt nicht.
Als Beispiel dafür, stelle man sich vor das ein Held vom Schurken vor die Wahl gestellt wird. Verfolge mich oder rette die Geiseln. Der Held würde immer die Geiseln retten, der Anti-Held würde den Schurken verfolgen. Das ist natürlich eine Generalisierung, doch ich denke es zeigt ganz gut die unterschiedliche Mentalität und Motivation der beiden Stereotypen.